Die Regenbogenpresse hat vielfach darüber berichtet, dass Mitarbeiter eines Krematoriums sich dadurch eine lohnende „Nebenerwerbsquelle“ erschlossen hatten, indem sie die Asche der verbrannten Toten auf Zahngold durchsuchten, dieses an sich nahmen und veräußerten. Neben dem Verlust des Arbeitsplatzes und strafrechtlichen Konsequenzen wegen Bandendiebstahls, Störung der Totenruhe und Verwahrungsbruch, hat der Arbeitgeber, der auf Schadenersatz von rund 250.000 € geklagt hatte, nun letztinstanzlich auch insoweit vor dem Bundesarbeitsgericht obsiegt. Dieses hat mit Urteil vom 21.08.2014 (8 AZR 655/13) dem Grunde nach festgestellt, dass ein solcher Schadensersatzanspruch besteht. In der Sache wurde der Rechtsstreit allerdings zur neuen Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen, weil aufgrund eines erfolgten Betriebsübergangs geklärt werden muss, wer überhaupt Inhaber des Anspruchs ist.
Nach Auffassung der Richter hat der Arbeitgeber als Betreiber des Krematoriums hat grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch, wenn ein Arbeitnehmer Zahngold aus Kremierungsrückständen an sich nimmt. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber nicht Eigentümer des Zahngoldes geworden ist. In entsprechender Anwendung des Auftragsrechts sind die Arbeitnehmer nach § 667 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.
Anmerkung:
Da das Bundesarbeitsgericht eine Analogie zum Auftragsrecht herangezogen hat, wonach der Beauftragte dem Auftraggeber alles, was er in Ausführung des Auftrags erlangt herauszugeben hat, kommt es auf die Frage, wer Eigentümer des Zahngoldes der Toten ist, im vom BAG entschiedenen Fall nicht an.
Wir wollen deshalb nachfolgend noch kurz beleuchten, wie die eigentumsrechtliche Fragestellung zu beantworten wäre.
Die Leiche ist eine sog. herrenlose Sache, an der aber auch kein Eigentumsrecht begründet werden kann. Etwas anderes gilt beispielsweise für Prothesen und damit auch für Zahngold, an dem grundsätzlich Eigentum begründet werden kann, wenn es vom Leichnam gelöst ist. Wer nun meint, nach § 1922 BGB würden im Wege der sog. Gesamtrechtsnachfolger die Erben der Verstorbenen unproblematisch Eigentümer des Zahngoldes geworden sein, verkennt, dass nach der Rechtsprechung die Leiche selbst nicht zum Nachlass zählt. Damit zählt grundsätzlich auch das Zahngold nicht zum Nachlass im Sinne dieser Vorschrift.
Ein Eigentumserwerb kann damit nach § 958 Abs. 1 BGB grundsätzlich durch Aneignung, also bloße Inbesitznahme, erfolgen. Diese Regelung wollten sich auch hier die Mitarbeiter des Krematoriums zu Nutze machen.
Vor diesem Hintergrund verwenden teilweise Krematoriumsbetreiber Regelungen wonach das mit Übernahme des Verstorbenen begründete Gewahrsamsverhältnis auch nach der Einäscherung fortbestehen soll. Teilweise wird auch versucht ausdrücklich oder konkludent zu regeln, dass Zahngold, Prothesen sowie Schmuckreste in das Eigentum des Krematoriumsbetreibers übergehen, also die Hinterbliebenen mit der Beauftragung die Zustimmung zum Eigentumserwerb erteilen. Die Anwendung solcher pauschalen Regelungen steht aber meist § 958 Abs. 2 BGB entgegen, wonach ein Aneignungsrecht ausscheidet, wenn ich hierdurch das Aneignungsrecht eines anderen verletzt wird. Gerichte gehen davon aus, dass es ein vorrangiges Aneignungsrecht der Hinterbliebenen im Sinne dieses Absatzes 2 gibt, das den wirksamen Eigentumserwerb durch die Krematoriumsbetreiber verhindert, solange die Hinterbliebenen nicht ausdrücklich zugestimmt haben. Die Hinterbliebenen haben also ein vorrangiges Recht auf Aneignung des Zahngoldes, das im Rahmen einer Feuerbestattung anfällt.
Dabei lässt sich wiederum darüber streiten, ob die Hinterbliebenen die Erben als Rechtsnachfolger oder aber die nächsten Angehörigen sind.
Aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts kam es aber wie gesagt auf diese Frage nicht an, weil nach der von ihm gefundene Lösung das Eigentumsrecht im Rahmen der arbeitsrechtlichen Lösung keine Rolle gespielt hat. Ein solcher Streit lässt sich vermeiden, wenn hierzu im Testament eine klarstellende Regelung getroffen wurde.
Eine Parallelproblematik gibt es übrigens auch bei Erdbestattungen. Auch hier fällt Zahngold an. Oftmals haben Verstorbene auch den Wunsch mit bestimmten Schmuckstücken beerdigt zu werden. Wenn diese nicht bereits vor der Bestattung abhanden kommen, dann kann sich auch hier, spätestens bei Auflösung der Grabstätte, eine interessante juristische Fragestellung ergeben, über die, soweit ersichtlich, bislang weder berichtet noch geurteilt worden ist.
Rechtsanwalt Graf ist Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e.V.) sowie Fördermitglied der DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e.V.). Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig vom Amtsgericht Wolfratshausen als Nachlasspfleger bestellt.
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