Das gesetzliche Widerrufsrecht ist für Verbraucher nicht nur bei Fernabsatzgeschäft, sondern auch bei Haustürgeschäften ein für Unternehmer nicht zu unterschätzendes „scharfes Schwert“. Diese Erfahrung musste in einem vom OLG Celle mit Urteil vom 12.01.2022 (14 U 111/21) zugunsten eines Verbrauchers entschieden Rechtsstreits auch ein Heizungsinstallateur machen, der, nachdem nach Einbau der Heizanlage der Verbraucher den Vertrag, der vor Ort, also nicht in den Geschäftsräumen des Unternehmers, abgeschlossen worden war, nicht nur die bereits erlangten Zahlungen zurückzahlen, sondern auch die Heizanlage wieder ausbauen musste.
Streit um restlichen Werklohn endet mit unliebsamer Überraschung für Heizungsinstallateur
Die Parteien hatten einen Vertrag über den Einbau einer neuen Wärmepumpe nebst Pufferspeicher im Wohnhaus des Beklagten abgeschlossen. Der Vertragsschluss ist dabei nicht in den Geschäftsräumen des Klägers, sondern anlässlich einer Besichtigung Örtlichkeiten im Haus des Beklagten abgeschlossen worden. Nachdem der Beklagte nach Einbau der Wärmepumpe den Kaufpreis nicht vollständig bezahlt hatte und auch nicht bezahlen wollte, zog der Unternehmer vor Gericht, um im Klageweg den restlichen Werklohn einzuklagen.
Der Beklagte reagierte darauf nun so, dass er einerseits den Vertragsschluss widerrufen hat und andererseits nun im Wege der Widerklage die unbedingte Rückzahlung der von ihm bereits gezahlten Beträge verlangte.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Kläger dazu verurteilt, die vom Beklagten gezahlten Beträge herauszugeben, allerdings nicht unbedingt, sondern nur Zug um Zug gegen den von der Beklagten zu ermöglichen den Ausbau der Wärmepumpe und des Speichers sowie der Rückübereignung dieser Gegenstände. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:
„Die Beklagten hätten den Werkvertrag wirksam widerrufen. Ihnen habe ein Widerrufsrecht gemäß §§ 312b Abs. 1 Nr. 1, 312g Abs. 1, 355 BGB zugestanden. Nach dem Wortlaut der VerbrRRL komme es ausschließlich darauf an, dass ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vorliege. Dies sei hier der Fall. Ob tatsächlich eine Überrumpelungssituation vorliege, sei nicht von Bedeutung; eine möglicherweise bestehende psychische Drucksituation sei hier indes nicht auszuschließen. Die Ausübung des Widerrufsrechts unterliege keiner Motivationskontrolle. Ein Fall unzulässiger Rechtsausübung oder Verwirkung liege hier nicht vor.
Der Kläger sei allerdings nur Zug um Zug gegen die Ermöglichung des Ausbaus des Speichers und der Wärmepumpe zur Rückzahlung der vereinnahmten Beträge verpflichtet. Die Beklagten würden zwar gemäß § 357 Abs. 8 BGB keinen Wertersatz schulden. Der Kläger sei allerdings gemäß § 357 Abs. 6 S. 3 BGB berechtigt und verpflichtet, die eingebauten Geräte und Materialien auszubauen und mitzunehmen. Die Beklagten seien aus § 357 Abs. 1 BGB verpflichtet, dies zu ermöglichen und die ausgebauten Teile rückzuübereignen; ihrer Ansicht, wegen § 357 Abs. 8 BGB seien die verbauten Geräte nicht zurückzugewähren, könne nicht gefolgt werden, und auch § 94 BGB stehe dem nicht entgegen. Zur Rückgewähr der ausgebauten Alt-Geräte bzw. Wertersatz sei der Kläger dagegen nicht verpflichtet, weil es sich bei den Alt-Geräten nicht um zurückzugewährende empfangene Leistungen im Sinne der §§ 355 Abs. 3, 357 Abs. 1 BGB handele.“
Mit dem Urteil waren beide Parteien unzufrieden, denn der Kläger einerseits wollte für seine Arbeit vollständig bezahlt werden und nicht lediglich die Möglichkeit die verbaute Heizanlage auf eigene Kosten wieder auszubauen. Der Beklagte andererseits wollte zwar sein Geld zurück, aber die Heizanlage gerade nicht herausgeben, sondern glaubte offensichtlich über das Widerrufsrecht einen Weg gefunden zu haben, zum Nulltarif eine neue Heizung zu bekommen. Jedenfalls aber wollte er die vom Unternehmer ausgebauten Altgeräte zurück und für den Fall, dass dieser sie nicht herausgeben konnte, Wertersatz.
Kein Anspruch auf Rückgewähr der Altgeräte
Beide Berufungen blieben vor dem OLG erfolglos. Die Richter haben dabei ausgeführt, dass das Urteil des Landgerichts zutreffend sei, weil ein Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften besteht und der Kläger dem Beklagten unstreitig nicht auf sein Widerrufsrecht hingewiesen hatte, so dass die Widerrufsfrist nicht angelaufen war.
Für die Annahme eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages gem. § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB komme es nur auf den Ort des Vertragsschlusses an; ob eine Drucksituation bestand, eine Überrumpelung des Verbrauchers erfolgte oder ob der Verbraucher nicht in der Lage war, eine hinreichend fundierte Entscheidung zu treffen, sei unerheblich.
Folge des Widerrufs ist, so die Richter, dass die jeweils empfangenen Leistungen sind die jeweils empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind, §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB. Der Verbraucher, in dessen Haus nach dem Vertrag eine Heizungsanlage eingebaut wurde, erfülle seine Rückgewährverpflichtung dadurch, dass er dem Unternehmer den Ausbau der Vertragsgegenstände ermöglicht und diese rückübereignet.
Hat der Unternehmer das vor dem Einbau der neuen Heizungsanlage ausgebaute Altgerät nicht als Vertragsleistung im Sinne der §§ 355 Abs. 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB von dem Verbraucher empfangen, muss er dem Verbraucher nach wirksamem Vertragswiderruf das Altgerät nicht nach diesen Vorschriften zurückgewähren. Zur Begründung haben die Richter ausgeführt:
„Zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass die Beklagten dem Kläger nicht entgegenhalten können, dass dieser seinerseits die Altgeräte herausgeben bzw. ggf. Wertersatz dafür leisten muss, weil der Kläger insofern keine Leistungen der Beklagten im Sinne der §§ 355 Abs. 3, 357 Abs. 1 BGB empfangen hat. Jedenfalls ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagten dem Kläger die Altgeräte als Teil des Vertrags überlassen haben, etwa zur weiteren Verwertung oder dergleichen. Insbesondere ist dem Auftrag (vgl. jeweils Anlagenband Kläger und Beklagte) insofern nichts zu entnehmen.“
Anmerkung:
Der Fall verdeutlicht, dass Unternehmer, wollen sie nicht wie hier der Heizungsinstallateur unliebsame Überraschungen überleben, entweder stets darauf drängen müssen, dass ein Vertragsschluss nicht im Haus des potentiellen Neukunden stattfindet, sondern in ihren Vertragsräumen oder aber, dass stets Neukunden, jedenfalls dann, wenn es sich um Verbraucher handelt, ordnungsgemäß über ein etwaiges Widerrufsrecht belehrt werden. Nur dann besteht nach Ablauf der Widerrufsfrist Rechtssicherheit und der Unternehmer ist davor geschützt, so wie hier, nach bereits erbrachter Leistung, mit den Folgen eines Widerrufs konfrontiert zu werden. Diese Thematik gilt natürlich nicht nur für Heizungsinstallateure, sondern für jeden, der in der Hoffnung ein neues Geschäft zu akquirieren, zum Kunden geht, um dann dort, wenn die Präsentation des eigenen Unternehmens erfolgreich war, einen Vertrag abzuschließen. Wir haben schon Fälle von beispielsweise Maklern oder Architekten gehabt, die genau aus diesem Grund am Ende dann das Nachsehen hatten. Während der Heizungsinstallateur jedenfalls dem Kunden noch den Spaß an einer kostenlosen Heizanlage dadurch vermiesen konnte, dass er die verbauten Geräte wieder ausbaut, würde sich beispielsweise ein Maler, der das komplette Haus gestrichen hat, schwertun. Wer hier clever und dreist genug ist und einen in Rechtsdingen nicht bewanderten Unternehmer trifft, der kann hier vom Gesetzgeber gut gemeinte Regelungen zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil verbiegen.
Haben auch Sie Probleme mit dem Widerruf eines Vertrags oder aber möchten Sie dabei unterstützt werden, um sich durch Widerruf vom Vertrag zu lösen, dann beraten und vertreten wir Sie gerne, bundesweit.