Die Corona-Pandemie beherrscht weiterhin unser Tagesgeschehen. Während noch in der Hochphase der Pandemie, des Lockdown die Sinnhaftigkeit von Alltagsmasken in Abrede gestellt wurde, wird nun das Tragen einer Maske als „Gebot der Stunde“ gepriesen, so das jetzt sogar zu Schulanfang Schulkinder und Lehrer meist völlig sinnentleert mit einer Massenpflicht gegängelt werden. Sinnentleert deshalb, weil wie dem Verfasser heute berichtet wurde, die Kinder, die im Unterricht eine Maske tragen müssen, ihre Mittagspause eng zusammengepfercht in einem Schulraum ohne Maske und ohne Mindestabstand verbringen … So wie hier im privaten Umfeld der gesunde Menschenverstand nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Regelung fragt, wurde auch im wirtschaftlichen Bereich eine Vielzahl von fragwürdigen Regelungen getroffen, die jedenfalls auf den 1. Blick, nicht nur dem juristischen Laien, nicht nachvollziehbar erscheinen. Eine davon ist die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen. Um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen etwas abzufedern, beschloss bekanntermaßen der Bundestag im März 2020 im Rahmen eines milliardenschweren Hilfspaketes, dass die Insolvenzantragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung bis Ende September 2020 ausgesetzt wird. Erklärtes Ziel war es, die Fortführung von Unternehmen zu ermöglichen, die infolge der COVID-19-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten wären. Das dabei vorübergehend ein gesetzlicher Straftatbestand außer Kraft gesetzt wurde hat offensichtlich ebenso wenig niemanden mit Entscheidungsverantwortung gestört wie der Umstand, dass derartige Regelungen regelmäßig zulasten der Gläubiger gehen, weil bei einer Unternehmensfortführung trotz Insolvenzreife zu erwarten ist, dass im Falle einer späteren Insolvenz die den Gläubigern zur Verfügung stehende Masse sich zu deren Nachteil weiter reduziert haben wird.
Um die von Wirtschaftsweisen, Insolvenzgerichten und Insolvenzverwaltern erwartete Insolvenzwelle für den Herbst abzumildern hat der Koalitionsausschuss in seiner Sitzung vom 25 8.2020 zwar beschlossen die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht teilweise fortzusetzen. Nun wird aber die Insolvenzverschonung in einem sehr entscheidenden Punkt zurückgenommen. Ausgesetzt wird weiterhin – und zwar (vorläufig) bis zum 31.12.2020 – die Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung. Es kommt aber am 01.10.2020 der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit zurück. Nach der gesetzlichen Definition in § 17 InsO liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn ein Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit wird daher durch eine Gegenüberstellung von Zahlungsmitteln und Zahlungsverpflichtungen ermittelt.
Haftungsgefahren ab dem 01.10.2020 wieder erheblich
Geschäftsführer und Vorstände machen sich zivilrechtlich und gegebenenfalls strafrechtlich haftbar, wenn sie einen erforderlichen Insolvenzantrag nicht rechtzeitig innerhalb der gesetzlichen Dreiwochenfrist seit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit stellen.
Prüfung der Zahlungsunfähigkeit erfolgt in 3 Schritten
Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 19. Dezember 2017 – II ZR 88/1) ist Zahlungsunfähigkeit gegeben, wenn der Schuldner nicht innerhalb von drei Wochen in der Lage ist, 90 Prozent seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten zu begleichen. Die Prüfung erfolgt dabei in 3 Schritten.
Liquiditätsbilanz
Zunächst ist der Deckungsgrad der fälligen Verbindlichkeiten mittels einer Liquiditätsbilanz zu ermitteln. Eine solche Liquiditätsbilanz stellt die liquiden Mittel zu einem bestimmten Stichtag den fälligen Verbindlichkeiten gegenüber.
Dynamischer Finanzplan
Gelangt man zum Ergebnis, dass die liquiden Mittel die fälligen Verbindlichkeiten nicht decken, ist in einem zweiten Schritt mittels eines dynamischen Finanzplans festzustellen, ob es sich bei der festgestellten Unterdeckung um eine nur vorübergehende Zahlungsstockung handelt. Lässt sich die Liquiditätslücke nämlich innerhalb von drei Wochen wieder komplett schließen, liegt noch keine Zahlungsunfähigkeit vor.
Liquiditätslücke muss größer als 10 % der gesamten fälligen Verbindlichkeiten sein und darf nicht in absehbarer Zeit wieder beseitigt werden
Ergibt die Aufstellung, dass die Liquiditätslücke auch nach drei Wochen noch vorhanden ist, stellt sich in einem dritten Schritt die Frage, wie groß die Liquiditätslücke ist. Ist die Liquiditätslücke kleiner als 10 Prozent der gesamten fälligen Verbindlichkeiten und kann in absehbarer Zeit wieder beseitigt werden, liegt noch keine Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO vor.
Bei Zahlungseinstellung wird Zahlungsunfähigkeit vermutet
Eine solche 3 Schrittprüfung entfällt, wenn sich aus dem Gesamtverhalten des Schuldners für Außenstehende erkennbar ergibt, dass dieser seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO), da die Zahlungsunfähigkeit dann widerlegbar vermutet wird. Anzeichen dafür sind beispielsweise wiederholt nicht eingehaltene Zahlungszusagen, zurückgegebene Lastschriften, Pfändungen oder Vollstreckungen.
Sollten auch Sie als Geschäftsführer, Vorstand oder Gesellschaft betroffen sein, dann beraten und unterstützen wir Sie gerne, wie Sie durch diese schwierigen Zeiten kommen und persönliche Haftungsrisiken vermeiden.