Abmahnungen wegen fehlender oder unrichtiger Widerrufsbelehrung zählen zu den häufigsten Streitigkeiten unter Online-Händlern bei Fernabsatzgeschäften. Mitursächlich hierfür ist, dass der Gesetzgeber in den letzten Jahren immer wieder die so genannte Musterwiderrufsbelehrung verändert und damit für erhebliche Unsicherheit am Markt gesorgt hat. Aber auch eine uneinheitliche Rechtsprechung unterschiedlicher Instanzgerichte ist in der Praxis wenig befriedigend.
Ein Onlinehändler hatte einen Konkurrenten kostenpflichtig abmahnen lassen, weil diese nicht die aktuelle Musterwiderrufsbelehrung verwendet hatte, sondern eine andere Belehrung in der hinsichtlich der Wertersatzpflicht der Text der bis zum 04.08.2011 gültigen Musterwiderrufsbelehrung verwendet worden war. Zu Unrecht, denn das OLG Köln hat mit Beschluss vom 08.03.2013 (6 U 23/13) entschieden, dass ein Unternehmer in der Regel hinreichend über die Grenzen der Wertersatzpflicht nach Widerruf eines Fernabsatzvertrages durch den Verbraucher aufklärt, wenn er insoweit die mit Wirkung vom 04.08.2011 geänderte Musterbelehrung verwendet.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Der von der Antragsgegnerin erteilte Hinweis, dass der Verbraucher ggfs. Wertersatz leisten müsse, dies aber nicht gelte, „wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung — wie Sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre — zurückzuführen“ sei und er „für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung … keinen Wertersatz leisten“ müsse, ist nicht nur klar und verständlich, sondern auch inhaltlich zutreffend. Soweit die zum 04.08.2011 in Kraft getretene Fassung der §§ 312e Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 357 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB darauf abstellt, dass mit der Sache nicht umgegangen und die Ware nicht in einer Weise genutzt worden sein dürfe, „die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht“, wird damit der Sache nach nichts anderes zum Ausdruck gebracht, was auch daraus deutlich wird, dass die geltende Fassung der Musterbelehrung die „Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise“ gerade als ein Testen und Ausprobieren definiert, wie es etwa im Ladengeschäft möglich und üblich ist (Abs. 2 S. 4).
Dahinter steht die Erwägung, dass der Verbraucher bei einem Fernabsatzgeschäft vor Vertragsschluss keine Möglichkeit hat, sich die in Aussicht genommene Ware in einem Ladengeschäft anzusehen oder sie auf ihre Funktionstauglichkeit und weitere Eigenschaften zu untersuchen, weshalb es ihm ermöglicht werden soll, sich nach angemessener Bedenkzeit, in der er die Möglichkeit hat, die gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren, von dem wirksam geschlossenen Vertrag wieder zu lösen (vgl. BGH, GRUR 2012, 643 [Rn. 22] — Überschrift zur Widerrufsbelehrung; EuGH, NJW 2009, 3015 [Rn. 20, 29] — Messner). Es kann ersichtlich keine Rede davon sein, dass die von der Antragsgegnerin verwendete Fassung des Hinweises den Verbraucher über diese Bedingungen in relevanter Weise im Unklaren ließe oder ihnen eine zu weitgehende Wertersatzpflicht für den Fall des Widerrufs vorspiegeln würde.“