Hat der Mieter eine günstige Miete und kündigt der Vermieter das Mietverhältnis, dann ist es regelmäßig nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine wirtschaftliche Abwägung, ob er die Kündigung akzeptiert oder aber es auf einen Räumungsrechtsstreit mit dem Vermieter ankommen lässt. Dies jedenfalls dann, wenn die Wohnung so günstig war, dass für neuen Wohnraum am freien Markt erheblich mehr hätte gezahlt werden müssen. Dies deshalb, weil selbst dann, wenn aus Sicht des Mieters der Räumungsrechtsstreit verloren geht, es für ihn wirtschaftlich lohnender sein konnte, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen als eine wesentlich höhere Miete für eine neue Wohnung zu bezahlen. Für die Zeit nach Beendigung des Mietverhältnisses hatte der Vermieter bisher nämlich lediglich einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung, dessen Höhe sich regelmäßig an der bisher bezahlten Miete orientiert hat.
Mit Urteil vom 18.01.2017 (VIII ZR 17/16) hat der BGH nun entschieden, dass diese Rechnung für Mieter nicht mehr aufgeht. Gewinnt der Vermieter den Räumungsprozess, dann kann er nämlich für die Zeit ab Beendigung des Mitverhältnisses bis zur Räumung der Wohnung nicht nur die bisher bezahlte Miete, sondern Zahlungen in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen. Er wird damit so gestellt, wie wenn der Mieter zum Beendigungszeitpunkt die Wohnung zurückgegeben und der Vermieter diese neu vermietet hätte. Dies gilt selbst dann, wenn die Wohnung wegen Eigenbedarfs gekündigt worden war.
Mieter geben Einfamilienhaus erst 1 1/2 Jahre nach Beendigung durch Eigenbedarfskündigung zurück
Die Beklagten waren seit 1993 Mieter eines in München gelegenen Einfamilienhauses der Kläger mit einer Wohnfläche von 105 m². Das Mietverhältnis endete durch eine zum 30. Oktober 2011 erklärte Eigenbedarfskündigung der Kläger. Zum 15. April 2013 gaben die Beklagten die Mietsache zurück. Bis dahin entrichteten sie die vertraglich geschuldete Miete in Höhe von monatlich 944,52 € nebst 102,39 € Heizkostenvorauszahlung.
Der Vermieter verlangt für die Zeit ab Beendigung bis zur Rückgabe die Zahlung weiterer 7300 € nebst Zinsen. Dies entspricht der ortsüblichen Vergleichsmiete, die er im Falle einer Neuvermietung hätte verlangen können und die ein vom Amtsgericht München eingeholtes Sachverständigengutachten ergeben hatte.
Vermieter kann in der Zeit zwischen Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Mietsache die für vergleichbare Objekte ortsübliche Miete verlangen
Bereits die Vorinstanzen hatten die Mieter zur Zahlung verurteilt. Die dagegen gerichtete Revision zum BGH blieb ohne Erfolg.
Die Kläger können wegen der Vorenthaltung der Mietsache als Nutzungsentschädigung nicht nur die von den Beklagten entrichtete vereinbarte Miete (§ 546a Abs. 1 Alt. 1 BGB), sondern weitergehend auch die für vergleichbare Objekte ortsübliche Miete (§ 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB) verlangen, so die Richter. Rechts-fehlerfrei hat das Berufungsgericht den Anspruch der Kläger aus § 546a Abs. 1 Alt. 2 BGB anhand der bei Neuabschluss eines Mietvertrages ortsüblichen Miete (Marktmiete), nicht hingegen nach Maßgabe der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB) bestimmt.
Darauf, dass der Vermieter gar nicht vermieten wollte, sondern wegen Eigenbedarf gekündigt hatte, also eine Selbstnutzung beabsichtigt war, kommt es nach Auffassung der Richter nicht entscheidend an. Denn der bezweckte Druck zur Rückgabe der Mietsache wäre beeinträchtigt, wenn sich der Mieter noch in der Vorenthaltungszeit darauf berufen könnte, dass die für vergleichbare Sachen ortsübliche Miete wie in einem noch laufenden Mietverhältnis unter Berücksichtigung des in § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB vorgesehenen Bezugszeitraums zu bestimmen sei oder dass der Vermieter die Mietsache selbst nutzen wolle.