Pflichtteilsansprüche werden oft im Rahmen einer sog. Stufenklage geltend gemacht. Der Pflichtteilsberechtigte verlangt dabei in der ersten Stufe vom Erben Auskunft über Bestand und Umfang des Nachlasses. Bleiben Zweifel daran bestehen, ob der Erbe die Auskunft mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt hat, kann dann auf zweiter Stufe die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verlangt werden. Auf der dritten Stufe erfolgt dann der Zahlungsanspruch, der sich aufgrund der erteilten Auskunft über den Umfang des Nachlasses errechnet.
Wird ein Erbe im Rahmen eines Teilurteils zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilt, dann ist ein solches Teilurteil grds. nicht berufungsfähig, weil der Wert einer eidesstattlichen Versicherung nicht die Berufungssumme von 600 € erreicht (BGH, Beschluss vom 13.09.2017 – IV ZB 21/16).
Erbin wird zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verurteilt
In dem geführten Rechtsstreit machte gegen die Alleinerbin ein Pflichtteilsberechtigter im Wege einer Stufenklage Pflichtteilsansprüche geltend. Da die Erbin ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen war, hat das Landgericht die Beklagte zunächst durch Teilurteil verurteilt „Auskunft über den Bestand und Wert des Nachlasses der Erblasserin zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses, das im Einzelnen umfasst:
1. Alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen (Aktiva);
2. Alle beim Erbfall vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten (Passiva);
3. Alle ergänzungspflichtigen Schenkungen, die die Erblasserin zu Lebzeiten getätigt hat;
4. Alle unter den Abkömmlingen ausgleichungspflichtigen Zuwendungen gemäß §§ 2050 ff. BGB, die die Erblasserin zu Lebzeiten an ihre Abkömmlinge getätigt hat.“
Durch ein weiteres Teilurteil hat das Landgericht die Beklagte entsprechend dem Antrag der Kläger verurteilt, „zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass sie den Bestand des Nachlasses so vollständig und richtig angegeben hat, als sie dazu in der Lage ist.“
Gegen dieses Teilurteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, die vom OLG als unzulässig verworfen worden ist. Das OLG war dabei der Meinung, dass die Berufungssumme von 600 € nicht erreicht sei und hat den Wert für das Berufungsverfahren auf unter 500 € festgesetzt. Hiergegen erhob die Erbin Rechtsbeschwerde zum BGH.
BGH: Keine Berufung gegen Teilurteile zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
Die Rechtsbeschwerde blieb ohne Erfolg, denn das Berufungsgericht, so die Richter, ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Wert des Beschwerdegegenstands auch im Falle der Einlegung des Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten bemisst, den die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfordert sowie nach einem – hier nicht geltend gemachten – Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten.
Eigener Zeitaufwand kann mit maximal 21 € pro Stunde angesetzt werden
Der eigene Zeitaufwand kann hier bei entsprechenden Regelungen für Zeugen im JVEG bewertet werden, woraus sich maximal 21,00 € pro Stunde ergeben. Der zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Verurteilte ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die erteilte Auskunft auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu prüfen und gegebenenfalls zu ergänzen und zu berichtigen. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts kann dem verurteilten Beklagten dann nicht verwehrt werden, wenn der Urteilsausspruch nicht hinreichend bestimmt genug ist, so dass Zweifel über seinen Inhalt und Umfang im Vollstreckungsverfahren zu klären sind, oder wenn die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs Rechtskenntnisse voraussetzt. Davon ausgehend hat das Berufungsgericht den Wert der Beschwer der Beklagten ohne Ermessensfehler auf unter 500 € festgesetzt, so die Richter.
Das Teilurteil, mit dem die Beklagte zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verurteilt worden ist, wurde durch das Berufungsgericht als hinreichend bestimmt angesehen. Zwar bezieht sich der Urteilstenor nicht auf bestimmte erteilte Auskünfte über den Bestand des Nachlasses. Es ist allgemein so gehalten, dass die Beklagte an Eides statt zu versichern hat, dass sie den Bestand des Nachlasses so vollständig und richtig angegeben hat, als sie dazu in der Lage ist. Es ergibt sich aber – anders als im Senatsurteil vom 27.02.2013, IV ZR 42/11, BeckRS 213, 04842 zugrundeliegenden Fall – aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils, welche Auskünfte gemeint sind. Bereits im Tatbestand des angefochtenen Urteils kommt zum Ausdruck, dass die Kläger die eidesstattliche Versicherung in Bezug auf das am 24.08.2015 übermittelte Nachlassverzeichnis erstreben, weil es nach ihrer Auffassung nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt worden und nicht vollständig ist. Darauf hat das Landgericht in den Entscheidungsgründen verwiesen, indem es die Bestimmtheit des Klageantrags damit begründet hat, dass sich allein aus einer Urkunde ergebe, welche Auskunft bestätigt werden soll.
Risiko, wegen einer möglicherweise falschen eidesstattlichen Versicherung mit einem Strafverfahren überzogen zu werden spielt für die Wertberechnung keine Rolle
Das von der Beschwerde genannte Risiko, wegen einer falschen oder möglicherweise falschen eidesstattlichen Versicherung mit einem Strafverfahren überzogen zu werden, ist als solches bei der Wertbemessung nicht zu berücksichtigen. Das Gesetz verlangt in § 260 Abs. 2 BGB eine wahrheitsgemäße eidesstattliche Versicherung; nur auf eine solche beziehen sich eine entsprechend Verurteilung und der zur Erfüllung des titulierten Anspruchs erforderliche Aufwand. Deshalb entspricht die Vermeidung strafrechtlicher Konsequenzen schon für den Fall der fahrlässigen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung nicht dem bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigenden Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten.
Hinweis:
Der Wert für die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist bislang von den Gerichten teilweise unterschiedlich beurteil worden, so dass es auch Urteile gibt in denen entsprechende Verurteilungen, weil es sich bei der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung um keinen Automatismus handelt, aufgehoben worden sind. Aufgrund der Entscheidung des BGH ist aber damit zu rechnen, dass Berufungen gegen entsprechende Teilurteile nun regelmäßig als unzulässig zurückgewiesen werden.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.