Wenn sich zwei streiten, dann freut sich bekanntlich der Dritte. Sind Sie Erbe und im Testament ist ein Grundstücksvermächtnis, sei es als Vorausvermächtnis für einen Miterben, oder einen einfachen Vermächtnisnehmer, vorhanden, dann sollten Sie, wenn diese die Erfüllung des Vermächtnisses verlangt, nicht taktieren. Als Erbe stehen Sie in solchen Fällen regelmäßig mit dem Rücken zur Wand. Wenn Sie hier den Wünschen des Vermächtnisnehmers nicht entsprechen, dann kann es für Sie als Erbe teuer werden.
Keine Auseinandersetzung des Nachlasses erforderlich
Gerade dann, wenn ein Miterbe Vermächtnisnehmer ist, wird bei den üblichen Streitigkeiten in Erbengemeinschaften oft übersehen, dass der Vorausbedachte die Erfüllung bereits aus dem ungeteilten Nachlass verlangen kann, also die Erfüllung des Vermächtnisses nichts mit der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu tun hat. Sein schuldrechtlicher Anspruch gegen die Erbengemeinschaft ist Nachlassverbindlichkeit und gemäß dem auch zwischen Miterben geltenden § 2046 Abs. 1 BGB schon vor Erbauseinandersetzung zu befriedigen.
Einstweilige Verfügung droht
Mit dem Erfüllungsanspruch, also die Auflassungserklärungen, geht einher, dass der Vermächtnisnehmer zur Absicherung seines Anspruchs die Eintragung einer Vormerkung verlangen kann. Dieser Anspruch kann dann, wenn der Erbe nicht in der gewünschten Weise reagiert, also eine Vormerkung bewilligt, problemlos mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden.
In diesem Verfahren besteht die Besonderheit, dass – im Gegensatz zu sonstigen Verfügungsverfahren – der Verfügungsgrund, also die Eilbedürftigkeit, nicht glaubhaft gemacht werden muss, § 885 Abs.1 S. 2 BGB.
Ist die einstweilige Verfügung erlassen, dann kann direkt beim Prozessgericht angeregt werden, dass diese zur Eintragung an das Grundbuchamt weitergeleitet wird, § 941 ZPO.
Wer sich hier als Erbe ungeschickt verhält, derzeit Tausende von Euro an Lehrgeld
Anhand eines Falls, bei dem wir erst unlängst für einen Mandanten gegen die Miterben Ansprüche auf Erfüllung eines Grundstücksvermächtnisses mit gerichtlicher Hilfe durchgesetzt haben, können Sie sehen, was Sie erwartet, wenn Sie hier bewusst, um Ihren Miterben zu ärgern oder einfach aus Unkenntnis, sich nicht korrekt verhalten.
Außergerichtliches Aufforderungsschreiben
Drei Kinder haben die letztverstorbene Mutter zu gleichen Teilen, also zu jeweils 1/3, beerbt. Ein im Nachlass vorhandenes Grundstück ist einem der Miterben als Vorausvermächtnis, also ohne Anrechnung auf den Erbteil, zugewandt worden. Nachdem sich die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft wegen unterschiedlicher Vorstellungen, wie dies bei erbenden Geschwistern oft der Fall ist, hingezogen hat, wollte unser Mandant zumindest das ihm vermächtnisweise zugewandt Grundstück abgesichert wissen.
Die Geschwister haben dies zunächst, trotz Fristsetzung, verweigert. Bereits jetzt kann es teuer werden. Nachdem Grund und Boden bekanntlich teuer ist, sind in derartigen Fällen die Gegenstandswerte recht hoch. Bei dem Gegenstandswert von beispielsweise 500.000 € fallen Anwaltsgebühren in Höhe von 5.498,63 € an, die die Miterben, wenn der Vermächtnisnehmer nun einen Rechtsanwalt einschaltet, ersetzen müssen.
Notartermin mehrfach gescheitert
Aufgeschreckt durch dieses Anwaltsschreiben, waren die Miterben zunächst dann doch bereit ihre Zustimmung dazu zu erteilen, dass ein Notartermin vereinbart wird, in dem sie die Auflassung erklären und die Eintragung einer Vormerkung bewilligen.
Zu dem Termin sind dann auch beide Miterben erschienen. unterschrieben wurde der Vertrag aber trotzdem nicht, weil die Miterben sich geweigert haben, dass die Kosten der notariellen Urkunde, was in derartigen Fällen der Normalfall ist, vom Nachlass getragen wird. Sie waren stattdessen vielmehr rechtsirrig der Meinung, dass sie es in der Hand hätten, mit 2 Stimmen zu einer Stimme, zu entscheiden, dass die Kosten der Vermächtnisnehmer zu tragen habe. Eine solche Mehrheitsentscheidung billigt das Gesetz den Miterben allerdings nicht zu, sodass der Termin dann schlussendlich nach endlosen Diskussionen geplatzt ist.
Nachdem dann auch ein neu angesetzter Notartermin deswegen kurzfristig abgesagt worden warund die Miterben erneut der Meinung waren, die Kosten des Notars habe der Vermächtnisnehmer zu tragen, und das Notariat nicht mehr bereit war, einen neuen Termin zu vereinbaren, wenn nicht sichergestellt ist, dass es hinsichtlich der Kosten im Termin keinen Streit mehr gibt, hatte der Vermächtnisnehmer schließlich die Nase voll und zog vor Gericht.
Einstweilige Verfügung erlassen
Die einstweilige Verfügung, die wir dann zugunsten des Mandanten beantragt hatten, wurde vom Landgericht Stuttgart, wie dies in derartigen Fällen üblich ist, am 02.12.2021 (7 O 428/21) innerhalb weniger Tage antragsgemäß und ohne mündliche Verhandlung erlassen. Damit kommt auf die Erben eine weiterer Erstattungsanspruch in Höhe von 2.252,91 € an Anwaltsgebühren und 1.495,50 € an Gerichtskosten zu.
Falls sich die Miterben nach wie vor uneinsichtig zeigen und auf die Idee kommen sollten, die einstweilige Verfügung mittels Widerspruch anzugreifen, so dass eine mündliche Verhandlung förderlich wird, verdoppeln sich die Gebühren.
Klage auf Auflassung
Als nächstes droht eine Auflassungsklage. Bei einem exemplarischen Streitwert von 500.000 € belaufen sich die Gerichtskosten auf 11.703 € und die Anwaltsgebühren auf 10.552,33 €. Letztere fallen dabei doppelt an, weil derartige Streitigkeiten vor dem Landgericht geführt werden, bei denen Anwalts besteht, als auch die Miterben sich anwaltlich vertreten lassen und ihren eigenen Anwalt bezahlen müssen.
Die uneinsichtigen Miterben haben hier also durch uneinsichtiges Verhalten Rechtsstreitigkeiten provoziert, die am Ende einen 5-stelligen Betrag kosten und dass für nichts, weil hier die Rechtslage so eindeutig ist, dass ein solcher Rechtsstreit auf Seite der Erben nicht gewonnen werden kann.
Was Sie aus dem Fall lernen können
Für den Fall, dass Sie als Erbe in eine ähnliche Situation geraten, sollten Sie also sich gegenüber dem Vermächtnisnehmer stets kooperativ und zuvorkommend verhalten. Sonst wird es teuer.
Wenn Sie Vermächtnisnehmer sind und der Erbe oder die Miterben machen Schwierigkeiten, dann müssen Sie sich nicht hinhalten lassen. Bei richtiger Vorgehensweise können Sie schnell und unkompliziert Ihre Ansprüche auch ohne die Erben mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen und so Eigentum an der Ihnen zugewandten Immobilie erhalten.
Wir unterstützen Sie mit unserer Erfahrung gerne deutschlandweit
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.