Bei der Übertragung einer Immobilie unter Lebenden, auf beispielsweise Kinder oder andere Verwandte, behalten sich die Schenker oft ein lebenslanges Wohnrecht vor. Was aber passiert mit dem Wohnrecht, wenn es aufgrund von Alter oder Gebrechlichkeit nicht mehr ausgeübt werden kann, also ein Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim ansteht?
Persönliches Ausübungshindernis bringt Wohnrecht nicht zum Erlöschen
Ein Wohnrecht im Sinne von § 1093 BGB ist rechtlich als Unterfall eine persönliche Dienstbarkeit einzustufen. Als solches erlischt es nur dann, wenn der Berechtigte sein Wohnrecht nicht mehr nutzen kann, beispielsweise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die Ausübung dauernd unmöglich wird, §§ 1090 Abs. 2, 1061 BGB. Ein persönliches Ausübungshindernis, wie der Auszug des Berechtigten genügt grundsätzlich nicht, weil er ja (theoretisch) die Möglichkeit hat, wieder in die alten Räumlichkeiten einzuziehen.
Aber selbst ein dauerhafter Umzug ins Pflegeheim führt nicht automatisch dazu, dass das Wohnrecht erlischt, also der Eigentümer die Löschung einseitig beantragen oder aber vom Berechtigten die Zustimmung dazu verlangen kann. Dies ergebe sich nach der Rechtsprechung (so beispielsweise OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5. August 2010, 5 W 175/10-65) aus der Wertung des Gesetzgebers, wonach das Wohnrecht auf Lebenszeit eingeräumt sei, also erst mit dem Tod erlöschen solle. Etwas anderes kann allenfalls dann ausnahmsweise gelten, wenn aufgrund einer dauerhaften medizinischen apparativen Versorgung, weil beispielsweise der Berechtigte im Koma liegt, also die Versorgung ausschließlich in einer Klinik geleistet werden kann, mit einer Rückkehr nicht mehr gerechnet werden muss. Der lediglich Pflegebedürftige kann dagegen jederzeit die Entscheidung treffen, ein Heim wieder zu verlassen, und stattdessen häusliche Pflege zu beanspruchen.
Gefahr des Sozialregresses
Gerade dann, wenn das vorhandene Vermögen nicht ausreicht, um die Kosten einer Heimpflege zu tragen, dann wird der Sozialträger stets versuchen, den Eigentümer dazu zu veranlassen entweder einer Nutzung der Wohnung durch einen Dritten zuzustimmen, oder aber für die Ablösung des Wohnrechts einen Geldbetrag an die Sozialkasse zu bezahlen.
Wer hier meint die Sozialkasse austricksen zu können, in dem der Berechtigte noch vor dem Umzug auf das Wohnrecht verzichtet, der läuft Gefahr mit Rückforderungsansprüche des Sozialträgers wegen Verarmung des Schenkers konfrontiert zu werden, weil der Verzicht als Schenkung behandelt wird, so dass sich ein Rückforderungsanspruch aus § 528 BGB ergibt. Die Rechtsprechung misst einem grundbuchrechtlich gesicherten Wohnrecht regelmäßig eine geldwerte Vermögensposition bei, die dann unentgeltlich aufgegeben wurde. Damit liegt in der Zustimmung zur Löschung eine Schenkung an den Eigentümer. Wer dies vermeiden möchte, der muss dem Berechtigten das Wohnrecht abkaufen oder aber beispielsweise bei der Vereinbarung des Wohnrechts darauf achten, dass dieses nur befristet oder bedingt vereinbart wird. Wer hier, z.B. vereinbart, dass das Wohnrecht dann erlischt, wenn der Berechtigte aus der Wohnung ausgezogen ist, der hat bei einer gegebenenfalls anstehenden Diskussion mit dem Sozialträger bessere Karten, als wenn er nun erst die Zustimmung zur Löschung haben möchte oder aber wenn der Berechtigte zwar zugestimmt hat, dann aber mittellos ist, sodass eine Rückforderung nach den Regelungen über die Verarmung des Schenkers erfolgt. Gerade dann, in die Wohnung veräußert oder aber anderweitig, sei es durch Eigennutzung oder Vermietung, genutzt werden soll, ist wichtig für klare Rechtsverhältnis zu sorgen und zunächst eine Löschung des Wohnrechts zu erwirken.
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Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.