Um das Eigenheim im Falle eines Heimaufenthalts vor dem Zugriff der Sozialbehörde zu sichern, wird oft frühzeitig die Immobilie, wenn absehbar ist, dass das vorhandene Einkommen zur Abdeckung der Pflegekosten nicht ausreichend sein wird, auf die Kinder übertragen. Bei einer solchen lebzeitigen Übertragung behalten sich dann die Eltern oder der Elternteil als Schenker oft einen Nießbrauch vor, also die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Immobilie. Tritt dann allerdings der Fall der Fälle ein, nämlich dass am Lebensabend ein Heimaufenthalt unumgänglich wird und verzichtet in diesem Zusammenhang der Elternteil dann auf seinen Nießbrauch, dann handelt es sich dabei neuerlich um eine Schenkung, die im Fall der Verarmung des Schenkers nach § 528 Abs. 2 BGB herauszugeben ist (vergl. OLG Köln, Beschluss vom 09.03.2017 – 7 U 119/16).
Mutter verzichtet wenige Monate vor Beginn des Heimaufenthalts auf Nießbrauch
Im entschiedenen Rechtsstreit war dem Sohn bereits 1995 schenkweise die Immobilie übertragen worden. Dabei hatten sich die Eltern einen Nießbrauch vorbehalten. Der Vater war vorverstorben. Am 22 Juni 2008 veräußerte dann der Sohn die Immobilie zu einem Preis von 95.000 €. In diesem Zusammenhang ist zugleich der fortbestehende Nießbrauch zu Gunsten der Mutter gelöscht worden. Die Mutter selbst kam dann zum 01.12.2008 in ein Pflegeheim.
Der Sozialhilfeträger verlangte nun aus einem übergeleiteten Anspruch von dem Sohn für die Heimunterbringung aus Schenkungsrückforderung auf 52.120, 66 € in Anspruch.
Verzicht auf Nießbrauch stellt eine Schenkung dar, die bei Verarmung des Schenkers zurückgefordert werden kann
Nach Auffassung der Richter ist durch den Verzicht auf den Nießbrauch eine Vermögensminderung der Vermögenssubstanz bei der Mutter eingetreten und eine Bereicherung beim Sohn als Zuwendungsempfänger. Bei einem Nießbrauch hat nämlich, so die Richter, der Berechtigte im Hinblick auf das Recht der Vermietung einen objektiven Vermögenswert erlangt. Da vorliegend Notbedarf im Sinne von § 528 Abs. 1 BGB gegeben ist, weil das übrige Vermögen der Mutter nicht ausreichend ist, um die Kosten für die Heimunterbringung zu decken, ist nach § 818 Abs. 2 BGB für den weggefallenen Nießbrauch Wertersatz zu leisten.
Zur Bewertung eines Nießbrauchs
Für die Bewertung des Nießbrauchs ist dessen jährlicher Nutzungswert – jeweils auf den Bewertungsstichtag bezogen – nach der durchschnittlichen Lebenserwartung des Berechtigten und dem langfristig zu erwartenden Kapitalzins zu kapitalisieren. In Rechtsprechung und Schrifttum ist allgemein anerkannt, dass der nach diesen Faktoren festgesetzte Vervielfältiger zu § 14 BewG eine geeignete Grundlage für die Kapitalisierung des Nießbrauchswerts darstellt. Zwar kommen für die Ermittlung des Nießbrauchswertes auch andere Methoden in Betracht. Welche Methode anzuwenden ist, unterliegt allerdings dem Schätzungsermessen nach § 287 Abs. 2 ZPO, so das Gericht.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.