Arbeitnehmer haben grundsätzlich nicht nur einen Anspruch auf Lohn, sondern auch auf Beschäftigung. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht frei in seiner Entscheidung darüber ist, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Bezüge freizustellen. Macht er dies trotzdem, dann kann dies Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers zur Folge haben.
Eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 29. Februar 2024 (8 AZR 359/22) hat hier neue Maßstäbe gesetzt. In diesem Artikel wird erläutert, unter welchen Bedingungen ein Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn er nicht beschäftigt wird. Dabei wird insbesondere auf die gesetzlichen Grundlagen, relevante Rechtsprechung und praktische Implikationen eingegangen.
Gesetzliche Grundlagen
Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB
Der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers bei Nichtbeschäftigung stützt sich primär auf § 280 Abs. 1 BGB. Diese Norm sieht vor, dass der Schuldner (hier: der Arbeitgeber) bei Verletzung einer Pflicht aus dem Schuldverhältnis (hier: Arbeitsvertrag) zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist. Neben dieser zivilrechtlichen Regelung spielen auch arbeitsrechtliche Besonderheiten eine Rolle.
Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers
Der Beschäftigungsanspruch eines Arbeitnehmers ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 242 BGB (Treu und Glauben) sowie den Art. 1 und 2 GG (Schutz der Menschenwürde und freie Entfaltung der Persönlichkeit). Diese Rechte verpflichten den Arbeitgeber nicht nur zur Zahlung der vereinbarten Vergütung, sondern auch zur tatsächlichen Beschäftigung des Arbeitnehmers. Eine Verletzung dieses Beschäftigungsanspruchs kann somit Schadensersatzansprüche auslösen.
Fallbeschreibung und Urteil
Im jüngsten Urteil des BAG (8 AZR 359/22) ging es um den Fall eines Eishockeyspielers, der nach einer betriebsbedingten Kündigung nicht mehr am Training teilnehmen durfte. Der Kläger machte geltend, dass ihm durch die Freistellung ein erheblicher Schaden entstanden sei, da er seine beruflichen Fähigkeiten nicht weiterentwickeln konnte und somit sein Marktwert litt. Der 8. Senat des BAG sah dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gegeben, verneinte diesen im konkreten Fall jedoch mangels ausreichender Darlegung und Bezifferung des Schadens.
Begründung des BAG
Das BAG stellte klar, dass der Anspruch auf Schadensersatz neben dem Vergütungsanspruch besteht. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers und sein Interesse an tatsächlicher Beschäftigung stehen im Vordergrund. Die Nichtbeschäftigung kann somit für den Arbeitgeber teurer werden als die tatsächliche Beschäftigung, da neben der Vergütung auch Schadensersatz zu zahlen ist.
Anforderungen an die Darlegung des Schadens
Die Ermittlung des konkreten Schadens stellt sich in der Praxis als schwierig heraus. Das BAG betonte, dass der Arbeitnehmer zumindest greifbare Anknüpfungstatsachen darlegen muss, anhand derer eine Schadensschätzung möglich ist (§ 287 ZPO). Im vorliegenden Fall scheiterte der Kläger daran, konkrete Anhaltspunkte für seinen Vermögensschaden darzulegen, weshalb das BAG seinen Anspruch verneinte.
Fazit
Die aktuelle Rechtsprechung des BAG verdeutlicht, dass Arbeitnehmer bei Nichtbeschäftigung unter bestimmten Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch geltend machen können. Arbeitgeber müssen daher sorgfältig abwägen, ob eine Freistellung des Arbeitnehmers tatsächlich das geeignete Mittel ist, um betriebliche Konflikte zu lösen. Es empfiehlt sich, vor einer solchen Maßnahme rechtlichen Rat einzuholen, um mögliche finanzielle Risiken zu minimieren.