In vielen Erbfällen, in denen ein nennenswertes Vermögen vererbt wird, freuen sich nicht nur die Begünstigten, sondern auch der Fiskus reibt sich die Hände. Der Grund hierfür liegt in den seit 2009 unveränderten Freibeträgen, die durch die allgemeine Preissteigerung und Inflation zunehmend an Bedeutung verlieren. Besonders beim Erwerb von Immobilien in Ballungsgebieten erweisen sich diese Freibeträge häufig als unzureichend. Dies trifft insbesondere Erben, die nicht Ehegatten oder Kinder des Erblassers sind, da für sie regelmäßig lediglich ein Freibetrag von 20.000 € gilt, bevor das Finanzamt zugreift.
Im Folgenden erhalten Sie einen strukturierten und aktuellen Überblick über die Erbschaftsteuer in Deutschland – insbesondere zur Einteilung in Steuerklassen, den jeweils geltenden Freibeträgen sowie den gestaffelten Steuersätzen. Die Darstellung basiert auf dem Stand von 2025 und orientiert sich an den maßgeblichen Regelungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG), insbesondere an den §§ 15, 16, 17 und 19 ErbStG.
1. Steuerklassen und persönliche Freibeträge
Die Einstufung der Erben in drei Steuerklassen richtet sich primär nach dem persönlichen Verhältnis zum Erblasser. Je enger die Beziehung, desto höher der Freibetrag und desto günstiger – sprich niedriger – der anwendbare Steuersatz. Die Freibeträge stehen alle 10 Jahre erneut zur Verfügung, so dass dann, wenn rechtzeitig mit einer Vermögensübertragung begonnen wird, dies auch mehrfach genutzt werden können.
Steuerklasse I
Diese Klasse umfasst enge Verwandte und Partner:
Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner:
– Persönlicher Freibetrag: 500.000 €
– Zusätzlich steht ein pauschaler Versorgungsfreibetrag von 256.000 € zu, sodass die Steuerpflicht erst ab einem Vermögen von ca. 756.000 € eintritt.
Kinder, Stiefkinder, Adoptivkinder:
– Freibetrag: 400.000 €
– Zusätzlich erhalten Kinder einen altersabhängigen Versorgungsfreibetrag (z. B. bei Kindern von 0–5 Jahren: ca. 52.000 €; 5–10 Jahre: ca. 41.000 €; 10–15 Jahre: ca. 30.700 €; 15–20 Jahre: ca. 20.500 €; 21–27 Jahre: ca. 10.300 €).
Enkelkinder:
– Erben diese in der Regel 200.000 € (sofern deren Eltern noch leben) – im Fall, dass das Kind des Erblassers bereits verstorben ist, gelten häufig auch 400.000 € als Freibetrag.
Eltern und Großeltern (bei Erbschaften, nicht bei Schenkungen):
– Freibetrag: 100.000 €
Steuerklasse II
Hierzu zählen Verwandte in entfernterer Beziehung:
Geschwister, Nichten, Neffen, Stiefeltern, Schwiegerkinder, geschiedene Ehepartner:
– Freibetrag: 20.000 €
Steuerklasse III
Diese Klasse erfasst alle übrigen Personen, die nicht in Steuerklasse I oder II eingeordnet werden können (z. B. unverheiratete Lebenspartner, Freunde):
Sonstige Erben:
– Freibetrag: ebenfalls 20.000 €
2. Gestaffelte Steuersätze
Über den persönlichen Freibeträgen wird nur der Vermögensanteil besteuert, der diese Grenze übersteigt. Dabei finden für die drei Steuerklassen unterschiedliche Steuersätze Anwendung. Die aktuellen Sätze für 2025 gestalten sich wie folgt:
Steuerklasse I (enge Angehörige)
bis 75.000 €: 7 %
75.000–300.000 €: 11 %
300.000–600.000 €: 15 %
600.000–6.000.000 €: 19 %
6.000.000–13.000.000 €: 23 %
13.000.000–26.000.000 €: 27 %
über 26.000.000 €: 30 %
Steuerklasse II (entfernte Verwandte)
bis 75.000 €: 15 %
75.000–300.000 €: 20 %
300.000–600.000 €: 25 %
600.000–6.000.000 €: 30 %
6.000.000–13.000.000 €: 35 %
13.000.000–26.000.000 €: 40 %
über 26.000.000 €: 43 %
Steuerklasse III (alle übrigen Personen)
bis 75.000 €: 30 %
75.000–300.000 €: 30 %
300.000–600.000 €: 30 %
600.000–6.000.000 €: 30 %
6.000.000–13.000.000 €: 50 %
13.000.000–26.000.000 €: 50 %
über 26.000.000 €: 50 %
3. Weitere Besonderheiten
Versorgungsfreibetrag
Neben dem persönlichen Freibetrag erhalten nahestehende Erben (insb. Ehepartner und Kinder) zusätzliche Versorgungsfreibeträge, um etwaige Versorgungsleistungen (z. B. private Lebensversicherungen oder Hinterbliebenenrenten) steuerlich zu berücksichtigen.
Für Ehepartner beträgt dieser pauschal 256.000 €.
Bei Kindern wird der Versorgungsfreibetrag altersabhängig gewährt (siehe oben).
Sachliche Freibeträge
Darüber hinaus können auch bestimmte Gegenstände des Hausrats und andere bewegliche Gegenstände steuerfrei übernommen werden:
Für Erben in Steuerklasse I sind Hausrat bis zu 41.000 € und weitere bewegliche Gegenstände bis zu 12.000 € steuerfrei.
Für Erben in den Steuerklassen II und III liegt der sachliche Freibetrag bei 12.000 €.
Immobilienbefreiung
Selbstgenutzter Wohnraum kann unter bestimmten Voraussetzungen – etwa bei Eigenheimen, in denen der Erblasser selbst gewohnt hat und der Erbe mindestens zehn Jahre selbst einzieht – von der Erbschaftsteuer befreit sein. Bei Kindern ist dabei die Steuerbefreiung auf Wohnflächen bis zu 200 m² beschränkt; Ehepartner genießen hier keine Flächenbegrenzung.
4. Fazit
Die derzeitigen Regelungen des Erbschaftsteuerrechts spiegeln den Versuch wider, eine Balance zwischen dem Schutz des Familienvermögens und der Erzielung staatlicher Einnahmen zu finden. Insbesondere der hohe Freibetrag in Steuerklasse I trägt dazu bei, enge Familienangehörige steuerlich zu entlasten. Allerdings wird häufig kritisiert, dass in den Steuerklassen II und III – in die auch entfernte Verwandte oder gar Freunde fallen – vergleichsweise hohe Steuersätze angewendet werden. Dies kann insbesondere bei größeren Erbschaften zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. Aus meiner Sicht sollte daher geprüft werden, ob eine Anpassung der Freibeträge und Steuersätze erforderlich ist, um den unterschiedlichen Vermögensverhältnissen in der Gesellschaft besser Rechnung zu tragen. Die aktuelle politische Diskussion zeigt zudem, dass bereits Reformansätze debattiert werden, etwa zur steuerlichen Entlastung von Eigenheimen oder zur insgesamt moderateren Gestaltung der Erbschaftsteuer.
Wer weder etwas zu erben noch zu vererben hat, vertritt häufig vorschnell die Auffassung, dass sich Erben nicht zu beklagen hätten, da sie schließlich einen Vermögenszuwachs erhalten und durch die Zahlung von Erbschaftsteuer auch zur Allgemeinheit beitragen. Diese Sichtweise greift jedoch zu kurz. So führt beispielsweise der Erwerb eines Mietshauses in einer Stadt wie München häufig dazu, dass der Erbe die Immobilie verkaufen muss, um die Erbschaftsteuer aufbringen zu können. Falls er die Steuer finanzieren kann, bleibt oft nur der Weg, durch Mieterhöhungen eine Refinanzierung zu ermöglichen. Unabhängig davon, ob die Immobilie schließlich an Spekulanten veräußert oder der Erbe selbst aktiv wird, zeigt sich ein Problem der Erbschaftsteuer: Menschen, die im Leben erfolgreich waren oder sparsam gewirtschaftet haben, empfinden es oft als ungerecht, dass Vermögen, das sie bereits verdient und versteuert haben, bei der Weitergabe an ihre Nachkommen erneut besteuert wird. So wie in einem Casino am Ende immer die Bank gewinnt, gewinnt auch hier stets der Fiskus.