Werden Pflichtteilsansprüche geltend gemacht, dann erfolgt dies regelmäßig mit einer sog. Stufenklage. Dies deshalb, weil der Pflichtberechtigte – im Gegensatz zum Erben – oft gar nicht in der Lage ist die Höhe seines Pflichtteilsanspruchs zahlenmäßig zu beziffern. Auf erster Stufe wird meistens Auskunft, auf der zweiten Stufe dann manchmal Wertermittlung oder oft die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, und auf dritter Stufe schließlich der Zahlungsanspruch geltend gemacht. Pflichtteilsberechtigte die diesen Weg beschreiten wollen, stehen oft vor der Fragestellung, wie der Streitwert für derartige Verfahren bemessen wird.
Nur Höhe des Zahlungsanspruchs für die Bestimmung des Streitwertes maßgeblich
Das KG hat nun mit Beschluss vom 25. April 2019 (2 AR 12/19) entschieden, dass es sowohl für die Bestimmung des Zuständigkeitsstreitwertes als auch des Gebührenstreitwerts maßgeblich auf den Wert des Zahlungsantrags der dritten Stufe ankommt, weil die mit der ersten und zweiten Stufe verfolgten Ansprüche lediglich vorbereitenden Charakter haben und deshalb mit dem Leistungsantrag der dritten Stufe wirtschaftlich identisch sind.
Bestimmung des Streitwertes durch Addition der einzelnen Anträge
Der gegenteiligen Ansicht des OLG Brandenburg (Beschluss vom 15. November 2001, 1 AR 44/01) wonach der Gegenstandswert der Einzelansprüche trotz ihrer wirtschaftlichen Identität gemäß § 5 erster Halbsatz ZPO zu addieren sein soll, lässt sich nach Auffassung der Berliner Richter auch nicht mit einem gesteigerten Prozessvolumen rechtfertigen. Dies deshalb, weil derartige Gesichtspunkte für die Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwertes unerheblich sind. Dies zeigt bereits die Regelung in § 5 zweiter Halbsatz ZPO, wonach der Gegenstandswert von Klage und Widerklage nicht zu addieren sei. Schließlich stützen die Berliner Richter ihre Auffassung auf eine Entscheidung des BGH (Beschluss vom 01.10.2001, II ZR 217/01) in dem die Bundesrichter klargestellt haben, dass bei einer vollständigen Abweisung einer Stufenklage bereits in der ersten Stufe der Wert des vollen Leistungsantrags zugrunde zu legen sei.
In der Praxis dürfte dies aber hier theoretischer Natur sein, weil er gerade dann, wenn bereits die Klage im Auskunftsanspruch scheitert, beispielsweise weil der Pflichtteilsanspruch bereits verjährt ist (die Verjährungszeitpunkt beträgt 3 Jahre), weil das Wesen der Stufenklage er gerade darin besteht, dass der Leistungsanspruch nicht beziffert werden kann, weswegen ihr nicht direkt Leistungsklage erhoben wurde, sondern der Umweg über die Stufenklage gewählt worden ist.
Gericht kann zu Ermittlung des Nachlasswertes Auskunft beim zuständigen Finanzamt einholen
Das OLG München hat insoweit allerdings in seinem Beschluss vom 29.04.2019 (31 WX 221/19) klargestellt, dass ein Gericht mangels anderer Erkenntnisquellen zu Ermittlung des Nachlasswertes eine Auskunft des zuständigen Finanzamts einholen kann. Das Steuergeheimnis gilt nämlich nach § 40 Abs. 6 GNotKG im Nachlassverfahren nicht.
Bei Fragen rund um den Pflichtteilsanspruch unterstützen wir Sie gerne und zwar bundesweit.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.