Scheiden tut bekanntlich weh. Dies erst recht, wenn vor Gericht um Unterhaltsansprüche oder vermögensrechtlichen Zugewinnausgleich gestritten und deshalb in der Vorstufe ein Auskunftsanspruch geltend gemacht wird. Ist der Unterhaltsverpflichtete selbständig, dann ist es nämlich nicht mit der Vorlage von Gehaltsabrechnungen getan, sondern manche Ex-Partner verlangen die Vorlage der gesamten Buchhaltung. Dass ein solches Verlangen aber nicht zu weitgehend sein darf verdeutlicht ein Beschluss des OLG München vom 03.08.2018 (16 UF 645/18). Das OLG hat dort entschieden, dass sich die Auskunftsverpflichtung zwar auf den Gewinn erstreckt, aber kein Auskunftsanspruch über die zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle besteht.
Selbstständige Zahnärztin wird von Ex-Partner bei Unterhaltsrechtsstreit auf Auskunft über die erzielten Einkünfte in Anspruch genommen
Im entschiedenen Rechtsstreit war es kein Mann, sondern eine selbständige Zahnärztin, die von ihrem Ex vor dem Familiengericht auf Unterhalt in Anspruch genommen wurde. Das Familiengericht hatte dann entsprechend dem Antrag des Antragstellers der Antragsgegnerin aufgegeben Auskunft durch eine systematische Aufstellung über ihre sämtlichen Einnahmen und Aufwendungen aus selbstständiger Tätigkeit zu erteilen. Ebenso wurde von der Antragsgegnerin verlangt, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie aus anderer Herkunft unter Angabe der Privatentnahmen in den Jahren 2014 bis 2016 Auskunft zu geben.
Diese Auskünfte seien durch Vorlage der Einkommenssteuererklärung 2016 mit allen Anlagen, insbesondere der Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung bzw. etwaiger Einnahmen-Überschuss-Rechnung für 2016, jedenfalls ggf. in vorläufiger Form (BWA) für 2016 sowie des Einkommenssteuerbescheides 2016 zu belegen
OLG München konkretisiert Auskunftsverpflichtung des selbstständigen Auskunftspflichtigen
Dies ging der geplagten Frau dann doch zu weit und sie legte Beschwerde ein. Zunächst haben die Richter am OLG München klargestellt, dass der Beschwerdewert, der sich an dem mit der Auskunftsverpflichtung verbundenen Aufwand bemisst, von 600 € erreicht sei, die Beschwerde also zulässig ist. Sodann haben die Richter weiter konkretisiert, dass bei einem Selbstständigen, der seinen Gewinn durch eine vereinfachte Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt Einnahmen jeder Zahlung bzw. geldwerte Eingang beim Steuerpflichtigen seien und unter Aufwendungen jeder Geschäftsvorfall verstanden wird, der zu einer Eigenkapitalminderung des Buchführung- und Steuerpflichtigen führt.
Mit der familiengerichtlichen Anordnung sämtliche Einnahmen und Aufwendungen eines bestimmten Zeitraums zu beauskunften, würde der Antragsgegnerin im Grundsatz aufgegeben, die gesamte Buchführung vorzulegen und darzulegen, inwieweit die dort genannten Geschäftsvorfälle zu Betriebseinnahmen bzw. Aufwand geführt haben und dies näher zu erläutern. Da aber die Antragsgegnerin den Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, wodurch der Aufwand nicht periodengerecht erfasst wird, wäre zur Erfüllung der Auskunftspflicht für die Buchführung ein Kontenrahmen zu entwickeln, der geeignet ist, einen Jahresabschluss zu entwickeln. Sodann wären sämtliche Geschäftsvorfälle in diesen Kontenrahmen nachzuerfassen. Der Antragsgegnerin wurden also durch das Familiengericht in weitergehendem Umfang Auskunftsverpflichtungen auferlegt, als dies gem. §§ 1361 Abs. 4, 1605 BGB geschuldet ist. Der Auskunftspflichtige hat danach nämlich nur Auskunft über die Einkünfte zu erteilen, soweit sie für die Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich sind.
Da die Antragsgegnerin als selbstständige Zahnärztin tätig ist und keine nichtselbstständige Tätigkeit ausgeübt hat, war sie auch nicht verpflichtet, Belege über das aus einer solchen Tätigkeit erzielte Einkommen vorzulegen.
Keinesfalls erstreckt sich die Auskunftsverpflichtung eines Selbstständigen, so die Richter, auf sämtliche Betriebseinnahmen und Aufwendungen (Betriebsausgaben), die erzielt wurden bzw. angefallen sind. Auskunft zu erteilen ist über den im Auskunftszeitraum erzielten Gewinn – nicht aber über die diesem Gewinn zugrundeliegenden Geschäftsvorfälle.
Ein Anspruch über im Auskunftszeitraum erzielte Steuererstattungen besteht nur, soweit diese dem Auskunftsberechtigten nicht bekannt sind. Bei gemeinsamer Veranlagung ist aber eine erfolgte Einkommensteuererstattung bekannt. Umsatzsteuererstattungen sind bereits im Rahmen der Gewinnermittlung zu berücksichtigen.
Schließlich besteht auch keine Rechtsgrundlage, die die Antragsgegnerin verpflichten würde Auskunft über Alters- und Vorsorgeaufwendungen sowie Kinderbetreuungskosten zu geben. Es ist Sache des Unterhaltspflichtigen, im Rahmen des Betragsverfahrens solche Aufwendungen geltend zu machen.
Was Sie aus der Entscheidung über den Auskunftsanspruch im Rahmen eines Unterhaltsrechtsstreits lernen können
Wer selbst selbstständig ist, der wird verstehen wie „krass“ die vorangegangene Entscheidung des Familiengerichts war, hätte diese doch dazu geführt, dass die Zahnärztin im Rahmen ihrer Auskunftspflicht wesentlich mehr machen muss, als dies von ihr steuerrechtlich erwartet wird. Sie hätte also für den zu beauskunftenden Zeitraum ihre Buchführung komplett überarbeiten müssen. Dass so etwas richtig sein kann ist lebensfremd. Dass ein Selbständiger mit so etwas vom Familiengericht gegängelt wird, verdeutlicht eine gewisse Lebensfremdheit sowohl auf Seiten des Rechtsanwalts, der für den Ex Partner den Antrag gestellt hat, aber vor einigen auch des Gerichts, dass diesen Antrag unbeanstandet abgesegnet hat. Es verdeutlicht aber auch, dass jeder, der mit einer Entscheidung konfrontiert wird, die gegen das gesunde Rechtsempfinden spricht, nach Möglichkeit den Rechtsweg ausschöpfen muss, denn grundsätzlich sollte das, was gerichtlich entschieden wird, auch immer dem gesunden Rechtsempfinden sprechen. Nur dann kann eine solche Entscheidung auch im Namen des Volkes getroffen werden.