Die goldenen Zeiten für die Abmahnindustrie bei illegalem Filesharing sind endgültig vorbei, weil immer mehr Instanzgerichte den Abmahnern, jedenfalls dann, wenn die Abgemahnten sich richtig verteidigen, eine Abfuhr erteilen.
So hat das Amtsgericht Landshut mit Urteil vom 28.11.2014 (10 c 1392/14) die Klage gegen einen Familienvater abgewiesen, der sich (erstmalig im Prozess) damit verteidigt hatte, dass neben ihm der Internetanschluss, dessen Inhaber er war, auch von seiner Ehefrau und seinen beiden minderjährigen Kindern genutzt worden ist. Dem Gericht genügt dies, um die Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers zu widerlegen und von der Klagepartei den Vollbeweis dafür zu verlangen, dass der Beklagte Familienvater auch tatsächlich der Täter gewesen sei. Da ein solcher Beweis nicht erbracht werden konnte, wurde die Klage abgewiesen.
Aus den Urteilsgründen:
„Soweit die Klägerin gegen den Beklagten Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzung und Erstattung von Abmahnkosten begehrt, hat der Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid Erfolg, weil die die Klage sich als unbegründet erweist.
Unstreitig ist zwar, dass die IP-Adresse, über die die Urheberrechtsverletzung begangen worden sein soll, dem Beklagten als Anschlussinhaber zuzurechnen ist. Es besteht eine widerlegliche Vermutung dahingehend, dass der Inhaber eines lnternetanschlusses für Urheberrechtsverletzungen, die von diesem Anschluss aus begangen worden sind, verantwortlich ist. Der Beklagte hat indessen diese Vermutung durch ausreichend substantiierten Vortrag erschüttert, so dass die Klägerin einen Vollbeweis für seine Verantwortlichkeit zu führen gehabt hätte, was ihr nicht gelungen ist. Der Beklagte hat dezidiert vorgetragen, dass in seinem Haushalt bereits zum behaupteten Tatzeitpunkt neben ihm seine Ehefrau und die damals beide noch minderjährigen Söhne Zugriff auf den Internetanschluss hatten. Dieser Vortrag erfolgte auch nicht verspätet. Zwar wurde er erst nach der Verweisung an das hiesige Amtsgericht substantiiert, eine Entscheidung unmittelbar nach der Venıveisung hätte ohne mündliche Verhandlung aber ohnehin nur mit Zustimmung beider Parteien ergehen können. Insoweit trat keine Verspätung hinsichtlich des Abschlusses des Rechtsstreits durch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Beweisaufnahme ein.
Der Beklagte hat vorgetragen, in welcher Form und zu welchen Zeiten die übrigen Mitglieder seiner Familie den Internetanschluss potentiell nutzen. Er hat ferner vorgetragen, alle drei Familienmitglieder nach Erhalt des Abmahnschreibens zur Rede gestellt zu haben. Alle drei hätten die Verletzung der Urheberrechte in Abrede gestellt, wobei er jedoch nicht ausschließen könne, dass tatsächlich einer der drei als Täter einer möglichen Urheberrechtsverletzung in Betracht komme.
Darüber hinaus hat der Beklagte auch vorgetragen, dass und in welcher Weise er die minderjährigen Söhne darauf hingewiesen hatte, in welchem Umfang die Nutzung des Internets eventuell illegal ist und zu Urheberrechtsverletzungen führt. Auch hat er dargelegt, dass er stichpunktartig das Nutzungsverhalten der beiden Söhne überprüft hat.
Das Gericht ist der Auffassung, dass der Beklagte hierdurch seiner sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen ist. Es hätte insoweit der Klägerin oblegen, einen Nachweis dafür zu führen, dass die drei übrigen „Tatverdächtigen“ tatsächlich als Täter der Urheberrechtsverletzung ausscheiden. Dies ist der Klägerin nicht gelungen. Sie hat zwar die drei Familienmitglieder als Zeugen benannt, diese haben jedoch vor Gericht nach entsprechender Belehrung berechtigt von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Die anschließende Einvernahme des Beklagten als Partei hat keine neuen Erkenntnisse erbracht. Der Beklagte hat vielmehr auch in seiner Einvernahme als Partei an seinem bisherigen Sachvortrag uneingeschränkt festgehalten.
Nach alledem kann das Gericht nicht mit einer für eine Verurteilung hinreichenden Sicherheit feststellen, dass der Beklagte die Urheberrechtsverletzung begangen bzw. wegen einer nicht ausreichenden Beaufsichtigung seiner zwei minderjährigen Söhne für diese einzustehen hat. Der Vollstreckungsbescheid war daher bereits aus diesem Grunde aufzuheben und die Klage abzuweisen.“
Anmerkung:
Der Familienvater hatte im Vorfeld auf Anraten seiner Rechtsschutzversicherung zur Vermeidung eines Rechtsstreits 100 € an die abmahnenden Anwälte bezahlt. Als er dann doch verklagt worden ist, hat er diesen Betrag im Wege der Widerklage zurück verlangt. In diesem Punkt ist er aber unterlegen, denn nach der (richtigen) Auffassung des Gerichts bestand der Anspruch wegen § 814 BGB nicht. Wer nämlich der Auffassung ist nichts zu Schulden und in Kenntnis der Nichtschuld trotzdem, gleich aus welchem Grund, bezahlt, der kann hinterher auch nichts zurückverlangen.
Hier wird deutlich, dass die von den Rechtsschutzversicherungen angeboten Rechtsberatung oftmals mehr schadet als nützt. Es sollte deshalb, gerade bei Urheberrechtsverletzungen, stets der Rat eines erfahrenen Rechtsanwalts in dieser Materie eingeholt werden, bevor irgendwelche Erklärungen abgegeben oder Zahlungen geleistet werden.
Haben auch Sie eine Abmahnung erhalten? Wir helfen Ihnen gerne.