Die Würde des Menschen ist unantastbar. So ist es in Art. 1 des Grundgesetzes (GG) geregelt. Kommt der Mensch allerdings in ein Alter, in dem er nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu versorgen, so dass die Beschäftigung von Haushaltshilfen oder Pflegekräften erforderlich wird dann ist es in der Praxis nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich ziemlich schwierig, die im Grundgesetz gepriesene Menschenwürde zu behalten. Wir erklären Ihnen, wo die Hürden liegen, und worauf Sie achten müssen.
Der hilfsbedürftiger Mensch als Arbeitgeber?
Wird der Mensch hilfsbedürftig, dann ist der meist selbst gar nicht mehr in der Lage dazu, sich um eine passende häusliche Unterstützung durch Haushaltshilfen oder Pflegekräfte zu kümmern. Oft liegt hier bereits die (rechtliche) Verantwortung beim Ehepartner oder bei den Kindern.
Wenn Sie also nun eine Hilfskraft gefunden haben, dann besteht der sicherste Weg darin nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, ein reguläres Arbeitsverhältnis zu begründen. Dies bedeutet, Sie müssen nicht nur die Regelungen über den gesetzlichen Mindestlohn beachten und Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abführen, sondern Ihre Pflegekraft darf auch nach dem Arbeitszeitgesetz maximal 48 Stunden in der Woche arbeiten und muss eine Mindestruhezeit von 11 Stunden haben. Ebenso besteht ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Auch, wenn Sie bei der Berechnung des Mindestlohnes den Wert von Unterkunft und Verpflegung mit einrechnen können, zeigt sich hier sehr schnell, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit von Otto Normalverbraucher nicht ausreicht, denn aufgrund der starken gesetzlichen Reglementierung reicht je nach Grad der Pflegebedürftigkeit oft ein Arbeitnehmer gar nicht aus, um die Rundumbetreuung im eigenen Haushalt zu gewährleisten, sodass sich die Kostenpotenzial. Konsequenz ist, raus aus der gewohnten Umgebung und rein ins Pflegeheim. Das war´s dann mit der Menschenwürde…
Der hilfsbedürftige Mensch als Auftraggeber?
Aufgrund der vorgezeigten Probleme einerseits aber auch deshalb, weil Hilfskräfte andererseits oft gar nicht angestellt, sondern selbstständig, arbeiten möchten, werden die Hilfskräfte in der Praxis oft freiberuflich beschäftigt, d. h. sie werden nicht bei der Sozialversicherung angemeldet und stellen für ihre Tätigkeit monatliche Rechnungen.
Das macht die Sache auf den ersten Blick zwar deutlich billiger und vereinfacht die schnelle Hilfe. Wer allerdings so agiert, der läuft nicht nur Gefahr, dass die Rentenversicherung, wenn sie davon Kenntnis erlangt, das Vertragsverhältnis als sog. Scheinselbstständigkeit einstuft und nun nicht nur rückwirkend Sozialversicherungsbeiträge nachfordert, sondern derjenige, der als Auftraggeber ein solches Vertragsverhältnis begründet hat, sieht sich unter Umständen auch einer Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft ausgesetzt, weil ihm der Vorwurf gemacht wird, vorsätzlich Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten zu haben, was wiederum strafbar ist. Da der Hilfsbedürftige selbst oft nicht mehr zur Verantwortung herangezogen werden kann, weil entweder aufgrund geistigen Verfalls nicht mehr geschäftsfähig und damit auch schuldfähig oder aber zwischenzeitlich verstorben ist, haben den Ärger die Angehörigen.
Die Sichtweise der Rentenversicherung ist dabei im Übrigen recht einfach. Nämlich gleichgültig, wie das Vertragsverhältnis ausgestaltet ist, was als im Vertrag steht, ist nach deren Auffassung derjenige, der kein eigenes Kapital einsetzt und keine eigenen Mitarbeiter beschäftigt, abhängig beschäftigt und damit nicht selbstständig. Er spielt dabei nach Auffassung der Rentenversicherung auch keine Rolle, ob die Hilfskraft darüber hinaus auch noch für andere Auftraggeber tätig ist. Bei einer solchen Tätigkeit für mehrere Auftraggeber, jedenfalls dann, wenn diese zahlenmäßig überschaubar sind, wird gefordert, dass entsprechend Teilzeitarbeitsverhältnisse hätten begründet werden müssen.
Die Konstruktion, die hier manchmal gewählt wird, nämlich dass die Hilfsperson 3 oder 4 Wochen am Stück im Haushalt ist, um dann wieder für den gleichen Zeitraum in das Heimatland zurückzukehren, ändert an der rechtlichen Beurteilung durch die Rentenversicherung übrigens nichts. Ärger ist im Fall der Aufdeckung vorprogrammiert. Gegenüber der Rentenversicherung haftet stets der Auftraggeber und nicht der Scheinselbständige. Besteht das Beschäftigungsverhältnis noch fort, dann ist für maximal 2 Monate ein Rückgriff möglich. Ist das Beschäftigungsverhältnis dagegen bereits beendet, dann entscheidet auch ein solcher Begriff aus. Hat die Hilfskraft die erzielten Einkünfte nicht versteuert, dann besteht auch noch die Gefahr, dass das Finanzamt nun den Auftraggeber für die nicht abgeführten Lohnsteuern in Anspruch nimmt.
Wird die im Haushalt beschäftige Hilfskraft dagegen nicht direkt bezahlt, sondern wird diese von einer Agentur geschickt, die dann auch für ihre Leistungen Rechnungen stellte bezahlt wird, dann verlagert sich die Problematik grundsätzlich vom Haushalt zur Agentur. Dies jedenfalls dann, wenn dort mit der Hilfskraft kein Arbeitsverhältnis begründet worden ist, sondern diese dort ebenfalls freiberuflich ihre Dienste erbringt.
Ist Auslandsentsendung die Lösung?
Um diese Probleme zu umgehen gibt es Vermittlungen, die mit Entsendungsagenturen im Heimatland der Hilfskraft zusammenarbeiten und so Hilfspersonal in deutsche Haushalte vermitteln.
Die Hilfskraft wäre dann, ähnlich wie dies bei Leiharbeit der Fall ist, beim Entsendeunternehmen im Heimatland angestellt, würde aber ihre Tätigkeit zeitlich begrenzt in Deutschland erbringen. Weisungsbefugt wäre dann allerdings nur das Entsendeunternehmen als ausländischer Arbeitgeber, nicht der Haushalt, in dem die Hilfskraft beschäftigt ist. Damit der Haushalt, soweit es um Schwarzarbeit geht, aus dem Schneider ist, muss die entsandte Hilfskraft eine Bescheinigung über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Heimatland (sog. A1-Bescheinigung) haben, die sich der Haushalt am besten noch vor Beginn der Beschäftigung kopieren sollte. Durch eine solche Konstruktion kann zwar der Aufwand, der mit der oben unter Ziffer 1 dargestellten eigenen Beschäftigung gebunden ist vermieden werden und die Risiken, die mit der unter Ziffer 2 dargestellten Scheinselbständigkeit verbunden sind, können reduziert werden, gleichwohl hat aber auch dieser Lösungsweg seine Tücken. Kostenmäßig ist es nämlich meist kaum günstiger, als eine Eigenanstellung, da zum einen gewährleistet sein muss, dass die Hilfskraft vom Entsendeunternehmen auch den deutschen Mindestlohn erhält und darüber hinaus sowohl das Entsendeunternehmen als auch die Vermittlungsagentur mitverdienen wollen, was letztendlich vom Hilfsbedürftigen mitbezahlt werden muss.
Ausblick
Der Staat hat über die Deutsche Rentenversicherung, die im Außendienst bei Kontrollen vom Zoll unterstützt wird, der freiberuflichen Tätigkeit den Krieg erklärt. Allein anhand der engen Kriterien, nämlich dass derjenige, der kein eigenes Kapital einsetzt und keine eigene Mitarbeiter beschäftigt, stets abhängig beschäftigt sei, ist, ganz gleich in welcher Branche, kein Raum mehr für die Beschäftigung von Freiberuflern oder neudeutsch sog. Freelancern. Gleichgültig, ob Hotel, Friseursalon, Fitnessstudio oder auch Hilfe im Haushalt. Stets wird bei derartigen Beschäftigungsverhältnissen eine selbständige Tätigkeit bei einer Nachprüfung durch die Rentenversicherung verneint und Sozialversicherung für die Vergangenheit nachgefordert. Gerade bei länger andauernden Beschäftigungszeiten kann dies teuer werden, weil die Zahlungen, die auf Rechnung an die Hilfskraft geleistet worden sind, als Nettozahlungen gewertet werden. Die nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge werden dann auf Grundlage der Steuerklasse VI berechnet. Mit Nachzahlungen und Verzugszinsen kommen da schnell stattliche Beträge zustande, die dann der Hilfsbedürftige oder, falls dieser bereits verstorben ist, die Angehörigen berappen dürfen. Wer also mit Würde im Alter seinen Lebensabend in den eigenen 4 Wänden verbringen möchte, der muss entweder so finanzstark sein, dass er seine häuslichen Hilfsdienste durch die Begründung echter Arbeitsverhältnisse finanzieren kann oder aber er läuft Gefahr mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten und vielleicht sogar kriminalisiert zu werden. Wer das eine nicht kann und das andere nicht möchte, dem bleibt nur der Weg ins Pflegeheim. Ob dies die Würde des Menschen ist, die das Grundgesetz als unantastbar bezeichnet, mag jeder für sich selbst beurteilen.