Im Geschäftsleben wird oft mit harten Bandagen gekämpft. Doch wer sich dabei verleiten lässt, über Wettbewerber allzu sehr öffentlich, insbesondere in sozialen Medien, herzuziehen, kann schneller als ihm lieb ist, vor Gericht landen. Was viele nämlich nicht wissen, ist, dass anders als beispielsweise bei Äußerungen im Rahmen von Verkäuferbewertungen, z.B. bei eBay oder Amazon, sich hier Rechtsansprüche nicht nur aus dem Äußerungsrecht, sondern auch aus dem Wettbewerbsrecht ergeben können. So hat das OLG Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 16.04.2019 (16 U 148/18), einen Post auf Facebook mit dem Inhalt „Was ich diesen Markenklauer hasse“ als wettbewerbswidrig eingestuft und die Verfasserin, gestützt auf Wettbewerbsrecht zu Unterlassung und Bezahlung von Abmahngebühren verurteilt. Die Besonderheit des Falles besteht darin, dass die Richter die Äußerung zwar noch als von der Meinungsäußerung gedeckt angesehen haben, also deliktische Unterlassungsansprüche ablehnten, gleichwohl aber die Beklagte auf Grundlage des Wettbewerbsrechts zu Unterlassung verurteilt haben.
Streit um markenrechtliche Bezeichnung für Permanent Make-up Dienste
Die Parteien bieten sog. permanent Make-up Dienste u.a. in Form des „Mikroblading“ an. Dabei werden feinste Risse in die Haut der Augenbrauen gesetzt und mit Farbe gefüllt.
Die Beklagte hatte 2015 eine Wort-Bildmarke im Register des Deutschen Patent- und Markenamts eintragen lassen. 2016 meldete die Beklagte eine weitere Wort-Bildmarke an. Diese wurde jedoch auf Antrag der Klägerin gelöscht, weil diese ebenfalls, aber zeitlich früher, eine solche Marke angemeldet hatte, die 2016 eingetragen worden war. Daraufhin veröffentlichte die Beklagte auf ihrer Facebook Seite folgenden Post:
„Was ich diese Markenklauer hasse.
Mein Anwalt hat wieder zu tun.
www.(…).com/“
Damit nahm die Beklagte auf die Domain der Klägerin Bezug. Im Anschluss an den Post wurden eine Mail der Klägerin wiedergegeben und die Zeichen ihrer Wort-Bildmarke, später ein Chat-Verlauf bezüglich einer privaten Facebook-Unterhaltung mit der Klägerin.
Sie wurde daraufhin von der Klägerin kostenpflichtig abgemahnt. Diese sah im Verhalten der Beklagten sowohl eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts in Form einer unwahren Tatsachenbehauptung als auch eine wettbewerbsrechtliche Herabsetzung. Da die Beklagte die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat landete der Rechtsstreit schließlich vor Gericht.
Unterlassungsanspruch kann erfolgreich auf Wettbewerbsrecht gestützt werden
Während das Landgericht Frankfurt am Main die Klage noch abgewiesen hat, war die Berufung der Klägerin erfolgreich und die Beklagte wurde zu Unterlassung und zur Zahlung von Abmahngebühren verurteilt.
Kein im Äußerungsrecht wurzelnder Unterlassungsanspruch
Wie bereits zuvor das Landgericht verneinte auch das OLG einen deliktischen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Die Richter vertraten dabei die Auffassung, dass es sich bei der angegriffenen Äußerung nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Meinungsäußerung handelt, die die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreitet.
„In dem Begriff „Markenklau“ liegt eine alltagssprachliche Bewertung einer rechtlichen Konstellation. Bei rechtlichen Beurteilungen wie „Illegalität“, „Tierquälerei“, „Betrug“ kommt es einerseits darauf an, ob der Begriff nur alltagssprachlich (was für Meinungsäußerung spricht) oder fachspezifisch verwendet wird und andererseits, ob durch die Äußerung dem Adressaten die Vorstellung von konkreten Vorgängen vermittelt wird, die zusammengefasst in eine rechtliche Bewertung münden, oder eben, was für eine Meinungsäußerung spricht, nicht (vgl. Wenzel – Burkhardt, 6. Aufl., Kap. 4 Rz 61, 62 m.w.N.).).
Vorliegend ist durch den Teilbegriff „klau“ eine umgangssprachliche Verwendung naheliegend. Dafür spricht auch die Verbindung mit dem Zusatz „Ich hasse“. Dagegen könnte lediglich der weitere Satz „Mein Anwalt hat wieder zu tun.“ sprechen. Diesen Gesichtspunkt hält der Senat jedoch insoweit nicht für entscheidend, als die Laienbewertung eines Sachverhalts von der tatsächlichen juristischen Bewertung zu unterscheiden ist und ein Anwalt mit oder ohne Erfolg beauftragt und bemüht werden kann.
Gegen eine Tatsachenbehauptung spricht auch, dass Markenrechtsverstöße eine schwierige rechtliche Bewertung erfordern, also – jedenfalls zumeist – nicht lediglich von einfachen, dem Beweis zugänglichen Tatsachen abhängen.
Bei rechtlichen Bewertungen in der Laiensphäre ist umstritten, ob ein Tatsachenbezug erforderlich ist. Ein solcher ist vorliegend aber gegeben, weil die Beklagte auf den Wortlaut der Domain/Webseite und die Wort-Bildmarke der Klägerin Bezug nimmt. Es kommt aber nicht darauf an, ob die vorgebrachten Tatsachen die in der Laiensphäre vorgenommene Bewertung rechtfertigen. Ausreichend ist bei Meinungsäußerungen vielmehr, dass nicht lediglich ein haltloser Vortrag erfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.10.1991, 1 BvR 1555/88, Rz. 58, zitiert nach juris).
Vorliegend sind die Domain und die Marke der Klägerin richtig bezeichnet.
Die Bewertung einer Verwechslungsfahr und damit eines markenrechtlich relevanten Verhaltens der Klägerin lässt sich nicht so einfach vornehmen, sodass die Schlussfolgerung der Beklagten von ihrer Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt ist.
Es liegt auch keine Schmähkritik vor, weil es um die Auseinandersetzung in der Sache geht, und zwar zwischen zwei Permanent Make-up – Artistinnen im Bereich des „Mikroblading“.“
Aber Unterlassungsanspruch aus Wettbewerbsrecht
Im Gegensatz zum Landgericht waren Gericht am OLG dann aber der Auffassung, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 i. V. m. § 4 Nr. 1 UWG ergibt, weil die Parteien Mitbewerber i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, da sie gleichartige Dienstleistungen anbieten und sich auch in der Vergangenheit immer wieder wechselseitig abgemahnt haben.
Das Gericht hat dabei zunächst klargestellt, dass es dabei ohne Bedeutung sei, dass die Äußerung unterliegt rechtlichen Gesichtspunkten als zulässig eingestuft worden ist,
„weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 19.05.2011, I ZR 147/09, Rz. 33, zitiert nach juris) Meinungsäußerungen, die zugleich wettbewerblichen Zwecken dienen, strenger zu bewerten sind als solche, die nicht den lauterkeitsrechtlichen Verhaltensanforderungen unterliegen.
Die Beurteilung der Frage, ob die Äußerung eines Wettbewerbers einen Mitbewerber herabsetzt, erfordert eine Gesamtwürdigung, die die Umstände des Einzelfalls wie Inhalt und Form der Äußerung, ihren Anlass, den Zusammenhang, in dem sie erfolgt ist, sowie die Verständnismöglichkeit des angesprochenen Verkehrs berücksichtigt, wobei es auf die Sicht des durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2011, aaO, Rz. 22).“
Die Richter gingen dabei davon aus, dass im Bereich
„des Mikrobladings die Marke und ihre Wort- und Bildzeichen für das verständige Publikum weniger von Bedeutung sind als die Art und Weise der technischen Durchführung des Mikrobladings und ihre Qualität. Wenn einer Mitbewerberin nun Markenklau vorgeworfen wird, so weist das auf unseriöses Geschäftsgebaren hin und könnte das interessierte Publikum dazu veranlassen, sich von der des Markenklaus bezichtigten Wettbewerberin abzuwenden oder erst gar nicht hinzuwenden, was Schulungen über Anwendungen oder die Anwendungen selbst betrifft.
Eine Analyse, ob tatsächlich ein Verstoß gegen das Markenrecht vorliegt, kann von dem Durchschnittspublikum nicht erwartet werden, weil diese Analyse Hintergrundwissen und abgrenzende Überlegungen zur Kennzeichnungskraft einer Wort-Bildmarke voraussetzt. Deshalb spielt es auch keine Rolle, ob sich der Post auf den Domainnamen der Klägerin oder die Zeichen ihrer Wort-Bildmarke bezieht. Entscheidend ist auch, dass sich dieser Post auf der Facebookseite der Beklagten befindet, die die Gelegenheit nutzt, die Besucher ihrer Seite durch die Wortwahl „Markenklau“ und „ich hasse“ von der Klägerin als Mitbewerberin im Bereich des Produkts „2“ fernzuhalten.“
Weiter haben die Richter ausgeführt, dass die Beklagte offensichtlich sehr genau die Geschäftstätigkeit der Klägerin beobachtet hat und deshalb ihren Post dazu benutzt hat, diese in herabsetzender Weise als Mitbewerberin zu treffen.
Tipp:
Sich über Mitbewerber zu ärgern ist normal und verständlich. Gleichwohl ist man gut beraten auf alles was ärgerlich ist, nicht unmittelbar zu reagieren, sondern zunächst einmal über die Sache zu schlafen. Dann sieht manches, das am Vortag noch den Puls in die Höhe getrieben hat, oft schon viel harmloser aus.
Wer dann aber immer noch reagieren möchte, der sollte nicht vorschnell öffentliche Äußerungen von sich geben, die – so wie hier – am Ende genau das Gegenteil erreichen, nämlich dass der Kontrahent als Sieger aus der Auseinandersetzung hervorgeht.
Wenn Sie sich vom Gefühl her unsicher sind, ob das, was Sie sagen möchten, rechtlich zulässig ist, dann sollten Sie sich auf jeden Fall zuvor rechtlich kompetent beraten lassen. Dies ist allemal kostengünstiger und kann steuerrechtlich auch noch als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, als hinterher in einen unsinnigen und kostenintensiven Rechtsstreit verwickelt zu werden.