Widerruf oder Kündigung? Keine Frage. Wer sich aufgrund der historisch niedrigen Zinsen ärgert darüber ärgert, dass er aufgrund eines alten Darlehnsvertrags zur Finanzierung seiner Immobile weit mehr an Zinsen bezahlt als er bei einem Neuabschluss bezahlen müsste, wird schnell merken, dass eine Kündigung zur Umschuldung nicht lohnend ist. Dies deshalb, weil die Vorfälligkeitsentschädigung den Zinsvorteil „auffrisst“. Vor diesem Hintergrund kann es sich lohnen, die von der Bank verwendete Widerrufsbelehrung näher anzusehen. Ist nämlich diese nicht ordnungsgemäß erteilt worden, dann kann durch einen Widerruf des Darlehensvertrags eine Rückabwicklung und damit im Ergebnis eine kostengünstige Umschuldung erreicht werden. So hat der BGH hat in seinem Urteil vom 22.11.2016 (XI ZR 434/15) neuerlich eine von einer Sparkasse verwendete Widerrufsbelehrung beanstandet, weil die Bank die von ihr selbst gesetzten Anforderungen an den Lauf der Widerrufsfrist im Vertrag nicht erfüllt hat.
Darlehnsnehmer schließt 2010 Vertrag zu einem Zinssatz von 3,95 % mit einer Laufzeit bis 2016 ab und widerruft
Der Kläger schloss im August 2010 mit einer Sparkasse einen Immobiliendarlehnsvertrag über 273.000 € mit einer Laufzeit bis November 2026 ab, wobei die Verzinsung für 10 Jahre in Höhe von 3,95 € per anno festgeschrieben war. Die Sparkasse erteilte unter Nr. 14 des Darlehensvertrags eine Widerrufsinformation, die unter anderem folgenden Satz enthielt:
„Die Frist [gemeint: die Widerrufsfrist] beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat“.
Im August 2013 widerrief der Kläger dann seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung. Da die Bank den Widerruf nicht akzeptieren wollte, erhob der Kläger Feststellungsklage um feststellen zu lassen, dass die Vertragsbeziehung durch den Widerruf beendet worden ist und unterlag.
BGH hebt das klageabweisende Urteil auf und weist zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurück
Nachdem der Kläger zunächst vor Gericht kein Glück hatte, das Berufungsgericht aber die Revision zugelassen hat, hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies den Rechtsstreit zur neuerlichen Verhandlung an das Berufungsgericht zurück. Zur Begründung haben die Richter ausgeführt:
„In Übereinstimmung mit dem Senatsurteil vom 23.02.2016 (XI ZR 101/15, WM 2016, 706 Rn. 24 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ), das dasselbe Formular des Deutschen Sparkassenverlags betraf, hat das Berufungsgericht geurteilt, die äußere Gestaltung der Widerrufsinformation habe den gesetzlichen Anforderungen genügt.
Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, die Widerrufsinformation sei inhaltlich klar und verständlich gewesen. Die Wendung, die Widerrufsfrist beginne „nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat“, informierte für sich klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist.
Die von der Beklagten zur Erläuterung des Verweises auf § 492 Abs. 2 BGB in einem Klammerzusatz angefügten Beispiele entsprachen zwar nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil sie mit den Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags und der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde „Pflichtangaben“ benannten, die für den Immobiliardarlehensvertrag der Kläger nicht einschlägig waren.
In der Angabe dieser beiden zusätzlichen Pflichtangaben lag indessen das von den Klägern angenommene vertragliche Angebot der Beklagten, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der zusätzlichen Erteilung dieser beiden Angaben im Immobiliardarlehensvertrag abhängig zu machen.
Das Berufungsurteil hatte gleichwohl keinen Bestand, weil die Beklagte im Immobiliardarlehensvertrag keine Angaben zu der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht und damit nicht sämtliche Bedingungen erfüllt hat, von denen sie selbst das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig gemacht hat.
Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr der Frage nachzugehen haben, ob sich die Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechtmissbräuchlich verhalten haben und welche Rechtsfolgen der Widerruf der Kläger – seine Wirksamkeit unterstellt – hat.“
Der Fall zeigt, dass derjenigen, der das gesetzliche Widerrufsrecht modifiziert, dann aber die eigenen Modifizierungen nicht einhält, sich daran festhalten lassen muss.