Energiesparen ist derzeit, nicht zuletzt wegen der Umweltaktivistin Greta Thunberg und ihrer „Fridays for Future“-Bewegung in aller Munde. Da liegt es natürlich nahe, Bestandsgebäude mit einer Wärmedämmung zu versehen. Der Eigentümer des Nachbargrundstücks hat dafür allerdings oft kein Verständnis, wenn bei einer Grenzbebauung zur Wärmedämmung sein Grundstück in Anspruch genommen werden soll. Ob und wann in derartigen Fällen eine Überbauung zum Zwecke der Wärmedämmung vom Nachbarn zu dulden ist veranschaulicht das nachfolgende Urteil des Bayerischen Oberlandesgerichts vom 01.10.2019 (1 NZA-RR 4/19). Dort haben die Richter entschieden, dass eine Überbauung zum Zwecke der Anbringung einer Wärmedämmung vom Grundstücksnachbarn nicht zu dulden ist, wenn auch durch eine Innendämmung die Werte der EnEV eingehalten werden können.
Streit um 18 cm dicke Außendämmung an Grundstücksgrenze
Im entschiedenen Rechtsstreit waren die Parteien Eigentümer benachbarter Grundstücke. Der Kläger möchte die Fassade seines Hauses von außen mit einer 18 cm starken Wärmedämmung dämmen und damit, weil die Fassade unmittelbar an der Grundstückgrenze steht, das Nachbargrundstück überbauen. Er begründet dies damit, dass eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise, nämlich durch Innendämmung, nicht, jedenfalls aber nicht mit vertretbarem Aufwand, zu erreichen sei.
Während das Amtsgericht der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten zur Duldung einer 5 cm starken Wärmedämmung verurteilt hat, hat auf dessen Berufung das Landgericht Würzburg die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.
Keine Verpflichtung zur Duldung der Außendämmung
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen, weil die Feststellungen des Landgerichts dazu, dass die Voraussetzungen eine Duldungspflicht des Nachbarn nach Art. 46 Abs. 1 AGBGB nicht vorlägen, nicht zu beanstanden seien.
Nach Art. 46a AGBGB hat der Eigentümer eines Grundstücks das Übergreifen einer Wärmedämmung, die auf der grenzseitigen Außenwand des Nachbarhauses angebracht werden soll, zu dulden, sofern die unter Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 AGBGB genannten Voraussetzungen gegeben sind.
Eine Duldungspflicht besteht insbesondere nur, soweit und solange eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise als durch eine Außendämmung mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann.
Dies zu beurteilen, ist eine Tatsachenfrage des jeweiligen Einzelfalls, so das Gericht. Dabei sind in den Vergleich zwischen Aufwand für eine Außendämmung und eine Wärmedämmung auf andere Art und Weise nicht lediglich die Kosten der jeweiligen Baumaßnahme einzustellen. Auch die Möglichkeit einer Innendämmung ist in Betracht zu ziehen. Ein grundsätzlicher Vorrang der Außendämmung ist der landesgesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen.
Ziele europäischer Richtlinien zur Energieeffizienz und das in Art. 20a GG verankerte Staatsziel des Umweltschutzes gebieten einen grundsätzlichen Vorrang der Außendämmung nicht, wenn ohne Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks eine vergleichbare Dämmwirkung in vertretbarer Weise erreicht werden kann.
Im konkreten Fall können nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Grenzwerte der EnEV mit einer Innendämmung eingehalten werden.