Wer einen Darlehnsvertrag abschließt und dann die Darlehensvaluta nicht abnimmt, muss der Bank dafür regelmäßig eine Nichtabnahmeentschädigung bezahlen. Stand dem Kunden allerdings bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht zu, dann hindert die Bezahlung einer Nichtabnahmeentschädigung einen späteren Widerruf nicht, so dass die Bank zur Rückzahlung der Nichtabnahmeentschädigung verpflichtet ist. Dies hat das OLG Koblenz in seinem Urteil vom 29.07.2016 (8 U 1049/15) entschieden.
Darum geht es
Im entschiedenen Fall hatte der Kläger im Jahr 2008 im Wege des Fernabsatzes mit einer Bank zwei Bereitstellungsdarlehensverträge über insgesamt 195.000 € abgeschlossen. 2011 entschloss sich der Bankkunde dann die Darlehen nicht abzunehmen und zahlte daraufhin an die Bank eine Nichtabnahmeentschädigung in Höhe von rund 14.600 €. Trotz dieser Zahlungen widerrief er dann 2014 seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen und verlangte dementsprechend die Rückzahlung der 2011 gezahlten Nichtabnahmeentschädigung.
So urteilte das Gericht
Während der Kläger in erster Instanz den Rechtsstreit verloren hatte, war seine Berufung dann erfolgreich. Nach Ansicht des Senats konnte der Kläger im September 2014 sein Widerrufsrecht noch ausüben, weil die Widerrufsbelehrungen in den Verträgen hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist missverständlich sind und deshalb die Widerrufsfrist für das Darlehen nicht in Lauf gesetzt haben. Das Widerrufsrecht des Klägers war – so die Richter – auch nicht nach der Sonderregelung des § 312d Abs. 3 Ziffer 1 BGB a. F. erloschen, die für Fernabsatzverträge gelten. Diese Regelung finde bei solchen Verbraucherdarlehensverträgen keine Anwendung, bei denen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach dem Verbraucherkreditrecht (§§ 495, 499 bis 507, 355 BGB a. F.) zusteht.
Da die seitens der Bank verwendete Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, konnte die Bank, die als Verwender die mit einer nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile zu tragen hat, sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Ausübung des Widerrufsrechts unzulässig oder verwirkt sei. Ein schutzwürdiges Vertrauen könne die Bank nach Auffassung des Gerichts nicht in Anspruch nehmen, da sie den Schwebezustand selbst herbeigeführt und im Übrigen die Möglichkeit bestanden habe, den Kläger noch nach Vertragsabschluss ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht zu belehren.
Anmerkung:
Der Fall macht deutlich, dass es bei Darlehensverträgen, gleichgültig, ob die Darlehensvaluta in Anspruch genommen wurde oder nicht, es stets vorteilhaft sein kann zu überprüfen, ob das Vertragsverhältnis nicht durch Ausübung eines Widerrufs wegen mangelhafter Widerrufsbelehrung beendet und, soweit erforderlich, dann zu günstigeren Konditionen fortgesetzt werden kann. Hier lassen sich schnell, je nach Zinssatz und Darlehenshöhe, einige 1.000 € sparen.