Kommt ein Mieter mit der Zahlung der Miete mit mehr als 2 Monatsmieten in Verzug, dann steht dem Vermieter ein Recht zur fristlosen Kündigung zu. Durch die Regelung zur sog. Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB kann Mieter, jedenfalls dann, wenn es die erste fristlose Kündigung war, das Mietverhältnis dann doch noch retten, wenn er innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung der Räumungsklage den Mietrückstand begleicht. Hat der Vermieter allerdings neben einer fristlosen Kündigung zugleich hilfsweise ordentlich gekündigt, dann beseitigt die Nachzahlung der rückständigen Miete die Kündigung nicht. Mit Urteil vom 05.10.2022 hat der BGH (VIII ZR 307/21) erneut eine Ausdehnung der Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung eine klare Absage erteilt.
Streit um Mietminderung führte zur Kündigung
Auslöser des Rechtsstreits war ein Mietverhältnis in Berlin, bei der der Mieter durch ganz erhebliche Mietminderungen in Zahlungsrückstand geraten war und der Vermieter darauf, nachdem die Rückstände mehr als zwei Monatsmieten betragen hatten, mit einer Doppelkündigung, also fristlos und hilfsweise ordentlich, reagiert hat. Der Vermieter hat daraufhin Zahlungs- und Räumungsklage erhoben. Der Mieter hat dann innerhalb von 2 Monaten nach Einreichung der Klage seine Mietschulden vollständig ausgeglichen. Der Vermieter erklärte daraufhin die Zahlungsklage für erledigt, hielt die Räumungsklage aber weiter aufrecht. Das Amtsgericht Berlin gab der Klage statt. Die dagegen erhobene Berufung des Mieters war vor dem Landgericht erfolgreich, weil dort die Richter der Auffassung waren, mit der Nachzahlung sei auch der ordentlichen Kündigung der Boden entzogen worden.
Schonfristzahlung macht nur außerordentliche Kündigung unwirksam, gilt aber nicht für ordentliche Kündigung
Dem hat nun der BGH eine klare Absage erteilt und dazu ausgeführt, dass lediglich die außerordentliche Kündigung infolge der Schonfristzahlung unwirksam geworden sei, aber kein Grund dafür bestünde, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen und die Unwirksamkeit auch auf die ordentliche Kündigung zu erstrecken. Das LG verkenne, dass es zur Beurteilung des Willens des Gesetzgebers nicht auf dessen bloßes Schweigen im Rahmen jüngerer Gesetzgebungsvorhaben abgestellt habe. Vielmehr seien Gesetzesvorhaben, welche der Norm einen weitergehenden Anwendungsbereich geben und zu einer Erstreckung der Schonfristzahlung auf die ordentliche Kündigung führen sollten, nicht weiter verfolgt – beziehungsweise mehrfach Gesetzesanträge mit diesem Inhalt ausdrücklich abgelehnt worden.
Anmerkung:
Folge der Rechtsprechung ist, dass Mieter, die wegen behaupteter Mängel die Miete mindern, stets Gefahr laufen am Ende das Mietverhältnis zu verlieren, denn reagiert der Vermieter so wie hier mit einer Doppelkündigung, dann kann das Mietverhältnis auch nicht durch Nachzahlung gerettet werden. Gerade dann, wenn sich im Rahmen des Rechtsstreits herausstellt, dass die Mängel nicht vorgelegen haben, jedenfalls aber eine Minderung in der geltend gemachten Höhe nicht gerechtfertigt ist, dann werden die Gerichte eine Räumungsklage stattgeben müssen. Wer dies als Mieter vermeiden möchte, der ist es endlich gezwungen die Minderung nicht so weit zu treiben, dass für den Vermieter ein fristloser Kündigungsgrund gesetzt wird. Stattdessen sollte besser die Miete unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt werden. Dies jedenfalls dann, wenn der Mieter Wert auf Fortbestand des Mietverhältnisses legt.
Der Fall macht aber auch einmal mehr deutlich, dass es bei Gericht kaum mehr eine Rechtssicherheit gibt, denn obwohl es bereits seit langem anerkannte Rechtsprechung ist, dass die Schonfristzahlung nur für die außerordentliche, nicht aber für die ordentliche Kündigung gilt, hat die 66. der Kammer am Landgericht Berlin gleichwohl eine andere Auffassung vertreten und so den klagenden Vermieter vor die Wahl gestellt aufzugeben oder nun auch noch die Kosten für einen Rechtsstreit vor dem BGH zu investieren. Aus Sicht des rechtsuchenden Bürgers unbefriedigend. Der Fall macht aber auch deutlich, dass derjenige, der bei Gericht Recht sucht, stets gezwungen ist, bis zum letzten zu gehen und sich nicht durch ein für ihn negatives Urteil abschrecken lassen darf. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen in vielen Haushalten Geld knapp wird, wird auch die Rechtsverfolgung durch die Höhe der zur Verfügung stehenden Geldmitteln nicht unerheblich beeinträchtigt werden. Die bereits jetzt bestehende Zweiklassengesellschaft bei der Verfolgung rechtlicher Interessen wird sich hierdurch weiter verstärken