Kommt es zum Streit über die Testierfähigkeit eines Erblassers, sodass im Erbscheinverfahren oder im Verfahren um die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses ein psychiatrisches Sachverständigengutachten eingeholt werden muss, dann stellt sich für die Beteiligten die Frage, wer diese Kosten zu tragen hat. Während das OLG München bereits entschieden hat (ZEV 2017,14 8,154), dass im Erbscheinverfahren die Kosten den Erben auferlegt werden können, weil diesen die Klärung der Frage letztlich zugutekommt, haben die Richter am OLG nunmehr diese Rechtsprechung fortgeführt und auch auf Streitigkeiten über die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses ausgedehnt, weil die Interessenlage vergleichbar sei (OLG München, Beschluss vom 27.08.2019, 31 Wx 235/17).
Kostenverteilung nach den Grundsätzen der Billigkeit
Zur Begründung haben die Richter ausgeführt, dass nach § 84 FamFG das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels die Beteiligten auferlegen soll, der es eingelegt hat. Als erfolglos gilt ein Rechtsmittel auch dann, wenn es zurückgenommen wurde. § 84 FamFG würde allerdings dem Beschwerdegericht die Möglichkeit eröffnen die Kosten nach seinem Ermessen ausnahmsweise einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, wobei die Grundsätze des § 81 FamFG Beachtung finden sollen.
Kosten für ein psychiatrisches Sachverständigengutachten im Erbscheinverfahren haben die Erben zu tragen
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kommt das OLG München zu dem Ergebnis, dass die Kosten für die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens im Erbscheinverfahren den Erben auferlegt werden können, weil diesen die Klärung dieser Frage letztlich zugutekommt. Diese Kosten hätten nämlich den Wert des künftigen Nachlasses gemindert, wenn die Erblasserin eine lebzeitige Begutachtung veranlasst hätte, um Zweifel an ihrer Testierfähigkeit auszuräumen. Hinzu kommt, dass die Kosten erforderlich waren, um den wahren Erben festzustellen.
Auch im Verfahren auf die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses können die Kosten dem Erben auferlegt werden
In Fortführung dieser Rechtsprechung haben die Richter am OLG München entschieden, dass auch im Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses die Kosten eines psychiatrischen sachverständigen Gutachtens den wahren Erben jedenfalls dann auferlegt werden können, wenn die Einholung des Gutachtens objektiv geboten war.
Zwar kommt das Testamentsvollstreckerzeugnis nicht unmittelbar den Erben zugute, weil dieses nur der Legitimation des Testamentsvollstreckers dient. Entscheidendes Kriterium sei aber, so die Richter, dass auch hier durch das eingeholte Gutachten geklärt werden konnte, ob die entsprechende Verfügung des Erblassers, nämlich ob die Erben mit einer Testamentsvollstreckung beschwert sind oder nicht, geklärt werden sollte. Im Ergebnis sei daher die Interessenlage vergleichbar.
Im entschiedenen Rechtsstreit hatte nämlich das Nachlassgericht die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses abgelehnt, weil es davon ausgegangen war, dass die Erblasserin ihre diesbezügliche Verfügung durch ein späteres Testament wirksam widerrufen hätte. Das OLG als Beschwerdegericht hat dagegen die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens für erforderlich gehalten, um zu klären, ob die Verfügung, durch die der Beschwerdeführer als Testamentsvollstrecker ernannt worden war nicht wegen Testierunfähigkeit der Erblasserin unwirksam gewesen ist. Da sich nach dem eingeholten Gutachten die Testierunfähigkeit bereits diesem Zeitpunkt ergeben hat, erscheint es, so die Richter, angemessen, dass die wahren Erben die Kosten des Gutachtens zu tragen haben.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.