Übergewicht als Kündigungsgrund? Sie glauben das gibt es in Zeiten in denen gendern und Diversity auch in der Arbeitswelt groß geschrieben wird nicht (mehr)? Fehlanzeige. Der Verfasser vertritt augenblicklich gerade einen Fall vor dem Arbeitsgericht München, in denen der Arbeitgeber genau deshalb einer langjährigen Mitarbeiterin, die seit 1987 im Betrieb beschäftigt ist, gekündigt hat. Im Kündigungsschreiben hat er die Kündigung damit begründet, dass für die Zukunft „leider keine Änderung der körperlichen Situation“ gesehen werden könne, so dass mit einer „fortdauernden Störung des Betriebsablaufs“ weiterhin zu rechnen ist, zumal „die im Betrieb notwendigen Hygieneanforderungen nicht mehr erfüllt“ werden könnten.
Im Rahmen der Klageerwiderung hat der Arbeitgeber noch nachgelegt, und vorgetragen, dass zudem wegen „starker körperlicher Ausdünstungen“ Kollegen es ablehnen würden, neben der Klägerin zu arbeiten.
Genügt dies, um eine personenbedingte Kündigung zu rechtfertigen? Soweit ersichtlich hatte sich das BAG mit einer solchen Frage noch nicht befasst, was darauf hindeutet, dass Kündigungen wegen des Körpergewichts eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin wohl nicht so häufig vorkommen, also eher die Ausnahme sind. Gleichwohl gibt es dazu bereits Rechtsprechung der Arbeitsgerichte.
Fettleibigkeit rechtfertigt personenbedingte Kündigung grundsätzlich nicht
Die gute Nachricht ist, dass dann, wenn Sie Übergewicht haben, Sie nicht damit rechnen müssen, deshalb automatisch Ihren Job zu verlieren. So hat beispielsweise bereits das Arbeitsgericht Frankfurt in seinem Urteil vom 13.11.2022 (6 Ca 2856/01) entschieden, dass Übergewicht kein Grund für eine krankheitsbedingte Kündigung darstellt und das, obwohl der dortige Kläger aufgrund von Gelenksproblemen in der Vergangenheit regelmäßig bis zu 50 Fehltage pro Jahr hatte.
Auf die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung kommt es an
Maßgeblich kommt es vielmehr darauf an, ob der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin trotz Übergewichts noch in der Lage ist, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. So hat das Arbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 17.12.2015 (7 Ca 4616/15) die Kündigung eines Gärtners für unwirksam erklärt, der bei einer Körpergröße von 194 cm gut 200 kg auf die Waage gebracht hat. Die Richter waren dort zu dem Ergebnis gelangt, dass der Arbeitgeber seiner Darlegungs- und Beweislast nicht hinreichend entsprochen hat. Der Arbeitnehmer hat in dem dortigen Verfahren sich nicht nur mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Wirksamkeit der Kündigung gewandt, sondern gleichzeitig vom Arbeitgeber noch 6.000 € an Entschädigung verlangt, weil er sich durch den Arbeitgeber diskriminiert sah. Argumentiert hat er dabei, dass der EuGH mit Urteil vom 18.12.2014 (C-354/13) Übergewicht als Behinderung anerkannt habe, also die Kündigung wegen Übergewichts die Diskriminierung eines behinderten Menschen bedeuten würde.
Am Ende hatten sich dort die Parteien dann beim LAG Düsseldorf verglichen, so dass nicht bekannt ist, ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber dann am Ende auch noch eine Entschädigungszahlung an den Arbeitnehmer geleistet hat.
Fazit:
Die Kündigung eines Arbeitgebers mit der Argumentation, der Fettleibigkeit steht grundsätzlich auf schwachen Füßen. Dies erst recht, wenn so wie hier, mit Geruchsbelästigung der Kollegen durch den Dicken bzw. die Dicke argumentiert wird. Bildlich gesprochen trägt eine solche Kündigung ihre Unwirksamkeit bereits auf der Stirn … Wer also als Arbeitnehmer eine Kündigung hält, die maßgeblich auf das eigene Körpergewicht abstellt, der hat regelmäßig vor dem Arbeitsgericht gute Chancen, einen solchen Rechtsstreit zu gewinnen. Dies jedenfalls dann, wenn es sich um keinen Kleinbetrieb handelt, als im Betrieb mehr als die Mitarbeiter beschäftigt sind, so das das Kündigungschutzgesetzs Anwendung findet. Nach dessen Regelungen muss eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Dies nachzuweisen fällt dem Arbeitgeber regelmäßig Schwerpunkt im Kleinbetrieb dagegen, also von weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigt sind, findet beim Arbeitsgericht nur eine eingeschränkte Kontrolle der Wirksamkeit der Kündigung statt. Hier ist die Kündigung grundsätzlich wirksam, es sei denn sie ist willkürlich. Die Hürden eine solche Kündigung anzugreifen, liegen also wesentlich höher, allerdings würde dann, wenn eine Diskriminierung vorliegt, es argumentativ durchaus möglich sein, eine solche Willkürlichkeit darzustellen.
Arbeitgeber dagegen sind stets schlecht beraten, wenn sie eine Kündigung aussprechen wollen und so wie hier, auf das Übergewicht oder gar auf damit einhergehende Belästigungen der Belegschaft abstellen.