In der Praxis ärgerlich, gleichwohl dürfte dies jeder Prozessanwalt schon einmal erlebt haben. Er fährt zu einem Gerichtstermin, um dann entweder auf dem Weg dorthin oder gar erst vor Ort die Informationen zu erhalten, dass der Termin aufgehoben, also abgesagt worden ist. Entweder hat es die Geschäftsstelle des Gerichts gleich verabsäumt Bescheid zu geben, oder aber, was dem Verfasser schon mehrfach passiert ist, den Beschluss über die Terminsaufhebung per Post versandt, so dass dieser bei normalen Postlaufzeiten stets erst nach dem Termin die Kanzlei erreicht hat.es sind also nutzlos Fahrtkosten entstanden. Wir erklären Ihnen, wer die nutzlos aufgewendeten Fahrtkosten (theoretisch) bezahlen muss.
Zahlungsanspruch des Rechtsanwalts
Da der Anwalt ja im Auftrag des Mandanten zum Gericht gefahren ist, sind auf jeden Fall Reisekosten, also die Kosten für die Fahrt mit dem Auto oder der Bahn zum Gericht, vielleicht auch Parkgebühren, und das Abwesenheitsgeld angefallen. Der Anwalt kann also hierfür Ausgleich von seinem Mandanten verlangen.
Schadensersatzanspruch des Mandanten
Der Mandant wiederum kann Schadensersatzansprüche gegen die Staatskasse oder aber gegen den Gegner haben.
Ansprüche aus Amtspflichtverletzung gegen den Staat
Das OLG Dresden hat in seinem Urteil vom 18.04.2018 (1 U 1509/17) entschieden, dass dann wenn ein Gericht den Termin zur mündlichen Verhandlung aufhebt die Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dafür sorgen müssen, dass den Verfahrensbeteiligten die Nachricht so rechtzeitig zugeht, dass diese vor der Anreise zum Termin von der Aufhebung Kenntnis erlangen können. Wenn wie im entschiedenen Fall eine Terminsaufhebung am 31.03.2016 verfügt wurde und diese am 04.04.2016 auf dem Postweg verschickt wurde, obwohl der Termin bereits am 07.04.2016 stattfinden sollte, dann besteht ein Anspruch aus Amtspflichtverletzung nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Die Parteien und Prozessbevollmächtigten dürfen sich nämlich darauf verlassen, dass sie so rechtzeitig von einer Terminsaufhebung oder Terminsverlegung in Kenntnis gesetzt werden, dass sie nicht erst anreisen. Eine Verpflichtung sich vor der Anreise danach zu erkundigen, ob der Termin auch stattfindet, besteht nicht.
Mit der Frage der Subsidiarität der Amtshaftung, also ob vorrangig nicht die Gegner im Rahmen der Kostenfestsetzung nach Abschluss des Verfahrens auch hierfür haften würde, hatten sich die Richter im entschiedenen Fall nicht befasst, weil Anspruchsgegner der Stadt gewesen war, sodass es nicht maßgeblich darauf ankam.
Ansprüche auf Erstattung gegen den Gegner
So hat das Landgericht Potsdam (Beschluss vom 01.12.2016 – 12 T 53/16) entschieden, dass die nutzlos aufgewendeten Reisekosten im Rahmen der Kostenfestsetzung von der unterlegenen Partei zu tragen seien. Sie müssten also dort angemeldet werden.
Dies kann allerdings nur dann gelten, wenn der Rechtsstreit auch gewonnen wird, weil es ansonsten keinen Kostenerstattungsanspruch gibt. Da aber letztendlich auch die unterlegenen Partei nichts für Amtspflichtverletzungen der Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann, hätte diese allerdings wiederum einen Anspruch gegen den Staat aus Amtspflichtverletzung.
Ansprüche werden in der Mehrzahl aller Fälle nicht geltend gemacht
Fälle der nicht rechtzeitigen Mitteilung einer Terminsaufhebung kommen in der Praxis zwar regelmäßig vor, glücklicherweise aber nicht allzu häufig. Der Verfasser selbst war in seiner nunmehr gut 25-jährigen Berufstätigkeit davon geschätzt in etwa 5 – 10 mal betroffen. Dies ist zwar extrem ärgerlich, da ja nicht nur die Fahrtkosten entstehen, sondern vielmehr der damit verbundene Zeitverlust viel schwerer wiegt. Da aber wiederum die Frage, ob hier überhaupt ein Ersatzanspruch besteht, äußerst umstritten ist, und Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld im Verhältnis zu dem Aufwand, der damit verbunden ist, deswegen einen Rechtsstreit gegen den Staat zu führen, völlig außer Verhältnis steht, handelt es sich wohl eher um ein theoretisches Problem, denn kein wirtschaftlich denkender Anwalt wird auf die Idee kommen, deswegen einen Rechtsstreit gegen den Staat zu führen. Der damit verbundene Arbeitsaufwand stünde zum wirtschaftlichen Nutzen völlig außer Verhältnis. Deswegen wer die Kosten regelmäßig entweder vom Anwalt gar nicht abgerechnet oder jedenfalls der Mandant verfolgt die Ansprüche nicht weiter.