Sind Sie mit Ihrem Vornamen oder Nachnamen unzufrieden? Für den Fall, dass Sie sich dazu bereits Gedanken gemacht haben, werden Sie sicherlich festgestellt haben, dass eine Namensänderung in Deutschland nicht so ohne weiteres möglich ist. Gleichwohl gibt es Fälle, in denen – nötigenfalls mit gerichtlicher Hilfe – eine solche Namensänderung erfolgreich durchgesetzt werden kann. Dies insbesondere dann, wenn es nicht um die Änderung des Nachnamens, sondern lediglich des Vornamens geht, weil dort das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des Namens regelmäßig als geringer einzustufen ist als dies bei einer Änderung des Nachnamens (Ordnungsfunktion) der Fall wäre.
So hat das VG Göttingen in seinem Urteil vom 21.06.2022 (4 A 79/21) einem Antrag auf Änderung des Vornamens entsprochen und nicht nur den ablehnenden Bescheid der Behörde aufgehoben, sondern diese auch verpflichtet den Vornamen der klagenden Kindes zu ändern. Die Richter hatten dabei eine seelische Belastung deshalb bejaht, weil eine Namensidentität mit einem bekannten Sprachassistenten bestanden hat, und das Kind deshalb regelmäßig Hänseleien, nicht nur von Mitschülern, sondern teilweise auch von Wildfremden, wenn diese zufällig den Namen aufgeschnappt haben, dergestalt ausgesetzt war, dass diese glaubten es sei witzig dem Kind – wie einem Sprachassistenten – Befehle zu erteilen.
Auf welcher Grundlage kann überhaupt eine Namensänderung stattfinden?
Die Verwaltungsrichter haben in der vorliegenden Entscheidung zunächst lehrbuchartig erklärt, auf welcher Grundlage überhaupt erst eine Namensänderung möglich ist und dazu ausgeführt:
„Rechtsgrundlage für die begehrte Namensänderung sind die Regelungen aus den §§ 3 Abs. 1 und 11 NamÄndG. Nach § 3 Abs. 1 NamÄndG darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Nach § 11 NamÄndG findet diese Vorschrift auch auf die Änderung von Vornamen Anwendung. Der „wichtige Grund“ im Sinne von § 3 Abs. 1 NamÄndG stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der uneingeschränkt gerichtlich nachprüfbar ist (BVerwG, Urteil vom 16. Februar 1968 – VII C 56.63 –, juris, Rn. 33 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein die Änderung des Namens rechtfertigender Grund im Sinne des NamÄndG vor, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden schutzwürdigen Belange ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt; dies gilt für die Änderung eines Vornamens nach § 11 i.V.m. § 3 Abs. 1 NamÄndG ebenso wie für die Änderung eines Familiennamens (BVerwG, Beschluss vom 13. September 2016 – 6 B 12/16 –, juris, Rn. 12 ff., m.w.N.).
Die Verwaltungsvorschrift zum Namensänderungsgesetz (NamÄndVwV), die in Nummer 62 Satz 3 vorgibt, dass Vornamen von Kindern, die älter als 1 Jahr und jünger als 16 Jahre sind, nur aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes geändert werden sollen, kann dabei als Auslegungshilfe dienen, entfaltet für das Gericht jedoch keine Bindungswirkung.“
Wann liegt ein wichtiger Grund für eine Namensänderung vor?
Damit eine Namensänderung überhaupt in Betracht kommt, muss ein wichtiger Grund vorliegen. Zunächst die Behörde, und wenn diese ablehnt, später das Verwaltungsgericht, treffen dann, um die Frage zu beantworten, ob das, was den Namensträger (oder dessen Eltern) an dem Namen stört eine umfassende Güterabwägung. Dabei wird einerseits das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des Namens gegenüber dem Interesse des Antragstellers oder der Antragstellerin an der Änderung des Namens gegeneinander abgewogen. Im vorliegend entschiedenen Rechtsstreit haben die Richter das Privatinteresse bejaht und zur Begründung ausgeführt:
„Vorliegend machen die Eltern der Klägerin für diese als wichtigen Grund für die Namensänderung geltend, dass die Klägerin aufgrund ihres Vornamens unter Hänseleien leide und deshalb seelisch belastet sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auch eine seelische Belastung als wichtiger Grund für eine Namensänderung angesehen werden, wenn sie unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet ist. Dabei muss die seelische Belastung nicht den Grad einer behandlungsbedürftigen Krankheit erreicht haben (BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 6 B 65/10 –, juris, Rn. 5 ff. m.w.N.). Diese Merkmale sind hier erfüllt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung haben die Eltern der Klägerin anschaulich und für die Kammer nachvollziehbar dargestellt, inwieweit Hänseleien gegenüber der Klägerin aufgrund ihres Namens bereits stattfinden und die Klägerin dadurch bereits jetzt seelisch belastet ist. So schilderten sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung wie andere Erwachsene gegenüber der Klägerin ihren Namen für Wortspiele unter Bezugnahme auf den Sprachassistenten nutzen würden. Weiter beschrieben sie einen Vorfall auf einem Spielplatz, bei welchem die Klägerin die Rutsche benutzt habe, während andere Kinder auf dem Spielplatz ihr Befehle erteilt hätten. Darüber hinaus habe ein fremder Mann den Namen der Klägerin durch Zufall aufgeschnappt und sie danach aufgefordert, für ihn zu tanzen. Außerdem hätten sich Jugendliche bei einem Schwimmbadbesuch über den Namen der Klägerin lustig gemacht, nachdem diese ihren Namen aufgeschnappt hätten. Nach einem solchen Vorfall sei die Klägerin jedes Mal sehr verunsichert.
Insgesamt ist im vorliegenden Fall zu befürchten, dass die Hänseleien mit zunehmendem Alter der Klägerin weiter zunehmen werden und sie gerade aufgrund ihres jungen Alters nicht in der Lage sein wird, dem etwas Wirksames entgegenzuhalten. Diese Einschätzung ergibt sich daraus, dass sich der Sprachassistent „“ der Firma „H.“ schon über mehrere Jahre hinweg großer Beliebtheit erfreut und in der Bevölkerung in nahezu jeder Altersstufe bekannt ist. Die Bekanntheit des Sprachassistenten und die Tatsache, dass es sich bei dem Namen nicht nur um eine reine Produktbezeichnung handelt, sondern um das „Schlüsselwort“ zur Nutzung des Geräts, führen dazu, dass der Name in einem besonders herausragenden Maß missbrauchsgeeignet ist. Denn hier geht es um ein Gerät, dem durch die Voranstellung des Namens Befehle erteilt werden. Der Name ist nicht bloß dazu geeignet, einen Wortwitz zu bilden, sondern lädt vielmehr dazu ein, beleidigende und erniedrigende Befehle an Personen mit dem Namen zu erteilen. Mittlerweile wird der Name in breiten Teilen der Bevölkerung mit dem Erteilen von Befehlen in Verbindung gebracht, ohne dass es hierfür eines weiteren „kreativen Prozesses“ zur Schaffung einer Verballhornung des Namens bedarf. Dass dies gerade bei sehr jungen Personen wie der Klägerin zu seelischen Belastungen führen kann, liegt auf der Hand. Aufgrund dieser Erwägungen überzeugt der Vortrag der Beklagten, es würde dem Ausnahmecharakter einer Namensänderung widersprechen, wenn die Missbrauchsgefahr von einer Produktbezeichnung herrühre, da es auf dem Markt zahlreiche Produkte geben würde, deren Bezeichnung zur Verballhornung von Vornamen geeignet seien, nicht. Denn gerade weil, wie bereits dargestellt, der Name nicht bloß die Produktbezeichnung des Sprachassistenten ist, sind diese Fälle nicht miteinander vergleichbar.“
Schwaches öffentliches Interesse bei der bloßen Änderung eines Vornamens
Grundsätzlich ist dabei weiter zu berücksichtigen, dass das öffentliche Interesse im Hinblick auf die Änderung eines Vornamens, also die Ordnungsfunktion des Namens, regelmäßig deutlich geringer zu bewerten ist, als dies bei der Änderung eines Nachnamens der Fall wäre. Dementsprechend hat das Gericht auch hierzu ausgeführt:
„Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das öffentliche Interesse an der Namensbeibehaltung im vorliegenden Fall als gering zu bewerten ist. Die gegen eine Namensänderung sprechenden schutzwürdigen öffentlichen Belange können aus den in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsätzen der Namensführung hergeleitet werden. Zu diesen Grundsätzen zählen die Ordnungsfunktion des Namens sowie das sich daraus ergebende ordnungsrechtliche Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Namens (BVerwG, Beschluss vom 13. September 2016 – 6 B 12/16 –, juris, Rn. 13, m.w.N.). Im vorliegenden Fall soll ein Vorname geändert werden. Da der Familienname im weitergehendem Umfang als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal dient als der Vorname, kommt den öffentlichen Interessen bei der Änderung des Vornamens im Vergleich zu der Änderung eines Familiennamens ein geringeres Gewicht zu (BVerwG, Beschluss vom 13. September 2016, a.a.O.). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass vorliegend der Name nur durch einen zweiten Vornamen ergänzt werden soll. Dies führt dazu, dass ein gewisser Wiedererkennungswert des Namens erhalten bleibt und das öffentliche Interesse aus diesem Grund als noch geringer zu bewerten ist. Außerdem ist die Klägerin bisher noch nicht umfangreich im Rechtsverkehr in Erscheinung getreten. Im Ergebnis stehen diesen als gering zu bewertenden öffentlichen Interessen an der Namensbeibehaltung mit dem Wohl der Klägerin und ihrer gedeihlichen Entwicklung besonders gewichtige Interessen der Klägerin an der Namensänderung gegenüber, die eine Abwägung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen.“
Anmerkung:
Wichtig ist, für den Fall, dass auch sie eine Namensänderung durchführen möchten, dass sich im Vorfeld unter objektiver Betrachtung überlegen, ob das, was sie an ihrem Namen stört auch einen Dritten, wenn er sich vorstellt, er würde so heißen, stören würde. Nachdem Richter auch nur Menschen sind und das Vorliegen eines wichtigen Grundes gesetzlich nicht definiert ist, werden solche Entscheidungen auch gerne aus der subjektiven Sichtweise des Gerichts getroffen. Je mehr also dazu vorgetragen kann, dass darüber hinaus geht, das einem der Name nicht gefällt, umso besser, um einen wichtigen Grund überzeugend darzulegen.
Werdende Eltern sollten dagegen bereits frühzeitig sich Gedanken zum Namen des Kindes machen. Denn ist dieser erst einmal in der Welt, dann lässt sich eben nicht so ohne weiteres wieder, wenn er sich als unglücklich erweist, korrigieren. Insoweit sollte bedenken, dass ein Name, auch wenn dies oberflächlich klingen mag, auch immer dazu verwendet wird, auf die dahinterstehende Person rückzuschließen. Tun Sie also ihrem Kind einen Gefallen und überlegte sich mit etwas Distanz, ob dieser Name, den sie augenblicklich großartig finden, auch dauerhaft wirklich dem Kind Freude macht.