Monika Meier (Name geändert) ist Eigentümerin eines Zweifamilienhauses aus den sechziger Jahren in einem Vorort von München. Eine Einheit wird von ihr und ihrer Familie bewohnt; die andere ist an eine junge Familie vermietet. Im Rahmen einer Generalsanierung im Jahr 2006 ist der Gasbrenner erneuert worden und versorgt beide Einheiten. An monatlichen Vorauszahlungen auf die Gasrechnung hat sie in den letzten 12 Monaten 521 € brutto bezahlt. In diesen Betrag sind jeweils 83,18 € Mehrwertsteuer enthalten, so dass bezogen auf 12 Monate der Fiskus bereits 998,16 € an Mehrwertsteuer einnimmt.
E-Mail informiert über bevorstehende Nachzahlung, nicht aber über explodierende Vorauszahlungen
Anfang Juli hat sie dann von ihrem Energieversorger der Energie Südbayern GmbH mit Sitz in München (kurz ESB) eine merkwürdige E-Mail erhalten, in der ein Mitarbeiter angibt, er sei der neue Ansprechpartner und möchte sich deshalb kurz vorstellen. Bei der Gelegenheit wurde dann gleich darauf hingewiesen, dass demnächst die Jahresrechnung anstehen würde und aufgrund gestiegener Preise mit einer Nachzahlung von ca. 880 € gerechnet werden müsse. Letztlich kann die E-Mail auch so verstanden werden, dass ESB, bevor die Rechnungen versandt werden, Kunden schon einmal dafür sensibilisieren möchte, dass alsbald Liquidität benötigt wird, um die folgende Jahresabrechnung zu begleichen, also Kunden etwas mehr Zeit eingeräumt werden soll, um die erforderlichen Geldmittel freizumachen.
Monatliche Vorauszahlung erhöht sich von 521 € auf 1.606 €
Etwa eine Woche später kam dann auch die angekündigte Rechnung mit einem Nachzahlungsbetrag von 866,77 €. Für den Abrechnungszeitraum 01.7.2021 bis 30.06.2022 hat der Fiskus also zusätzlich zu den bereits auf Gas erhobenen übrigen Abgaben noch 1.136,61 € Mehrwertsteuer vereinnahmt.
Die Nachzahlung ist im Übrigen im Wesentlichen auf die CO2 Abgabe zurückzuführen, die in der Rechnung für die Zeit vom 01.07.2021 bis zum 31.12.2021 mit 253,54 € netto und für die Zeit vom 01.01.2022 bis zum 30.06.2022 mit 290,08 € netto niederschlägt. Dies sind insgesamt 543,62 €. Nachdem der Fiskus auf die CO2 Abgabe auch noch Mehrwertsteuer verlangt, entspricht dies einem Zahlbetrag in Höhe von 646,91 €.
Jetzt kommt aber der Hammer! Worauf weder der „Ansprechpartner“ hingewiesen hat noch worüber Bürger derzeit in der Presse mit hinreichender Deutlichkeit informiert werden ist, dass nicht die Nachzahlung das eigentliche Problem ist, sondern die explodierenden Vorauszahlungen. Im Kleingedruckten ist dann nämlich geregelt, dass der neue Abschlag statt bisher 521 € nunmehr 1606 € monatlich beträgt und dabei die 1. Zahlung bereits zum 31.07.2022, also gemeinsam mit der Nachzahlung fällig wird, so dass nunmehr sofort 2472,77 € bezahlt werden müssen. Die von Frau Meier jährlich zu leistende Vorauszahlung erhöht sich also nun auf 19.272 €, statt bisher 6252 €. Dies entspricht einer Steigerung um 13.020 €. Frau Meier muss also nun monatlich 1085 € mehr an Vorauszahlungen aufbringen. In diesen Betrag sind 256,42 € an Mehrwertsteuer enthalten. Dies bedeutet Frau Meier zahlt nunmehr aufgrund der Vorauszahlungen in einem Jahr 3.661,68 € Mehrwertsteuer. Dies bedeutet allein aufgrund der Mehrwertsteuer für den Fiskus eine stattliche Mehreinnahme von 2.663,52 €. Allerdings ist auch dies nur eine Momentaufnahme, weil damit zu rechnen ist, dass die Vorauszahlungen erneut aufgrund steigender Gaspreise nicht ausreichen werden, die angefallenen Kosten zu decken, so dass Frau Meier auch im Jahr 2023 eine Jahresrechnung erhalten wird, mit der eine Nachzahlung zu erwarten ist und sich die Vorauszahlungen dann erneut erhöhen werden.
Allein die Mehrwertsteuermehreinnahmen in Höhe von 2.663,52 € auf die Vorauszahlungen von Frau Meier machen deutlich, dass die vielgepriesenen staatlichen Hilfspakete, wie das 9 € Ticket, die (beim Verbraucher nach wie vor nicht vollständig ankommende) Preissenkung auf Kraftstoff oder die Pauschalzahlung von 300 € brutto, von denen sich der Fiskus dann auch einen Gutteil sofort wieder über die damit verbundenen Abgaben zurückholt, eine Mogelpackung sind, weil damit nicht einmal die Mehrwertsteuermehrzahlungrefinanziert wird, geschweige denn die gestiegenen Energiekosten selbst.
Eigentümer und Mieter müssen sich auf explodierende Abschlagskosten einstellen
Wenn Sie Eigentümer einer mit Gas beheizten Immobilie sind, und selbst einen Vertrag mit einem Versorger abgeschlossen haben, aber bislang Ihre Gasrechnung noch nicht erhalten haben, dann sollten Sie sich auf eine existenzgefährdende Überraschung einstellen die in den nächsten Monaten auf Sie zukommen wird. All diejenigen, die nicht direkt Gaskosten bezahlen, sondern nur indirekt, als Eigentümer einer Eigentumswohnung über die Abrechnung der Hausverwaltung oder als Mieter über die Abrechnung des Vermieters, werden mit ähnlichen Problemen, mit zeitlicher Verzögerung spätestens in 2023 konfrontiert werden. Auch hier muss mitgerechnet werden, dass es nicht nur zu spürbaren Nachzahlungen kommt, sondern gleichzeitig die Vorauszahlungen entsprechend angepasst werden.
Anmerkung:
Das „hausgemachte“ Problem der explodierenden Gaspreise betrifft Eigentümer wie Vermieter gleichermaßen. Die Frage, die sich berechtigterweise stellt, ist nicht die wer noch Gas im Winter bekommt, sondern eher die, wer sich das Gas noch leisten kann oder haben Sie, wie in unserem Beispiel, jeden Monat 500 € netto übrig, dies entspricht, da mit bereits versteuertem Geld bezahlt wird, je nach Steuerklasse bis zu 1.000 € brutto, die sie nur für Gas an Ihren Energieversorger bezahlen können und dies nicht nur für eine Übergangszeit, sondern, so wie es aussieht, dauerhaft? Bereits bei der nächsten Abrechnung wird die dann erneut gestiegene CO2 Steuer die Abrechnungen weiter verteuern. Hinzu kommt, dass dann, wenn die Prognosen der Erhöhung des Gaspreises zutreffen, Frau Meier vielleicht in 2023 nicht nur rund 20.000 € für Gas bezahlen muss, um das Zweifamilienhaus zu beheizen, sondern vielleicht sogar 30.000 € oder 40.000 € und mehr.
Hier wird deutlich, dass die Auswirkungen für die Mittelschicht, die das, was sie konsumiert selbst erwirtschaften muss, fatal ist. Wer nicht über so hohe monatliche Überschüsse verfügt, um damit den Mehraufwand aufzufangen, der wird gezwungen, seinen Konsum drastisch einzuschränken, und, soweit vorhanden, auf seine Ersparnisse zurückzugreifen. Gleichzeitig wird, gleichgültig ob Eigentümer oder Mieter, irgendwann die Frage virulent werden, ob das Zuhause überhaupt dauerhaft gehalten werden kann, um nicht in die Schuldenfalle und damit staatliche Abhängigkeit zu rutschen. Mit der seitens der Politik angepriesenen Absenkung der Heiztemperatur und Abstrichen bei der Körperhygiene wird sich sicherlich der Mehraufwand nicht abfedern lassen. Jedenfalls nicht so, dass das Niveau von 2020/2021 jemals wieder erreicht werden wird.
Häuslebauer, die bereits jetzt sehr stark finanziell ausgereizt sind und ängstlich auf steigende Zinsen schielen, werden plötzlich und unerwartet von den steigenden Energiekosten vor vollendete Tatsachen gestellt. Das Ende des Immobilienbooms könnte also schneller kommen, als sich mancher vorgestellt hat. Die ohnehin durch Corona arg gebeutelte Gastronomie, Reiseindustrie, aber auch der Einzelhandel werden voraussichtlich rasch merken, dass in den Haushalten kein Geld für Konsum – jenseits des Energiebedarfs mehr vorhanden ist. Selbst diejenigen, die sich eine Immobilie angeschafft haben, um sie zu vermieten und so etwas fürs Alter zu haben, werden aufgrund der explodierenden Nebenkosten bald merken, dass die Mieter am Limit sind und Abstriche bei der Nettomiete machen müssen, damit die Miete überhaupt noch in der Lage sind, die Nebenkosten zu bezahlen. Sie geraten damit in eine Zwickmühle, weil sie ihre Miete nicht an die steigenden Preise, sondern allenfalls ansteigende Nebenkosten, anpassen können, was zu einer Entwertung der Mieteinnahmen führt. Greta wird sich freuen. Superwohlstandvernichtungsminister Habeck vielleicht auch. Jedenfalls dann, wenn der Zorn des Wahlvolkes sich nicht allzu schnell entlädt, weil bereits nach 2 Jahren im Amt ein üppiges Ruhegeld möglich ist, und sich dank Gaskrise wunderbar parteipolitische Ziele durchsetzen lassen, ohne dafür die Verantwortung übernehmen zu müssen. Das Böse sitzt schließlich in Russland…. Freuen kann sich auch Partyminister Lindner, denn steigende Preise führen zwangsläufig zu steigenden Steuereinnahmen, allerdings ohne, dass damit substanzielles Wachstum verbunden wäre. Nachdem Papier aber bekanntlich geduldig ist, lassen sich steigende Steuereinnahmen stets prima damit verkaufen, dass es der Wirtschaft und damit den Deutschen gut gehen würde….
Frau Meier wohnt übrigens in der Gemeinde Icking im Isartal, die zuletzt negative Schlagzeilen dadurch gemacht hat, dass sie im Dezember 2021 rückwirkend die Wassergebühren um ca. 170 % erhöht hat. Nachdem dieses Jahr auch noch eine Reform der Grundsteuer ansteht und viele Gemeinden bekanntlich finanziell klamm sind, wird hier der nächste Zugriff des Staates auf das Vermögen seiner Bürger stattfinden. Es sieht also ganz aus, als würde das Märchen vom reichen Deutschland alsbald zu Ende gehen.