Die Nutzung von E-Bikes, also Fahrrädern mit batteriebetriebener Tretunterstützung, erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Doch was auf den 1. Blick praktisch und komfortabel ist, kann auf den 2. Blick teuer werden. So hat das Landgericht Lübeck in seinem Urteil vom 26.07.2024 (5 O 26/23) den Halter eines E Bikes zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 214.793,88 € verurteilt, weil durch das Laden des Akkus eine Halle, in der das E-Bikes abgestellt war, abgebrannt ist. Das Gericht hatte in dem entschiedenen Fall die Regelungen über eine verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung nach dem StVG herangezogen. Aber wie so oft kommt es auch hier auf die Umstände des Einzelfalls an.
Was bedeutet Gefährdungshaftung?
Grundsätzlich setzt eine Haftung auf Schadenersatz Verschulden des Schädigers voraus. Ausnahmsweise ist kein Verschulden förderlich, wenn ein Gefährdungshaftungstatbestand eingreift. Die Gefährdungshaftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG besagt, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs für Schäden haftet, die beim Betrieb des Fahrzeugs entstehen, unabhängig von einem Verschulden. man spricht dann von der sogenannten Betriebsgefahr. Diese Haftung greift jedoch nur, wenn es sich bei dem Fahrzeug um ein Kraftfahrzeug im Sinne des StVG handelt.
Rechtliche Einordnung von E-Bikes
E-Bikes lassen sich in verschiedene Kategorien unterteilen, die rechtlich unterschiedlich behandelt werden:
- Pedelecs: Diese unterstützen den Fahrer bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h mit einer maximalen Motorleistung von 250 Watt. Der Motor schaltet sich ab, sobald diese Geschwindigkeit erreicht ist oder der Fahrer aufhört zu treten. Pedelecs gelten gemäß § 1 Abs. 3 StVG nicht als Kraftfahrzeuge, sondern als Fahrräder. Daher unterliegen sie nicht der Gefährdungshaftung des StVG.
- S-Pedelecs: Diese unterstützen bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h und verfügen über eine höhere Motorleistung. Sie gelten als Kleinkrafträder und sind versicherungspflichtig. Für sie greift die Gefährdungshaftung nach § 7 StVG.
- E-Bikes im engeren Sinne: Diese können auch ohne Tretunterstützung mittels eines Drehgriffs oder Schalters fahren und erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 85 km/h. Sie werden als Kraftfahrzeuge eingestuft und unterliegen somit der Gefährdungshaftung nach dem StVG.
Aktuelle Rechtsprechung: LG Lübeck, Urteil vom 26.07.2024 – 5 O 26/23
Das Landgericht Lübeck hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem der fest verbaute Akku eines E-Bikes einen Brand verursachte. Das Gericht stellte fest, dass das betreffende E-Bike eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 85 km/h erreichte und somit als Kraftfahrzeug im Sinne des StVG einzustufen ist. Folglich haftete der Halter gemäß § 7 StVG für den entstandenen Schaden, unabhängig davon, ob ihm ein Verschulden nachgewiesen werden konnte.
Fazit
Ob die Gefährdungshaftung nach dem StVG bei E-Bikes greift, hängt maßgeblich von deren technischer Ausstattung und der daraus resultierenden rechtlichen Einordnung ab. Während Pedelecs als Fahrräder gelten und nicht unter die Gefährdungshaftung fallen, sind S-Pedelecs und schnelle E-Bikes als Kraftfahrzeuge einzustufen, für die die verschuldensunabhängige Haftung nach § 7 StVG gilt.
Es ist daher für Halter von E-Bikes essenziell, die spezifische Klassifizierung ihres Fahrzeugs zu kennen, um ihre Haftung im Schadensfall einschätzen zu können.