Trennen sich die Eltern, dann sind meistens die Kinder, oft aber auch die Großeltern, die Leidtragenden. Dies deshalb, weil gerade dann, wenn die Beziehung nicht einvernehmlich beendet wird, gewohnte Kontakte reduziert, manchmal aber auch ganz unterbunden werden. das Kind oder die Kinder werden dann instrumentalisiert, um den Ex Partner, aber auch dessen Eltern, zu ärgern. Dabei wird oft verkannt, dass in vielen Familien die Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln eine bedeutende Rolle spielt. Doch das Umgangsrecht für Großeltern ist in Deutschland ein komplexes und sensibel abgewogenes Thema, da stets das Kindeswohl im Vordergrund steht. In diesem Artikel beleuchten wir die rechtlichen Grundlagen und aktuelle Rechtsprechung zum Umgangsrecht der Großeltern.
Rechtliche Grundlagen
Das Umgangsrecht für Großeltern ist im deutschen Recht in § 1685 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Nach dieser Vorschrift haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit ihren Enkeln, wenn dieser Umgang dem Kindeswohl dient. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass der Kontakt zu nahen Bezugspersonen wie Großeltern förderlich für die Entwicklung des Kindes sein kann. Allerdings muss der positive Einfluss auf das Wohl des Kindes explizit festgestellt werden. Im Gegensatz zum Umgangsrecht der Eltern ist der Anspruch der Großeltern also nicht automatisch gegeben, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhängig.
In der Praxis bedeutet dies, dass das Umgangsrecht der Großeltern nicht gegen den ausdrücklichen Willen der Eltern durchgesetzt werden kann, wenn keine Beeinträchtigung des Kindeswohls vorliegt. Es bedarf daher stets einer sorgfältigen Prüfung der konkreten Verhältnisse.
Gerichtliche Entscheidungen zum Umgangsrecht der Großeltern
Aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass die Durchsetzung des Umgangsrechts für Großeltern nicht immer einfach ist. Ein Beispiel ist eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg vom April 2024 (Az.: 9 UF 204/23). In diesem Fall hatte eine Großmutter, die bereits zuvor eine enge Bindung zu ihren Enkelkindern hatte, das Umgangsrecht eingeklagt, nachdem die Beziehung zur Mutter der Kinder in Konflikt geraten war. Das Gericht bestätigte zwar das grundsätzliche Umgangsrecht der Großmutter, lehnte jedoch eine Ausweitung der Umgangszeiten ab. Das Wohl der Kinder dürfe nicht durch übermäßige Besuchszeiten beeinträchtigt werden, und die Kinder sollten auch genügend Zeit für den Umgang mit beiden Elternteilen sowie für andere soziale Kontakte haben.
In einer ähnlichen Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg vom September 2024 (9 UF 204/23) wurde das Umgangsrecht der Großeltern trotz eskalierter Streitigkeiten mit den Eltern aufrechterhalten. Die Eltern hatten versucht, den Umgang ihrer dreijährigen Tochter mit den Großeltern zu beschränken, nachdem familiäre Konflikte aufgetreten waren. Das Gericht entschied jedoch, dass der bestehende Kontakt für das Kind von Bedeutung sei und nicht grundlos eingeschränkt werden sollte. Gleichzeitig betonte das Gericht aber auch, dass eine zu häufige Durchsetzung des Umgangsrechts zu Loyalitätskonflikten beim Kind führen könne, weshalb der Umfang des Umgangs begrenzt wurde.
Das Kindeswohl als oberste Prämisse
In allen Entscheidungen zum Umgangsrecht für Großeltern steht das Kindeswohl an erster Stelle. Die Gerichte legen dabei Wert darauf, dass der Umgang dem Kind keine Belastung sein darf. Es gilt, das Kind vor Loyalitätskonflikten zu bewahren, insbesondere wenn die Beziehung zwischen Eltern und Großeltern angespannt ist. Hierbei sind Faktoren wie die Erziehungskontinuität und das Bedürfnis des Kindes nach stabilen Beziehungen ausschlaggebend. Auch die Wünsche des Kindes werden, sofern es alt genug ist, in die Entscheidung mit einbezogen.
Tipps für Großeltern im Umgangsrecht
Großeltern, die ihr Umgangsrecht wahrnehmen möchten, sollten zunächst versuchen, das Gespräch mit den Eltern zu suchen und eine einvernehmliche Lösung zu finden. Gerichtsverfahren sollten stets das letzte Mittel sein, da diese das Verhältnis zwischen den Beteiligten oft weiter belasten. Wenn eine einvernehmliche Regelung nicht möglich ist, kann ein Antrag auf Umgang beim zuständigen Familiengericht gestellt werden. Dabei sollten Großeltern darauf achten, stets das Wohl des Kindes im Fokus zu behalten und ihre Forderungen entsprechend zu formulieren.
In manchen Fällen kann auch das Jugendamt als Vermittler eingeschaltet werden, um eine Lösung im Sinne des Kindes zu finden. Dies kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn das Verhältnis zwischen Eltern und Großeltern stark belastet ist.sie sollten es dabei allerdings unbedingt vermeiden, die Eltern beim Jugendamt anzuschmiegen und schlecht zu machen. Dies deshalb, weil dies als sog. Loyalitätskonflikt gewertet werden könnte, der einem Umgangsrecht entgegensteht.
Fazit
Das Umgangsrecht für Großeltern ist ein wichtiger Bestandteil des Familienrechts, der jedoch stark von den jeweiligen Umständen abhängt. Das Kindeswohl hat immer Vorrang, und Gerichte sind angehalten, dieses umfassend zu prüfen, bevor sie über das Umgangsrecht entscheiden. Für Großeltern bedeutet dies, dass sie in der Regel nur dann ein Umgangsrecht durchsetzen können, wenn sie eine positive Rolle im Leben des Kindes spielen und der Kontakt förderlich für die Entwicklung des Kindes ist. Die aktuelle Rechtsprechung zeigt, dass es zwar Möglichkeiten gibt, das Umgangsrecht der Großeltern durchzusetzen, dass dies jedoch nur unter sorgfältiger Prüfung des Kindeswohls geschieht.
Wenn Sie als Großeltern Fragen zum Umgangsrecht haben oder eine rechtliche Vertretung benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung, um Ihre Interessen im Sinne des Kindeswohls bestmöglich zu vertreten.
Anmerkung:
Die Problematik gilt übrigens auch spiegelbildlich für das Umgangsrecht von Geschwistern. Auch hier kann es bei einer Trennung der Eltern zu Problemen kommen, so dass nötigenfalls mit gerichtlicher Hilfe ein Umgang zwischen den Geschwistern erreicht werden kann.