Im Erbscheinverfahren gilt der Grundsatz, dass derjenige, der „die Musik bestellt, diese auch bezahlt“. Dies bedeutet, dass die Kosten des Verfahrens grundsätzlich von dem den Antrag stellenden Erben zu tragen sind. Was aber ist, wenn die Kosten, die über ein normales Erbscheinverfahren hinausgehen, sich dadurch potenzieren, weil durch die Behauptungen eines Beteiligten, sei es zur Frage der nicht vorhandenen Testierfähigkeit oder gar zu einer Fälschung des Testaments die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich wird, sich aber hinterher herausstellt, dass an den Einwendungen nichts dran war, also der Erbschein zugunsten des den Antrag stellen Erben erteilt wird? Grundsätzlich ist es so, dass das Gericht nach § 81 FamFG von dem Grundsatz, dass der Antragsteller die Kosten trägt, abweichen kann oder soll, wenn es entweder der Billigkeit (Abs. 1) entspricht oder einer der gesetzlich geregelten Fälle bei denen abgewichen werden soll, gegeben ist (Abs. 2).
Behauptung der Testierunfähigkeit
Wird die Testierfähigkeit durch Einholung eines Sachverständigengutachtens geklärt, dann hat derjenige, der die Testierunfähigkeit behauptet hat, meist regelmäßig keine Beteiligung an den Gutachterkosten zu befürchten, weil Gerichte hier regelmäßig damit argumentieren, dass die Feststellung der Testierfähigkeit (auch) im Interesse des Erben gelegen habe. Dies deshalb, weil damit die Wirksamkeit seiner Erbenstellung rechtswirksam geklärt sei.
Behauptung, das Testament sei gefälscht
Wer dagegen behauptet, das Testament sei gefälscht, so dass ein graphologisches Sachverständigengutachten eingeholt werden muss, der kommt meistens dann, wenn der Gutachter den Verdacht der Fälschung verneint, nicht ganz ungeschoren davon. Hier erfolgt regelmäßig eine Übertragung der Kosten auf denjenigen, der das Gutachten verursacht hat, wobei die Bandbreite unterschiedlich ist: 50 % (z. B. Amtsgericht München, Beschluss vom 09.05.2022, 610 VI 12284/20) oder 100 % (OLG München, Beschluss vom 30.04.2012, 31 Wx 68/12).
Anmerkung:
Liegt keiner der gesetzlich geregelten Fälle nach § 81 Abs. 2 FamFG vor, in denen das Gericht die unterlegene Partei an den Kosten beteiligen soll, dann liegt eine Kostenbeteiligung nach § 81 Abs. 1 FamFG im Ermessen des Gerichts. Die Entscheidung ist dann aus Gründen der Billigkeit zu treffen. Dem Nachlassgericht wird hier also ein weiter Spielraum eingeräumt, sodass unterschiedliche Ergebnisse von 0 % bis 100 % am Ende herauskommen können.
Wird gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts Beschwerde eingelegt, dann werden die Kosten einer erfolglosen Beschwerde regelmäßig dem Beschwerdeführer auferlegt, § 84 FamFG.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.