Wollen Ehegatten erreichen, dass zunächst der Überlebende abgesichert ist und später dann die Kinder erben, wird oft, meist im Rahmen eines sog. Berliner Testaments, der überlebende Ehegatte als Vorerbe und die Kinder zum Nacherben bestimmt. Anders als ein Vollerbe erwirbt ein Vorerbe den Nachlass nur mit Beschränkungen, damit die Substanz des Nachlasses für den Nacherben erhalten bleibt. So kann der Vorerbe z.B. Nachlassgrundstücke grds. nicht zum Nachteil des Nacherben veräußern. Deswegen wird im Grundbuch ein Nacherbenvermerk eingetragen.
Um zu erreichen, dass beim ersten Erbfall der überlebende Ehegatte sich nicht mit Pflichtteilsansprüchen der Kinder auseinander setzen muss, die ihn unter Umständen dazu zwingen, die selbst bewohnte Familienimmobilie zu veräußern, werden in solchen Ehegattentestamenten oft Sanktionsklauseln für den Fall eingebaut, dass Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden. Eine Möglichkeit ist dabei, dass dasjenige Kind, das zu Lebzeiten eines Elternteils den Pflichtteil geltend macht, beim zweiten Erbfall ebenfalls auf dem Pflichtteil gesetzt wird. Eine andere Möglichkeit besteht darin, testamentarisch zu regeln, dass in diesem Fall der überlebende Ehegatte nicht nur Vorerbe, sondern Vollerbe wird. Die gesetzlichen Beschränkungen einer Vorerbschaft entfallen, wenn der Erblasser testamentarisch verfügt hat, dass die Vorerbin „frei“ über den Nachlass verfügen kann, sobald die zu Nacherben eingesetzten pflichteilberechtigten Kinder ihren Pflichtteil verlangen (OLG Hamm, Beschluss vom 03.072013 – XII ZB 220/12). Die testamentarische Bestimmung des Erblassers hierzu, so die Richter, sei so zu verstehen, dass die bedachte Ehefrau in diesem Fall von den Beschränkungen der Nacherbschaft befreit sei, also die Rechtsstellung einer Vollerbin erhalte. Anders könne die testamentarische Bestimmung, nach der sie mit dem Geltendmachen von Pflichtteilsansprüchen frei über den Nachlass verfügen könne, nicht ausgelegt werden. Deswegen sei sie ohne Nacherbenvermerk als Eigentümerin im Grundbuch einzutragen.
Rechtsanwalt Graf ist Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e.V.). Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig vom Amtsgericht Wolfratshausen als Nachlasspfleger bestellt.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
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