Wer arbeitsunfähig krank ist, der muss nicht, jedenfalls dann, wenn er nicht bettlägerig ist, auch zwingend das Bett hüten. Dies führt immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit für vorgetäuscht hält, weil der Arbeitnehmer zufällig irgendwo unterwegs, im Einkaufszentrum, im Café, beim Auto waschen oder bei Gartenarbeit gesehen wurde, während er wegen angeblicher Krankheit nicht zur Arbeit erschienen war. Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung trägt dabei die Vermutung der Richtigkeit in sich, die dann, wenn es zum Rechtsstreit wegen einer eingestellten Lohnfortzahlung oder gar einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses kommt, vom Arbeitgeber erschüttert werden muss, was in der Praxis durchaus schwierig ist. Das Ganze darf aber für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, wie ein Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 16. 12.2022 (5 Ca 1200/22) zeigt, nicht als Freibrief für das sog. Krankfeiern verstanden werden, weil derjenige, der es hier zu bunt treibt und dies auch noch online postet, mit einer fristlosen Kündigung rechnen muss.
Pflegeassistentin meldet sich am Wochenende krank und feiert auf einer White Night Ibiza Party bis in die Morgenstunden
Die bei der Beklagten seit 2017 als Pflegehelferin beschäftigte Klägerin meldete sich für das Wochenende 2./03.07.2022, an dem sie zu Spätdienst eingeteilt war, bei der Beklagten krank. In der Nacht von Samstag auf Sonntag fand in einer örtlichen Partylocation eine sog. White Night Ibiza Party statt, an der die Klägerin – anstatt zur Arbeit zu erscheinen – teilgenommen hatte. Fotos, die dabei entstanden waren, hatte sie selbst auf ihrem WhatsApp-Status gepostet. Solche Fotos fanden sich aber auch auf der Internetseite des Veranstalters. Man sah darauf die Klägerin in Feierlaune und bei bester Gesundheit. Als die Beklagte davon Kenntnis erlangt hat, hat sie das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt.
Klägerin hat Erkrankung vorgetäuscht
Die dagegen erhobene Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht blieb erfolglos, weil die Klägerin nach Auffassung des Gerichts die Arbeitsunfähigkeit lediglich vorgetäuscht hatte. Dies sei ein wichtiger Kündigungsgrund, der das Vertrauen in die Redlichkeit im Sinne von § 626 BGB zerstört habe, so das Gericht.
Die Richter haben dies damit begründet, dass aufgrund der in Augenschein genommenen Fotos für sie feststeht, dass die Klägerin, anstatt zur Arbeit zu erscheinen, bei bester Gesundheit an der Party teilgenommen habe. Der Beweiswert, der von ihr nachträglich vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei damit erschüttert worden. So die Klägerin sich damit rechtfertigen wollte, sie hätte deshalb nicht arbeiten können, weil sie an einer 2-tägigen psychischen Erkrankung gelitten habe, stuften die Richter dies als unglaubwürdig ein. Gegenüber dem Arbeitgeber hatte sie noch am 5. Juli mitgeteilt, sie hätte sich wegen Grippesymptomen unwohl und fiebrig gefühlt und sei deswegen nicht zur Arbeit erschienen. Dass die Klägerin offensichtlich eine Neigung habe schon mal die Unwahrheit zu sagen, ergab sich für die Richter aber auch daraus, dass die 2-tägige psychische Erkrankung nach genau diesem Wochenende und ohne weitere Behandlung vorbei gewesen sein soll.
Anmerkung:
Wer arbeitsunfähig krank ist, der kann selbstverständlich zu Hause bleiben. Dies ist legitim und dient letztendlich auch dem Interesse des Arbeitgebers. Die Grenze ist dabei allerdings fließend, zumal manche Ärzte Bescheinigungen über eine Arbeitsunfähigkeit auf Zuruf ausstellen. Dies ist ein Problem, das kaum in den Griff zu bekommen ist, weil Ärzte letztlich auch Unternehmer sind, und dann wenn ein Arzt die Ausstellung verweigert, sich durchaus auch ein anderer finden lässt, der die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Ein besonderes Problem ist dabei nach den Erfahrungen des Verfassers die Thematik Schwangerschaft. Es gibt nämlich zwischenzeitlich auch Schwangere, die dann, wenn die Schwangerschaft festgestellt worden ist, keine Lust mehr haben bis zum Beginn der Mutterschutzfrist zu arbeiten und sich kurzerhand vom Frauenarzt ein Beschäftigungsverbot aussprechen lassen. Auch dies mag im Einzelfall seine Berechtigung haben, wenn beispielsweise eine Schwangere in einem Labor arbeiten soll. Wenn allerdings, so wie wir augenblicklich einen Fall haben, eine Mitarbeiterin nicht nur einen Bürojob ausübt, sondern ausschließlich im Home Office arbeitet, dann wirkt dies befremdlich. Dies insbesondere dann, wenn ein Grund für das Beschäftigungsverbot nicht genannt wird, also dieses Blanko ausgesprochen wird und Aufforderungen dieses zu begründen ignoriert werden. Hier machen sich Ärzte bewusst oder aus Unwissenheit zu Mittätern, denn jede vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit und jedes nicht gerechtfertigte Beschäftigungsverbot stellt juristisch betrachtet einen (nur schwer nachweisbaren) Betrug am Arbeitgeber dar.