Beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs darf bekanntlich kein Mobiltelefon genutzt werden. Was aber ist, wenn durch eine sog. Start-Stopp-Automatik der Motor abgeschaltet wird. Das OLG Hamm hat zu dieser Frage mit Beschluss vom 09.09.2014 (1R BS 1/14) zugunsten eines Autofahrers geurteilt, der noch zuvor vom Amtsgericht zu einer Geldbuße von 40 € verurteilt worden war.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Gemäß § 23 Abs. 1a S. 2 StVO gilt das in S. 1 normierte Verbot der Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons durch den Fahrzeugführer, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss, nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.
Soweit der Gesetzeswortlaut bei Kraftfahrzeugen die Ausschaltung des Motors verlangt, differenziert er nicht zwischen einem automatischen Ausschalten des Motors beim bewussten Abbremsen bzw. Anhalten des Fahrzeugs und einer bewussten manuellen Ausschaltung des Motors durch den Fahrzeugführer. Ebenso wenig lässt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen, dass ein Ausschalten des Motors nur dann gegeben sein soll, wenn zu dessen (Wieder-) Einschaltung die Bedienung einer Zündvorrichtung erforderlich ist.
Auch aus der Begründung der 33. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 11.12.2000 (Verkehrsblatt 2001, Seite 8), durch die § 23 Abs. 1a StVO in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen worden ist, lässt sich eine solche Differenzierung nicht entnehmen. Dort heißt es, dass S. 2 die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons durch den Fahrzeugführer unter den dort genannten Voraussetzungen erlaubt, ohne dass nähere Ausführungen dazu erfolgt sind, wann ein Motor als ausgeschaltet anzusehen ist. In der weiteren Begründung wird sodann ausgeführt, dass damit die Benutzung bei längerem Stillstand wie z.B. im Stau oder bei längerem Halt vor einer geschlossenen Bahnschranke mittels Aufnehmen oder Halten des Telefons oder Telefonhörers weiter erlaubt bleibe, sowie, dass bei verkehrsbedingter Fahrtunterbrechung von kürzerer Dauer wie z.B. Warten vor einer roten Ampel oder im Stop-and-go-Verkehr der Kraftfahrzeugführer den Motor nicht abschalten werde, da er vom unmittelbaren Bevorstehen der Weiterfahrt ausgehe. Auch hier ist lediglich die Rede von einem „Abschalten“ des Motors, ohne dass diesbezüglich eine Definition erfolgt ist oder besondere Voraussetzungen aufgestellt werden.
Auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 23 Abs. 1a S. 1 und S. 2 StVO lässt sich nicht entnehmen, dass der Motor nur dann im Sinne dieser Vorschrift als ausgeschaltet anzusehen ist, wenn er durch den Fahrzeugführer bewusst manuell abgeschaltet worden ist und nur durch das vorherige Bedienen der Zündvorrichtung wieder in Gang gesetzt werden kann. Durch die Vorschrift des § 23 Abs. 1a S. 1 StVO soll gewährleistet werden, dass dem Fahrzeugführer beide Hände für die eigentlichen Fahraufgaben zur Verfügung stehen. Steht aber das Fahrzeug und ist der Motor nicht in Betrieb, fallen Fahraufgaben, wofür der Führer beide Hände benötigt, nicht an, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Motor zuvor durch den Fahrer durch Betätigen der Zündung oder mit der Abbremsung bzw. dem Stillstand des Fahrzeugs automatisch abgeschaltet worden ist.
Während des Zeitraums, in dem das angehaltene Fahrzeug mit ausgeschalteten Motor steht, ist eine Beeinträchtigung der Fahraufgaben des Fahrzeugführers durch ein in den Händen gehaltenes Telefon deshalb nicht zu befürchten, da solche Aufgaben erst wieder bei einer erneuten Fahrtaufnahme anfallen können, die aber erfordert, dass zuvor der Motor wieder in Gang gesetzt wird (vergleiche OLG Bamberg, Beschluss vom 27.09.2006 – 3 Ss Owi 1050/06 – BeckRS 2006, 13254; OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2005 – 2 Ss OWi 811/05 –, Beck RS 2006, 01391). Das Erfordernis eines erneuten Einschaltens des Motors ist aber auch gegeben, wenn dieser zuvor mittels einer Start-Stopp-Funktion des Fahrzeugs automatisch abgeschaltet worden ist. Der Umstand, dass bei einem Fahrzeug, das mit einer solchen Funktion ausgerüstet ist, der Motor sehr rasch, nämlich bereits durch eine Betätigung des Gaspedals wieder in Gang gesetzt werden kann, ändert nichts daran, dass der Motor zuvor außer Betrieb gesetzt und damit ausgeschaltet gewesen war und eine Fahrtaufnahme seine Wiedereinschaltung erfordert, wobei sich die Betätigung des Gaspedals durch den Fahrer als bewusste Einschaltung des zuvor ausgeschalteten Motors darstellt.
Die durch das Amtsgericht vorgenommene Auslegung von § 23 Abs. 1a S. 2 StVO, dass bei einem vor einer Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanzeige stehenden Kraftfahrzeug dem Ausschalten des Motors infolge einer Start-Stopp-Funktion keine Bedeutung beizumessen sei, stellt daher eine mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht vereinbare Ausdehnung der Bußgeldbewehrung zu Lasten des Betroffenen dar.“