Wir haben an dieser Stelle bereits oft über die teilweise recht unterschiedliche Rechtsprechung bei (vermeintlichen) Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing berichtet. Auch, wenn augenblicklich das Thema auf den ersten Blick „ausgekaut“ aussieht, weil aufgrund der Vorlage des Landgerichts München I zum EuGH zunächst von vielen Gerichten dessen Entscheidung abgewartet wird, beschäftigen wir uns heute mit der Frage des gerichtlichen Kostenerstattungsanspruchs des Rechteinhabers, also damit, welche Kosten der Anschlussinhaber zu tragen hat, wenn er den Rechtsstreit verliert oder sich aber im Rahmen eines Vergleichs zu Übernahme (eines Teils) der Verfahrenskosten verpflichtet. Hier besteht nämlich – in Abweichung zu sonstigen gerichtlichen Verfahren – die Besonderheit, dass nicht nur die Kosten für das eigentliche Streitverfahren erstattungsfähig sind, sondern anteilig auch die Kosten des vorbereitenden Sicherungsverfahrens und Gestattungsverfahrens, also mehr an Anwaltsgebühren und Gerichtskosten zu übernehmen sind, als dies für gewöhnlich der Fall ist (vergleiche BGH, Beschluss vom 15.05.2014, I ZB 71/13 – Deus Ex).
Welche Kosten treffen den Verletzer gewöhnlich?
Neben den Gerichtskosten umfasst der Kosterstattungsanspruch nach § 91 ZPO in derartigen Verfahren regelmäßig an Rechtsanwaltsgebühren aus dem dem Rechtsstreit zugrunde zu legenden Gegenstandswert eine 1,3 Verfahrensgebühr nach den §§ 2, 13 RVG Nr. 3100 VV RVG und eine 1,2 Terminsgebühr nach den §§ 2, 13 RVG Nr. 3104VV RVG.
Wurde ein Unterbevollmächtigter eingeschaltet, kommt noch eine weitere 0,65 Verfahrensgebühr nach den Nrn. 3401, 3100 VV RVG hinzu und im Falle einer Einigung, also dem Abschluss eines Vergleichs, auch noch eine 1,0 Einigungsgebühr nach den § 2,13 RVG Nr. 1003 VV RVG.
Hinzu kommt dann noch eine Kostenpauschale von 20 € nach Nr. 7002 VV RVG. Aufgrund der Vorsteuerabzugsberechtigung der klagenden Unternehmen ist Mehrwertsteuer regelmäßig nicht erstattungsfähig.
Welche zusätzlichen Kosten treffen denBeklagten noch wegen der Besonderheiten des Filesharing?
Dem Gerichtsverfahren, in dem der Rechteinhaber gegen den Verletzer auf Schadenersatz und/oder Erstattung der Abmahngebühren klagt, sind regelmäßig bereits Verfahren vorausgegangen, die zur Identifikation des Anschlussinhabers und dessen Inanspruchnahme erforderlich waren, also Auskunftsverfahren gegen den Internet-Provider auf Auskunft über den Inhaber einer IP-Adresse. Diese Kosten kann der Rechteinhaber dann noch zusätzlich im Rahmen der Kostenfestsetzung gegen den Verletzer anteilig mit festsetzen lassen. Anteilig deshalb, weil meistens Auskunft in einem Verfahren über mehrere IP-Adressen verlangt worden ist, so dass im jeweiligen Anschlussinhaber nur ein entsprechender Kostenanteil zugerechnet werden kann. Er haftet nämlich nicht auf die gesamten Kosten.
Der BGH a.a.O. führt dazu aus:
“ 1. Die Bekl. hat sich gegenüber der Kl. in dem Vergleich, mit dem die Parteien den Rechtsstreit wegen der über zwei IP-Adressen der Bekl. begangenen Urheberrechtsverletzungen beigelegt haben, verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Gemäß § ZPO § 91 ZPO § 91 Absatz I 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner entstandenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Zu den Prozesskosten rechnen nicht nur die durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten, sondern auch diejenigen Kosten, die – wie etwa Kosten für Detektivermittlungen oder Testkäufe – der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen. Diese werden aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit den Prozesskosten zugerechnet und können im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden (BGH, GRUR 2006, 439 = NJW-RR 2006, 501 = WRP 2006, 237 – Geltendmachung der Abmahnkosten, mwN).
2. Die Kosten des Verfahrens nach § 101 II Nr. 1 u. 3 URHG und § 101 IX 1 UrhG gegen einen Internet-Provider auf Auskunft über den Inhaber einer IP-Adresse dienen der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits gegen die Person, die für eine über diese IP-Adresse begangene Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist; sie sind daher gem. § 91 ZPO zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren.
a) Nach der Begründung zu § 101 UrhG im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums soll zunächst der Verletzte die Kosten für die richterliche Anordnung tragen, diese aber später als Schaden gegenüber dem Verletzer geltend machen können (BT-Drs. 16/5048, 49 unter Verw. auf die Begr. zu § 140 b PatG, 40). Dem ist nicht zu entnehmen, dass die Kosten einer richterlichen Anordnung nur auf der Grundlage eines materiellen Schadensersatzanspruchs und nicht auf der Grundlage eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs gem. § 91 I 1 ZPO geltend gemacht werden können.
b) Die Kosten eines Verfahrens nach § 101 II Nr. 1 und 3 URHG, § 101 IX 1 UrhG auf Auskunft über den Inhaber einer IP-Adresse dienen entgegen der Ansicht des BeschwGer. auch dann unmittelbar der Vorbereitung eines Rechtsstreits gegen die Person, die für eine über diese IP-Adresse begangene Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist, wenn die erteilte Auskunft nicht sogleich zur Erhebung einer Klage gegen diese Person, sondern zunächst für eine Abmahnung des Anschlussinhabers verwendet wird. Dem steht nicht entgegen, dass die Kosten einer Abmahnung nicht zu den einen Rechtsstreit unmittelbar vorbereitenden Kosten gehören (vgl. BGH, GRUR 2006, 439 = NJW-RR 2006, 501 – Geltendmachung der Abmahnkosten). Die Kosten einer Abmahnung sind nicht unmittelbar zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, weil Zulässigkeit und Begründetheit einer Klage nicht von einer vorangegangenen Abmahnung abhängen. Dagegen kann eine Klage gegen die Person, die für eine Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist, die über eine bestimmte IP-Adresse begangen wurde, nur erhoben werden, wenn zunächst der Inhaber der IP-Adresse ermittelt worden ist.
c) Einer Festsetzung der Kosten des Auskunftsverfahrens im Kostenfestsetzungsverfahren des nachfolgenden Rechtsstreits steht, anders als das BeschwGer. angenommen hat, nicht entgegen, dass das Kostenfestsetzungsverfahren als schematisiertes Massenverfahren nicht zur Prüfung komplizierter Rechtsfragen bestimmt und geeignet ist. Die mitunter schwierige Frage der Verantwortlichkeit einer Person für eine über eine bestimmte IP-Adresse begangene Urheberrechtsverletzung ist nicht im Kostenfestsetzungsverfahren, sondern im wegen dieser Rechtsverletzung gegen diese Person geführten Rechtsstreit zu beantworten. Unterliegt der Bekl. im Erkenntnisverfahren, steht seine Verantwortlichkeit für die Urheberrechtsverletzung fest. Eine erneute Überprüfung dieser Verantwortlichkeit im Kostenfestsetzungsverfahren erfolgt nicht. Vielmehr hat der Bekl. die Kosten nach § 91 I 1 ZPO unabhängig davon zu tragen, ob gegen ihn auch ein materieller Kostenerstattungsanspruch besteht.“
Wer also in Anspruch genommen wird und darüber nachdenkt einen Vergleich abschließen, der sollte diese Kosten entweder in seine Kalkulation einplanen oder aber versuchen eine Regelung zu treffen, dass sich die vereinbarte Kostenerstattung ausschließlich auf die Kosten des anhängigen Rechtsstreits erstreckt.