Hersteller von Waren gewähren oft Garantien, die über die gesetzliche Gewährleistung des Verkäufers hinausgeht. Wer allerdings als Verkäufer im Onlinehandel mit solchen Garantien wirbt, muss darauf achten, dass auch die gesetzlichen Informationspflichten eingehalten werden, weil ansonsten ein solches Verhalten wettbewerbswidrig ist und von Mitbewerbern kostenpflichtig abgemahnt werden kann.
Verkäufer von Fahrrädern wirbt mit „5 Jahre Garantie“
Ein Verkäufer von Fahrrädern, die er nicht nur stationär, sondern auch über einen eigenen Onlineshop sowie auf der Handelsplattform Amazon vertrieben hat, bewarb seine Ware auch mit „5 Jahre Garantie“. Angaben zu Art und Inhalt der Garantie wurden nicht gemacht. Auch wurde nicht darauf hingewiesen, dass die gesetzlichen Gewährleistungsrechte durch die Garantie nicht beeinträchtigt würden. Schließlich erfolgte auch kein Hinweis darauf, wem gegenüber und in welchem Geltungsbereich diese Garantie geltend zu machen sei.
Deshalb wurde der Verkäufer von einem Mitbewerber kostenpflichtig abgemahnt. Da der Verkäufer aber die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgeben wollte, landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht.
Werbung mit Garantie ohne Angabe der Garantiebedingungen stellt abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß dar
Das mit der Angelegenheit letztinstanzlich befasste OLG Hamm hat in seinem Urteil vom 25.08.2016 (4 U 1/16) den gerügten Wettbewerbsverstoß nach den §§ 3a, 3 Abs. 1 UWG bejaht und den Verkäufer zur Unterlassung verurteilt.
Werbung verstößt bereits gegen die (vorvertragliche) Informationspflicht der § 312d Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB
Dies deshalb, weil die beanstandete Werbung bereits gegen die (vorvertragliche) Informationspflicht der § 312d Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB und damit gegen Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 3a UWG (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 3a Rn. 1.311, 1. 315).
„Gemäß § 312d Abs. 1 S. 1 BGB muss der Unternehmer den Verbraucher bei Fernabsatzverträgen der hier in Rede stehenden Art nach Maßgabe des Art. 246a EGBGB informieren. Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher Informationen über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien zur Verfügung zu stellen, und zwar gemäß Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB in klarer und verständlicher Weise vor dessen Vertragserklärung.
Mit der Angabe „5 Jahre Garantie“ wird der Verbraucher zwar über das Bestehen einer Garantie informiert, jede weitere Angabe zu den Bedingungen dieser Garantie wird ihm jedoch vorenthalten.
Solcher Angaben bedarf es jedoch, auch wenn es sich bei der in Rede stehenden Erklärung (lediglich) um Werbung mit einer Garantie und nicht etwa um eine Garantieerklärung handeln sollte. Denn hierauf kommt es im Rahmen des Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB nicht an. Diese Vorschrift setzt Art. 6 Abs. 1 Buchst. m) der RL 2011/83/EU (im Weiteren VRRL) um, wonach eine entsprechende Informationspflicht des Unternehmers bei Fernabsatzverträgen besteht. Hierbei sind die Informationen dem Verbraucher rechtzeitig zu erteilen, bevor er durch einen Vertrag im Fernabsatz oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist. Denn die Vorabinformation soll ihn in die Lage versetzen, das Für und Wider des Vertrags – und die beworbene Garantie stellt aus Sicht des Verbrauchers zweifellos einen Vorteil dar – abzuwägen, um sodann eine überlegte Entscheidung zu treffen (MünchKomm-Wendehorst, BGB, 7.Aufl., § 312d Rn. 2). Allein dies ist maßgeblich, entspricht dem Erwägungsgrund (35) der VRRL und steht mit dem in Art. 1 der VRRL ausdrücklich genannten Zweck, zum Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus beizutragen, in Einklang.
Dem steht nicht entgegen, dass Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB dem Unternehmer zur Information über das „Bestehen und die Bedingungen … von Garantien“ verpflichtet. Denn hiermit wird lediglich die Existenz – so auch beispielsweise der Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 Buchst. m) in der englischen, französischen und spanischen Ausgabe der VRRL – einer Garantieerklärung vorausgesetzt, ohne dass der Unternehmer bereits in vertragsmäßig bindender Weise eine solche Gewähr übernommen haben müsste. Andernfalls liefe die Informationspflicht im Fernabsatz weitgehend leer. Gerade bei Angeboten klassischer Onlineshops wie aber auch bei Angeboten auf Internetplattformen der vorliegenden Art würde der Verbraucher nämlich regelmäßig nicht mehr rechtzeitig vor Abgabe seiner Vertragserklärung informiert. Denn die in diesen Fällen durch das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung ist im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum des Unternehmers aufzufassen (BGH GRUR 2011, 638 – Werbung mit Garantie). Das heißt, der Unternehmer gibt eine bindende Erklärung ohnehin erst ab, nachdem der Verbraucher bereits seine Bestellung aufgegeben, mithin ein bindendes Vertragsangebot abgegeben hat (vgl. hierzu Palandt/Ellenberg, BGB, 75. Aufl., § 145 Rdnr. 2). Für eine rechtzeitige Vorabinformation des Verbrauchers ist es dann naturgemäß zu spät.
Hiervon zu unterscheiden sind die Anforderungen, die § 477 BGB an die sog. Verbrauchsgütergarantie als solche stellt. Diese Vorschrift, die Art. 6 Abs. 2, 3 und 5 der RL 1999/44/EG (Verbrauchergüterkaufrichtlinie) umsetzt, soll zum Schutz des Verbrauchers mit Absatz 1 Satz 2 eine Irreführung durch unklare, unvollständige oder missverständliche Garantieerklärungen verhindern, während der Anspruch auf eine Garantieurkunde in Textform (§ 126b BGB) gemäß Absatz 2 die Beweisführung erleichtern soll (Ball in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 477 BGB, Rn. 1). Sie bezieht sich damit nur auf Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrags (unselbständige Garantie) oder eines eigenständigen Garantievertrags führen (BGH WRP 2013, 1027 – Internetwerbung mit Herstellergarantie).“
Werbung verstößt auch gegen § 477 Abs. 1 S. 2 BGB
„Das in Rede stehende geschäftliche Handeln verstößt aber letzten Endes auch gegen § 477 Abs. 1 S. 2 BGB und damit eine weitere Marktverhaltensregelung.
Unstreitig handelt es sich nämlich bei der Angabe „5 Jahre Garantie“ um die einzige Information, die der Verbraucher im Laufe des gesamten Bestellvorgangs zum Inhalt der gewährten Garantie, mithin bis zum Abschluss des Kaufvertrages und damit auch des Garantievertrages erhält. Allein damit wird letztlich die Garantieerklärung als solche den in § 477 Abs. 1 S. 2 BGB bestimmten Erfordernissen nicht gerecht. Dem steht nicht entgegen, dass Herstellergarantien jedenfalls bis zur Umsetzung der Verbrauchergüterkaufrichtlinie durch Änderung der §§ 443, 477 BGB üblicherweise dadurch zustande kamen, dass der Ware eine auf den Abschluss eines solchen Vertrages gerichtete Willenserklärung – wie auch hier in Form einer Garantiekarte – beilag und die Annahme dieser Erklärung durch den Käufer gemäß § 151 BGB unter Verzicht auf eine Willenserklärung und deren Zugang gegenüber dem Hersteller erfolgte (vgl. hierzu BGH WRP 2013, 1027 – Internetwerbung mit Herstellergarantie). Denn im Gegensatz hierzu kommt der Garantievertrag vorliegend bereits zum selben Zeitpunkt wie der Kaufvertrag zustande. Die in Aussicht gestellte Garantie ist nämlich Bestandteil des Kaufvertrages über das Produkt, für das die Garantie gelten soll. Die Beklagte weist mit der schlichten Angabe „5 Jahre Garantie“ ohne nähere Erläuterung nicht etwa auf eine Hersteller-, sondern auf eine Verkäufergarantie hin. Der angesprochene Verkehr versteht diesen Hinweis dementsprechend, und zwar dahin dass der Kaufvertrag nicht allein im Austausch von Ware und Geld bestehen, sondern auch eine seitens des Verkäufers gewährte „Garantiezeit von 5 Jahren“ umfassen soll (vgl. zur Verkäufergarantie Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 443 Rn. 2).“