Ehegatten, die in guten Zeiten ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichtet haben, denken im Fall der Trennung oft auch darüber nach, was sie nun machen müssen, um für die Zeit ab Trennung bis zur Scheidung nicht mehr an das Testament gebunden zu sein. Die wenigsten wissen aber, dass der Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments nicht ganz so einfach ist, wie sie sich das vielleicht vorgestellt haben. Die Errichtung eines neuen Einzeltestaments genügt dabei ebenso wenig, wie eine einfache Erklärung gegenüber dem Partner, dass man nicht mehr an das Testament gebunden sein möchte. Wir erklären Ihnen hier, wie Sie vorgehen und was Sie beachten müssen.
Ausgangssituation
In unserem beispielhaften Fall haben Ehegatten, nennen wir sie Peter und Marie, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, ein gemeinsames, privatschriftliches Testament verfasst. Darin setzen sie sich wechselseitig als Erben ein und bestimmen ihre drei Kinder als Schlusserben. Nach der Trennung möchte nun Marie das Testament widerrufen, um zu verhindern, dass der andere im Falle eines Todesfalls vor der rechtskräftigen Scheidung erbt. Nachdem sie zwischenzeitlich aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen ist, überlegt sie Peter mittels Einschreiben eine Erklärung zukommen zu lassen, dass sie das Testament widerruft. Gleichzeitig möchte sie dann ein Einzeltestament errichten, in dem sie nun ihre Kinder zu Erben einsetzt. Sie hat zwar irgendwo gelesen, dass ein neueres Testament ein früheres Testament verdrängt. Ganz wohl ist Dir dabei aber nicht, weil sie ja schließlich das Testament nicht allein errichtet hat, sondern gemeinsam mit Peter, sodass es sich fragt, ob sie hierdurch nicht stärker gebunden ist. Dieser Artikel erläutert, welche Schritte für einen wirksamen Widerruf nötig sind und welche rechtlichen Besonderheiten dabei zu beachten sind.
Rechtliche Grundlagen des Widerrufs
Beim Widerruf eines Testaments gibt es unterschiedliche Regelungen für den Widerruf eines Einzeltestaments und eines Ehegattentestaments (oder Erbvertrags)
Allgemeine Voraussetzungen für den Widerruf eines Testaments
Gemäß §§ 2253 BGB, 2254 BGB kann ein Testament jederzeit vom Erblasser durch eine neue letztwillige Verfügung oder nach § 2255 BGB durch dessen Vernichtung widerrufen werden. Ein privatschriftliches Testament kann durch einfache Vernichtung (z.B. Zerreißen oder Verbrennen) widerrufen werden, sofern dies mit der Absicht geschieht, das Testament außer Kraft zu setzen.
Besonderheiten bei gemeinschaftlichen Testamenten
Ein gemeinschaftliches Testament, das von Ehegatten errichtet wurde, kann während des Bestehens der Ehe nur gemeinsam widerrufen werden (§ 2271 Abs. 1 Satz 2 BGB). Nach einer Trennung ändert sich jedoch die Sachlage: Gemäß § 2296 Abs. 2 BGB kann jeder Ehegatte zwar das gemeinschaftliche Testament allein widerrufen. Der Widerruf muss aber notariell beurkundet durch eine Erklärung gegenüber dem anderen Ehegatten erfolgen, die dieser in der Form eines öffentlich beglaubigten Dokuments erhält.
Einfluss des Güterstands
Der Güterstand der Ehegatten hat grundsätzlich keinen direkten Einfluss auf die Möglichkeit des Widerrufs eines Testaments. Die gesetzlichen Regelungen zum Widerruf ändern sich nicht, ob die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben oder ob eine Gütertrennung bzw. Gütergemeinschaft vereinbart wurde. Wesentlich ist vielmehr, ob die Ehegatten zum Zeitpunkt des Widerrufs „dauernd getrennt leben“.
Praktische Schritte zum Widerruf
In einem 1. Schritt muss eine Widerrufserklärung gegenüber dem anderen Ehegatten in notariell beurkundeter Form abgegeben werden. Sie müssen also, wenn sie sich einseitig vom Ehegattentestament (oder Erbvertrag) lösen wollen, einen Notar aufsuchen.
Die beurkundete Erklärung muss dann in einem 2. Schritt dem anderen Ehegatten zugestellt werden. Hierbei ist üblich, dass man sich der Zustellung eines Gerichtsvollziehers bedient. So kann im Streitfall nachgewiesen werden, dass die Erklärung auch zugegangen ist.
Nicht widerrufenes Ehegattentestament verliert nicht immer automatisch seine Wirkung mit der Scheidung
Eine Scheidung hat nicht automatisch zur Folge, dass ein während der Ehe errichtetes gemeinschaftliches Ehegattentestament, in dem die Ehegatten sich wechselseitig zu Erben eingesetzt haben, unwirksam wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn bereits im Testament geregelt ist, dass dieses für den Fall der Scheidung keine Gültigkeit mehr haben soll. Wurde eine solche Regelung nicht aufgenommen, dann muss der Ehegatte, der das Testament nicht mehr gelten lassen will, dieses lebzeitig gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten widerrufen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der oder die Ex das Erbe trotz Scheidung beansprucht.
Fazit
Der Widerruf eines Ehegattentestaments ist ein wichtiger Schritt, um nach einer Trennung die eigenen Nachlasswünsche neu zu gestalten. Es ist essenziell, dass dieser Schritt formgerecht und unter Berücksichtigung aller rechtlichen Vorgaben erfolgt, weil ansonsten der Widerruf unwirksam ist. Unabhängig vom gewählten Güterstand der Ehegatten eröffnet das Gesetz klare Wege, wie ein solcher Widerruf zu erfolgen hat. Ehegatten sollten in dieser emotional oft belastenden Zeit professionelle rechtliche Unterstützung in Anspruch nehmen, um die bestmöglichen Entscheidungen für ihre persönliche Situation zu treffen.
Gleichgültig, ob Sie ein Testament oder ein Ehegattentestament errichten oder widerrufen möchten. Wir beraten und unterstützen Sie gerne, bundesweit.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.