Landauf und landab erhalten derzeit Vermieter von Gewerbeimmobilien Schreiben ihrer Mieter, die entweder gleich mitteilen, dass sie aufgrund einer staatlich angeordneten Betriebsschließung bis auf weiteres berechtigt seien die Mietzahlungen einstellen oder aber, in der milderen Form, höflich anfragen, ob aufgrund der Coronakrise vermieterseits Bereitschaft bestünde auf Mietzahlungen ganz oder teilweise zu verzichten, um die Krise weiter gemeinsam zu meistern.
Sind Sie als Vermieter oder Mieter einer Gewerbeimmobilie auch betroffen, dann sollten Sie weiterlesen, denn wir sagen Ihnen worauf Sie achten müssen und wie Sie vorgehen sollten.
Nutzungsrisiko der Mietsache liegt grundsätzlich beim Mieter
Auf dem Schreibtisch des Verfassers ist letzte Woche ein Schreiben eines Mieters gelandet, in dem dieser mit folgender Begründung angekündigt hat, bis auf weiteres keine Miete mehr zahlen zu müssen (wollen):
„In Anbetracht der behördlichen Verfügungen ist uns also ein Betrieb des Ladenslokals untersagt, weshalb wir einerseits die Betriebspflicht nicht erfüllen können und andererseits ein Betrieb unseres Ladenlokals überhaupt nicht mehr möglich ist. Infolge der Unmöglichkeit entfällt die Mietzahlungspflicht (vergleiche § 326 BGB) bzw. durch die Nutzungsuntersagungen ist die Geschäftsgrundlage des oben genannten Mietvertrags dermaßen gestört, dass sich entsprechende Vertragsanpassungsrechte aus § 313 BGB ergeben. Zudem sind Sie als Vermieter insoweit gehindert, uns den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu gewähren (§ 535 Abs. 1 S. 1 BGB).
Aufgrund dessen und um die sich aus dieser für alle Parteien unvorhersehbaren und nicht planbaren Extremsituation ergebenden wirtschaftlichen Folgen abzumildern und überhaupt tragbar gestalten zu können, sehen wir uns leider gezwungen, die Mietzahlungen einstweilen einzustellen und bitten Sie um Ihr Verständnis. Dieser Schritt ist leider unumgänglich, damit den Geschäftsschließungen immense Umsatzeinbußen verbunden sind.“
Der Mieter behauptet also hier, dass das Risiko, dass er derzeit aufgrund staatlicher Anordnung seinen Geschäftsbetrieb nicht mehr ausüben kann, nicht er, sondern der Vermieter zu tragen habe.
Mieter, die Geschäfte betreiben, die nun von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen sind, sind natürlich arg gebeutelt. Nicht nur, dass sie derzeit keine Einnahmen mehr erzielen, sondern nach der gesetzlichen Konzeption laufen Kosten aus bestehenden Verträgen, wie beispielsweise Leasingverträge für Fuhrpark, Mobiliar oder Maschinen weiter. Nach der gesetzlichen Konzeption ist es sogar so, dass zunächst der Mieter einer Gewerbeimmobilie, der zugleich Arbeitgeber ist, im Falle einer vorübergehenden Betriebsschließung als Folge des Coronavirus zunächst auch den Arbeitnehmern den Lohn fortzahlen muss, weil das Risiko dafür, dass er deren Arbeitsleistung verwerten kann nicht beim Arbeitnehmer, sondern beim Arbeitgeber liegt. Hinsichtlich der Lohnfortzahlung kann er dann seinerseits über die Entschädigungsregelungen im Infektionsschutzgesetz wiederum Erstattungsansprüche geltend machen. Gleichwohl muss er insoweit erst einmal in Vorleistung gehen und die erforderliche Liquidität dafür aufbringen.
Wenn es also auch nur zu verständlich ist, dass ein Mieter, der in eine solche Situation gerät, die existenzgefährdend sein kann, mit allen Mitteln versucht, Kosten zu sparen, dann ist es gleichwohl aus Mietersicht nicht sonderlich empfehlenswert den Vermieter in der hier geschiedenen Art und Weise überfahren zu wollen. Eine gesetzliche Grundlage, wonach in derartigen Fällen das Risiko einer Betriebsschließung beim Vermieter läge gibt es nämlich nicht, weil nach derzeitiger Rechtslage das wirtschaftliche Risiko im Falle einer behördlichen Anordnung zu Ladenschließung grundsätzlich beim Mieter liegt. Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränken begründen nach der bisherigen Rechtsprechung nur einen Mangel, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruhen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 – XII ZR 189/09). Mieter sind daher zunächst grundsätzlich nach § 535 Abs. 2 BGB trotz Betriebsschließung weiter zu Mietzahlung verpflichtet. Etwas Anderes kann lediglich dann gelten, wenn im Einzelfall im Mietvertrag eine andere Risikoverteilung geregelt wurde.
Keine Störung der Geschäftsgrundlage
So sich im vorliegenden Fall der Mieter auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen möchte, bleibt abzuwarten, wie die Instanzgerichte mit einer solchen Argumentation umgehen. Auch, wenn auf den ersten Blick es angemessen erscheinen mag, das Risiko nicht einseitig beim Mieter zu belassen, sondern den Vermieter vielleicht daran zu beteiligen, so darf nicht außer Acht gelassen werden, dass viele Gewerbeimmobilien zwar formell einem Vermieter gehören, rein faktisch aber die finanzierende Bank Eigentümer ist, also auch der Vermieter monatlich seinen Verpflichtungen nachkommen muss. Von daher würde es zu einem von der Rechtsordnung nicht gewollten weiterreichen des Schließungsrisikos kommen, weil dann, wenn der Vermieter ganz oder teilweise seinen Anspruch auf Mietzahlung infolge einer Krise verlieren würde, im nächsten Schritt der Vermieter mit der gleichen Argumentation versuchen würde das Risiko auf die finanzierende Bank abzuwälzen. Soll die finanzierende Bank dann ganz oder teilweise auf ihre Darlehenszinsen verzichten, weil der Vermieter auf seine Miete verzichten muss? Wohl kaum, denn damit wäre der Grundstein für die nächste Finanzkrise gelegt, deren Kosten dann wieder der Steuerzahler tragen müsste. Von daher ist zu erwarten, dass sich an der festgelegten Risikoverteilung, nämlich dass der Mieter und nicht der Vermieter das Nutzungsrisiko trägt, auch in Zukunft nichts ändern wird.
Recht vs. Solidarität
Wenn Sie also als Vermieter mit einer solchen Forderung Ihres Mieters konfrontiert sind, dann wissen Sie nun zumindest, dass auch dann, wenn so wie hier die Forderung nicht nur forsch, sondern doch fast dreist formuliert wird, wie Ihre Rechtsposition ist. Nicht nur in der Krise ist es bei Verhandlungen gut die eigene Position zu kennen. Andererseits geht es gerade in der Krise aber oft auch darum selbst zu leben, aber auch andere leben zu lassen. Wenn Ihnen also ein Fortbestand des Mietverhältnisses am Herzen liegt, dann kann es für ein zukünftiges, weiteres gedeihliches Miteinander, was stets das Ziel eines jeden Mietverhältnisses sein sollte, durchaus wirtschaftlich sinnvoll sein, nicht nur starr die eigene Rechtsposition zu sehen, sondern auch eine gewisse Empathie für den Vertragspartner mitzubringen, um so vielleicht gemeinsam eine Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten leben können und die auch einen dauerhaften Fortbestand des Mietverhältnisses sichert. Neben einem Mieterlass gäbe es ja beispielsweise auch noch die Möglichkeit Miete für einen bestimmten Zeitraum zu stunden, umso die Mieter den nötigen finanziellen Spielraum zu lassen, um die Krise zu überleben. Mit einer Insolvenz ist nämlich meistens auch dem Vermieter nicht wirklich geholfen. Insbesondere dann, wenn nicht damit zu rechnen ist, dass die Immobilie sofort wieder neu vermietet werden kann.
So setzen Sie rückständige Miete effektiv durch
Soll die Miete effektiv durchgesetzt werden, dann empfiehlt sich regelmäßig diese im Rahmen eines Urkundenverfahrens gerichtlich geltend zu machen. In dieser besonderen Verfahrensart, die sich besonders für rückständige Mietzahlungen eignet, werden nämlich deutlich schneller Urteile erlassen, als in normalen Rechtsstreitigkeiten, so dass Sie schneller an einen Zahlungstitel gelangen. Das Gericht prüft in derartigen Fällen nämlich regelmäßig nur, welche Miete nach dem Mietvertrag geschuldet ist und wie viel im fraglichen Zeitraum tatsächlich gezahlt wurde.
Haben auch Sie Probleme mit Ihrem Gewerbemietvertrag? Wir beraten und unterstützen Sie gerne bei allen Fragen des Gewerbemietrechts.