Stellt sich nachträglich heraus, dass eine Kaufsache mangelhaft ist, ist oft die Enttäuschung beim Käufer. Manchmal so, dass das Rechtsverständnis bei der Durchsetzung von Mängelrechten derart getrübt wird, dass der Käufer vom Verkäufer etwas verlangt, wozu dieser nicht verpflichtet ist. Wer hier vorschnell auf seiner vermeintlich sicheren Rechtsposition beharrt, kann eine unliebsame Überraschung erleben, weil ein so geführter Rechtsstreit aus formellen Gründen verloren geht.
Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht ist vom Grundgedanken her vom Grundsatz der Nacherfüllung geprägt. Dies bedeutet, dass der Käufer nicht etwa sofort vom Vertrag zurücktreten und Rückzahlung des Kaufpreises verlangen kann, sondern dem Verkäufer zunächst das Recht zur Nachbesserung einräumen muss. Dies ist den meisten Käufern zwar noch bekannt. Was aber vielen, oft auch Anwälten, die Käufer beraten, offensichtlich nicht hinreichend bekannt ist, ist der Umstand, dass der Erfüllungsort der Nachbesserung grundsätzlich beim Geschäftssitz des Käufers liegt. Dies bedeutet im Klartext, dass der Käufer verpflichtet ist, die Kaufsache zum Zwecke der Nachbesserung zum Geschäftssitz des Verkäufers zu verbringen. Der Verkäufer ist nicht etwa verpflichtet, die Sache abholen zu lassen. Dies wird insbesondere oft dann verkannt, wenn sich die Kaufsache nicht einfach per Post an den Verkäufer zurückschicken lässt.
Der BGH hat hierzu bereits grundlegend in seinem Urteil vom 13. 4. 2011(VIII ZR 220/10) ausgeführt:
„Das Recht des Käufers, wegen Mängeln der Kaufsache nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB vom Vertrag zurückzutreten, setzt nach dem in § 323 I BGB zum Ausdruck kommenden Vorrang der Nacherfüllung grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung nach § 439 BGB gesetzt hat (Senat, NJW 2010, 1448 Rdnr. 10m. w. Nachw.). Dabei kann der Käufer gem. § 439 I BGB nach seiner Wahl Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels oder durch Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Zwar haben die Kl. der Bekl. eine Frist zur Beseitigung der gerügten Mängel gesetzt. Sie sind hiermit jedoch ihrer Obliegenheit, der Bekl. Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben (vgl. dazu Senat, NJW 2010, 1448 Rdnr. 12m. w. Nachw.), nicht in gehöriger Weise nachgekommen, da sie den Faltanhänger für die Mängelbeseitigung nicht zum Sitz der Bekl. verbracht, sondern die Bekl. zur Abholung des Anhängers in Frankreich aufgefordert haben.
[14] 2. Die Verpflichtung des Verkäufers zur Nacherfüllung ist auf die Vornahme der hierzu erforderlichen Handlungen am Erfüllungsort begrenzt. Erfüllungsort der Nacherfüllung war vorliegend – wie das BerGer. im Ergebnis zutreffend angenommen hat – der Firmensitz der Bekl. in P. Die Bekl. war also nicht verpflichtet, den Faltanhänger bei den Kl. in Frankreich abzuholen.“
Käufer glauben manchmal, dass dies für sie dann nicht gelten würde, weil es ihnen unzumutbar sei, die Kaufsache zum Käufer zu verbringen. Diese Auffassung ist aber regelmäßig unzutreffend, denn auch hierzu hat der BGH a.a.O. klargestellt, dass die Erheblichkeitsschwelle, die den Käufer von seiner Verpflichtung entbindet hoch ist:
„[44] Der Aufwand des Käufers für die Durchführung oder die Organisation des Rücktransports einer gekauften Sache an den Sitz des Verkäufers zum Zwecke der Nacherfüllung überschreitet nicht zwingend die Erheblichkeitsschwelle. Auch das gegebenenfalls vom Käufer zu tragende Risiko, selbst verauslagte Transportkosten mangels Erforderlichkeit nicht vom Verkäufer ersetzt zu bekommen, stellt keine erhebliche Unannehmlichkeit dar. Der Käufer kann entweder einen Vorschuss für die Transportkosten verlangen (vgl. oben unter B II 4 d bb) oder den Verkäufer vorab darüber informieren, welche Art des Transports er beabsichtigt und welche Kosten hierdurch voraussichtlich entstehen. Bietet der Verkäufer keine günstigere Alternative an, so kann er einem Ersatzanspruch des Käufers später nicht entgegenhalten, die von diesem aufgewendeten Kosten seien nicht erforderlich gewesen.“
Fazit: Wer also hier glaubt, er könne vom Vertrag zurücktreten, wenn der Verkäufer sich weigert die Ware abzuholen, der irrt regelmäßig. Eine Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der Kaufsache wird deshalb wegen des Vorrangs der Nacherfüllung verloren gehen.