Die Kommunikation, auch im geschäftlichen Verkehr, per E-Mail ist einfach und vor allen Dingen kostengünstig. Deshalb nutzen auch in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten Abmahner bzw. die von diesen beauftragten Kanzleien dieses Medium, regelmäßig um Zeit und vor allen Dingen Kosten zu sparen. Von rechtlichem Interesse kann dabei allerdings die Frage sein, wann eine solche im Anhang einer E-Mail ausgesprochene Abmahnung beim Empfänger zugegangen ist. Das OLG Hamm hat in seinem Beschluss vom 09.03.2022 (4 W 119/20) dazu festgestellt, dass ein Abmahnschreiben, das lediglich als Dateianhang zu einer E-Mail versandt worden ist, nur und erst dann zugegangen ist, wenn der E-mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat. Eine Verpflichtung dazu gibt es allerdings nicht, denn im Hinblick darauf, dass wegen des Virenrisikos allgemein davor gewarnt wird, Anhänge von E-Mails unbekannter Absender zu öffnen, kann von dem Empfänger in einem solchen Fall nicht verlangt werden, den Dateianhang zu öffnen. Hinzu kommt, dass E-Mails mit Dateianhängen auch immer wieder von Virenscanner unschädlich gemacht werden.
In der Praxis kann dies aber dann für den Abmahner zur unerwarteten Kostenfalle werden.
Sofortiges Anerkenntnis mit Kostenfolge des § 93 ZPO
Reagiert nun der Abmahnende dahingehend, dass er den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht stellt oder eine Klage einreicht, dann kann er eine unliebsame Überraschungen erleben, wenn der Beklagte ein sofortiges Anerkenntnis abgibt und beantragt dem Angreifer nach § 93 ZPO die Kosten des Verfahrens aufzugeben und dies damit begründet, dass er vor Einleitung gerichtlicher Schritte keine Abmahnung erhalten habe.
Auch, wenn der Schuldner grundsätzlich zu beweisen hat, dass er nicht abgemahnt wurde, so trägt der Gläubiger eine sog. sekundäre Darlegungslast. Dies bedeutet, er muss konkret darlegen, dass er eine ordnungsgemäße adressierte Abmahnung ausgesprochen hat. Hat sich aber die Abmahnung nicht in der E-Mail selbst, sondern lediglich in einem Dateianhang befunden, dann dürfte es dem Gläubiger schwer fallen darzulegen, dass der Schuldner nicht nur die E-Mail erhalten, sondern auch den Datei Anhang geöffnet hat. Da hilft es auch nichts, wenn die E-Mail mittels Zustellungsbestätigung oder Lesebestätigung versandt worden ist.
Auch Kostenerstattungsanspruch setzt voraus, dass die Abmahnung zugegangen ist
Wenn der Gläubiger im Klageweg Kostenerstattung für die Abmahnung beansprucht, dann steht er vor der gleichen Problematik, denn auch hier muss er den Zugang der Abmahnung beweisen. Die Darlegungs- und Beweislast im Falle eines Rechtsstreits liegt hier beim klagenden Gläubiger. Eine Vermutung dahingehend, dass eine angehängte Datei, in der sich die Abmahnung befunden hat, auch tatsächlich geöffnet wurde, gibt es aus den vorgenannten Gründen nicht.
Fazit: Wer hier auf Nummer sicher gehen möchte, der muss auf die Vorzüge des elektronischen Rechtsverkehrs verzichten.