Während die Abmahnindustrie über Jahre hinweg glänzend verdient hat, indem Kinder, Jugendliche und deren Eltern wegen illegalem Filesharing juristisch verfolgt worden sind, war aus rechtlicher Sicht das Streaming von Filmen bislang aus Sicht der Nutzer gefahrlos möglich. Im Gegensatz zum Filesharing wird bei Streaming nämlich nicht eine Datei dauerhaft auf dem PC gespeichert, sondern nur vorübergehend im Cache des Browsers zwischengespeichert und nach dem Betrachten sofort wieder gelöscht. Dieser Unterschied ist der Grund, dass das Ansehen von Serien, Kinofilmen oder Sportsendungen – auch aus zweifelhaften Quellen – für den Nutzer keine rechtlichen Konsequenzen hatte. Zwar haben die Portalbetreiber massenweise Urheberrechtsverletzungen begangen; die Nutzer bewegten sich dagegen in einem rechtlichen Graubereich und waren deshalb von der Abmahnindustrie weitgehend unbehelligt. Filme wurden nur betrachtet, nicht aber heruntergeladen und schon gar nicht im Upload, zur Begehung weiterer Urheberrechtsverletzungen, angeboten. Dies könnte sich nun durch ein Urteil des EuGH vom 26.04.2017 (C-527/15) ändern und eine neue Abmahnwelle könnte auf die Nutzer illegaler Streamingportale zukommen.
Verbraucherverband klagt gegen ein Medienabspielgerät
Auslöser des Verfahrens war die Klage eines holländischen Verbraucherverbands gegen einen Medienabspielgerät (“Filmspeler“). Mithilfe dieses Geräts konnten Nutzer mit einfachem Klick auch Inhalte von illegalen Streaming-Seiten abrufen. So konnten beispielsweise Serien, Kinofilme oder Sportsendungen, die Dritte ohne Zustimmung des Rechteinhabers im Internet hochgeladen haben, komfortabel auf dem heimischen Fernseher angesehen werden. Der Medienspieler wurde gerade auch damit beworben, dass problemlos ein Zugriff auf illegale Inhalte möglich sei.
Nutzer handeln mit Vorsatz
Genau dieser Umstand, nämlich dass unverhohlen damit geworben wurde, dass problemlos (auch) auf illegale Inhalte zugegriffen werden kann, bewegte offensichtlich die Richter dazu – völlig überraschend – nunmehr auch das Streaming rechtlich angreifbar zu machen. Sie vertreten nun nämlich die Auffassung, dass die Nutzer beim Streaming mit dem Vorsatz handeln würden kostenlos Filme zu sehen, für die sie ansonsten bezahlen müssten. Gerade die Möglichkeit auf Streamingadressen zugreifen zu können mache den Reiz des angebotenen Geräts aus. Hierdurch würde die normale Verwertung des Werks erheblich beeinträchtigt werden. Diese Beeinträchtigung würde es ausschließen in den sukzessive und nur vorübergehend gefertigten Kopien des Werks lediglich eine (rechtlich zulässige) Zwischenspeicherung zu sehen. Der Verkauf des Medienabspielgeräts sei daher eine öffentliche Wiedergabe. In den temporären Kopien sieht der EuGH nun „echte“ Kopien im Sinne des europäischen Urheberrechts.
Und genau darin liegt für den Nutzer das Problem. Während nämlich bislang nach deutscher Rechtslage schwerpunktmäßig davon ausgegangen wurde, dass die vorübergehende Kurzspeicherung beim Streaming urheberrechtlich ausdrücklich zulässig ist, könnte sich dies aufgrund der Vorgaben des EuGH schlagartig ändern und damit für die Abmahnungsindustrie eine weitere lukrative Geldquelle sprudeln.
Die Nutzer von Netflix, Spotify und Co. sind davon natürlich nicht betroffen. Dies deshalb, wird bei diesen die angebotenen Werke mit Zustimmung des Rechteinhabers zum Streaming angeboten werden, es sich also nicht um illegales Streaming handelt.