Der Coronavirus ist nicht nur eine Herausforderung für das menschliche Immunsystem, sondern auch für unser westliches Wirtschaftssystem. War das Herzstück der deutschen Wirtschaft, nämlich die Automobilbranche, mit ihren zahlreichen mittelständischen Zulieferern, bereits zuletzt nicht nur durch den Dieselskandal einerseits, sondern auch die Penetranz der Deutschen Umwelthilfe e.V., die nicht müde wurde in zahlreichen deutschen Großstädten gerichtlich Dieselfahrverbot durchzusetzen, arg gebeutelt, dreht sich das Rad nun noch schneller nach unten. Gestern haben Volkswagen und Opel die vorübergehende Einstellung ihrer Produktion angekündigt, heute zieht BMW nach…
Während die großen DAX-Konzerne öffentlich und sichtbar leiden, leiden mittelständische und kleinere Unternehmen, nicht nur aus dem Umfeld der Automobilbauer still und leise. Nicht nur die Furcht vor der unsichtbaren Gefahr durch den Coronavirus treibt die Menschen um, sondern Unternehmer fürchten um den Fortbestand Ihres Unternehmens und Arbeitnehmer um ihren Arbeitsplatz.
Für Arbeitgeber, deren Betriebe krisenbedingt zum Erliegen kommen, ist die Situation besonders fatal, weil nicht nur die allgemeinen Fixkosten, wie beispielsweise Miete und Fuhrpark, trotz Stillstand, weiterlaufen, sondern gerade die Personalkosten erweisen sich bei plötzlichem Stillstand oft als fatal. Nach der arbeitsrechtlichen Konzeption des Gesetzgebers zur Risikoverteilung liegt nämlich in derartigen Fällen die Kostenlast regelmäßig stets beim Arbeitgeber. Kann er seine Arbeitnehmer nicht beschäftigen, dann ist dies, so der Gedanke, sein Problem. Er kann zwar durch den Ausspruch von Kündigungen, unter Einhaltung der gesetzlich oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen, Personal abbauen, bis dahin schuldete aber Lohn auch ohne Arbeit. Gerade dann, wenn die Dauer einer Krise nicht absehbar oder nur schwer kalkulierbar ist, dann stehen Arbeitgeber vor einem Dilemma. Entweder die Belegschaft weiter behalten und bezahlen und Monat für Monat Substanz verbrennen oder aber Personalkosten durch Personalabbau reduzieren. Da der Ausspruch von Kündigungen aber wiederum aus Gesetzgeberssicht sozialschädlich ist, weil dann Arbeitnehmer sich von Steuerzahlern zu Empfängern von Sozialleistungen, nämlich Arbeitslosengeld I, entwickeln, gibt es zur Bewältigung vorübergehender Krisen für Arbeitgeber die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen durch die Anordnung von Kurzarbeit einen Teil der Personalkosten auf die Arbeitsagentur abzuwälzen. Aufgrund der von der Bundesregierung kurzfristig geänderten Regelungen zur Kurzarbeit könnte jetzt im Rahmen der Coronakrise nicht nur Unternehmen deutlich leichter und schneller von dieser Möglichkeit profitieren, sondern auch Leiharbeitsfirmen haben jetzt die Chance in den Genuss dieser Transferleistung zu kommen. Wenn auch Sie eine Lösung für Ihr Unternehmen suchen, dann sagen wir Ihnen nachfolgend was geht und was nicht geht und worauf Arbeitgeber achten müssen.
Kurzarbeit und Bezug von Kurzarbeitergeld (KUG)
Augenblicklich sieht es so aus, dass hinsichtlich Kurzarbeit die Arbeitsagenturen noch auf Basis der alten Gesetzeslage handeln. Eine vorübergehend geltende Modifizierung der aktuellen Rechtslage, die es Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb durch den Coronavirus beeinträchtigt ist, ermöglichen soll flexibel auf den vorübergehenden Wegfall an Beschäftigungsbedarf zu reagieren, ist von der Bundesregierung bereits beschlossen und der Bundespräsident hat das neue Gesetz bereits am 13. März unterzeichnet. Es muss jetzt nur noch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Es tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und gilt rückwirkend ab dem 01.03.2020.
Die wesentlichen Eckpunkte sind:
- Zukünftig erhalten Unternehmen bereits KUG, wenn nur zehn Prozent der Arbeitnehmer eines Betriebes vom Arbeitsausfall betroffen sind. Vorher war ein Arbeitsausfall für 30 Prozent der Belegschaft erforderlich.
- Unternehmen müssen künftig keine Sozialversicherungsbeiträge mehr auf das KUG zahlen
- Es ist nicht mehr erforderlich, den Arbeitsausfall vor der Beantragung von KUG durch Abbau von Plusstunden auf einem Arbeitszeitkonto zu kompensieren.
- Von der Regelung profitieren auch Zeitarbeitsunternehmen.
Die neuen Regelungen bewirken also, dass für Arbeitgeber die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld einfacher und auch attraktiver wird. Gleichwohl steckt der Teufel im Detail, weil Arbeitgeber nicht etwa einseitig Kurzarbeit anordnen könnten und darüber hinaus auch bestimmte Voraussetzungen zur Gewährung von Kurzarbeitergeld erfüllt sein müssen.
Vereinbarung über Kurzarbeit mit Mitarbeitern
Damit überhaupt der Weg über Kurzarbeit beschritten werden kann ist zunächst aus arbeitsrechtlicher Sicht erforderlich, dass Kurzarbeit zulässig ist. Dies kann sich entweder aus dem Arbeitsvertrag oder aber aus einer Betriebsvereinbarung ergeben.
Für Betriebe mit Betriebsrat
Gibt es in ihrem Unternehmen einen Betriebsrat und sie haben noch keine Regelung über die Kurzarbeit im Rahmen einer Betriebsvereinbarung getroffen, dann müssen Sie zunächst kurzfristig sich mit dem Betriebsrat über eine solche Vereinbarung verständigen.
Für Betriebe ohne Betriebsrat
Gibt es in Ihrem Unternehmen keinen Betriebsrat und enthalten die Arbeitsverträge auch keine Klausel dazu, die sie berechtigen würden Kurzarbeit anzuordnen, dann müssen Sie jetzt mit den Arbeitnehmern eine Vereinbarung treffen. Eine solche könnte in einem Nachtrag zum Arbeitsvertrag erfolgen und beispielsweise folgenden Wortlaut haben:
Nachtrag zum Arbeitsvertrag vom …
Der Arbeitgeber ist berechtigt, Kurzarbeit anzuordnen, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, und der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt ist (§§ 95 ff. SGB III). Für die Dauer der Kurzarbeit vermindert sich die unter § … geregelte Vergütung im Verhältnis zur ausgefallenen Arbeitszeit. Der Arbeitgeber hat eine Ankündigungsfrist von drei Wochen einzuhalten.
Tipp: Grundsätzlich empfiehlt es sich aus Arbeitgebersicht, je nach Betriebsgröße, die Problematik offen im Rahmen einer kurzfristig anberaumten Betriebsversammlung anzusprechen. In dieser sollten Sie die Mitarbeiter darauf hinweisen, dass dieser Schritt unabdingbar ist, weil ansonsten Kündigungen ausgesprochen werden müssten. Durch die dadurch entstehende Gruppendynamik ist es meist einfacher Quertreiber innerhalb der Belegschaft „einzufangen“, als sofort in Einzelgesprächen zu versuchen eine Regelung über Kurzarbeit als Nachtrag zum Arbeitsvertrag zu vereinbaren.
Monitoring und Voraussetzungen
Voraussetzung für die Bewilligung von KUG ist ein erheblicher Arbeits- und Entgeltausfall, der entweder auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen kann. Gründe für Kurzarbeit können daher unter anderem Absatzrückgang, Rohstoffmangel, Unterbrechungen der Lieferkette oder ähnliches sein, sofern diese unvermeidbar sind. Die coronabedingten betrieblichen Einschränkungen können daher einen Anspruch auf KUG begründen. Die gesetzliche Modifikation ist hier extra dafür erlassen worden.
Sinn und Zweck des KUG ist, Entlassungen zu vermeiden. KUG wird daher nur gewährt, wenn der Arbeitsausfall aus einer ex-ante Perspektive vorübergehend ist. Mit anderen Worten: KUG darf nicht zur Vorbereitung eines Personalabbaus genutzt werden. Insofern ist das KUG in einer Zeit, in der die Krise auf den anhaltenden Fachkräftemangel trifft, auch das geeignete Mittel.
Es sollte daher möglichst frühzeitig ein engmaschiges Monitoring des Arbeitsvolumens stattfinden. Ziel des Monitorings ist es, im Fall der Fälle nicht juristische Feinfragen zu klären, sondern unverzüglich KUG beantragen zu können. Daher sollte die betriebliche Situation spätestens jetzt intensiv gemonitort werden.
Für die Gewährung des KUG ist nicht Arbeitsausfall im ganzen Unternehmen erforderlich. Auch, wenn einzelne Bereiche noch unter Volllast fahren, kann für die vom Ausfall betroffenen Betriebsteile isoliert KUG beantragt werden. Ebenso kann der Bezug von KUG ohne weiteres unterbrochen werden, sofern die Auftragslage wieder anzieht.
Augenblicklich müssen noch 30 % der Mitarbeiter von der Krise betroffen sein; sobald die coronabedingten Neuerungen Kraft getreten sind reichen 10 % aus. Als Einschränkung gilt noch, dass Kurzarbeitergeld nur für Mitarbeiter gezahlt wird, die sich noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden.
Anzeige der Kurzarbeit bei der Arbeitsagentur
KUG wird erst ab dem Monat gewährt, in dem der Arbeitsausfall bei der Agentur (AfA) für Arbeit schriftlich angezeigt wurde. Diese Anzeige sollte daher frühzeitig vorgenommen werden. Die Meldung ist auch online möglich.
In der Anzeige muss der Arbeitgeber zunächst die Ursachen für den Arbeitsausfall begründen. Daraufhin erlässt die AfA in der Regel sehr kurzfristig einen Anerkennungsbescheid, mit dem KUG bei Vorliegen der Voraussetzungen anerkannt wird.
In einem zweiten Schritt müssen Sie das KUG für jeden einzelnen von dem Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer errechnen und mittels eines Formulars der AfA beantragen. Hierfür gilt eine Ausschlussfrist von drei Monaten beginnend mit dem Monat, für den erstmalig KUG beantragt wurde. Die AfA erstattet den Unternehmen dann das von ihm verauslagte KUG.
Eine vom Bund eingerichtete Hotline finden Sie unter folgender Nummer: 030/18615-1515, (Mo-Fr., 9-17 Uhr).
Förderdauer
Die Förderdauer beträgt grundsätzlich maximal 12 Monate. In Einzelfällen kann durch Verordnung die Förderdauer auf bis zu 24 Monate verlängert werden.
Kündigung bzw. Änderungskündigung
Soll dagegen Personal dauerhaft abgebaut werden, dann kommt nur eine (betriebsbedingte) Kündigung in Betracht. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob im Betrieb das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet.
Betriebe mit weniger als 10 Mitarbeitern
Im Kleinbetrieb, d. h. unter 10 Mitarbeitern, findet das Kündigungsgesetz keine Anwendung. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber grundsätzlich in seiner Entscheidung zu kündigen frei ist. Diese Entscheidung ist gerichtlich nur eingeschränkt daraufhin nachprüfbar, ob sie willkürlich ist. Vor diesem Hintergrund könnten also problemlos, wenn aufgrund der Krise Arbeitsplätze wegfallen, die Arbeitsverhältnisse durch Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist beendet werden.
Betriebe mit mehr als 10 Mitarbeitern
In Betrieben mit mehr als 10 Mitarbeitern gilt auch jetzt das Kündigungsschutzgesetz. Dies bedeutet die Kündigung muss unter Beachtung der Sozialauswahl sozial gerechtfertigt sein.
Ist der Arbeitsplatz nicht ganz weggefallen, so könnte auch eine Änderungskündigung in Betracht kommen. Wenn also beispielsweise Mitarbeiter bisher 40 Stunden gearbeitet hat, Sie ihn aber nur noch für 20 Stunden beschäftigen können, dann könnte theoretisch auch der Arbeitsvertrag über 40 Stunden gekündigt und gleichzeitig ein Vertrag über 20 Stunden angeboten werden. Dann spricht man von einer Änderungskündigung. Da diese das mildere Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung darstellt, wäre sie grundsätzlich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorrangig zu wählen. Andernfalls wäre eine Beendigungskündigung wegen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unwirksam.
Bei einer Änderungskündigung haben Arbeitnehmer drtei Reaktionsmöglichkeiten, nämlich
- uneingeschränkte Annahme des Angebots
- Annahme unter dem Vorbehalt arbeitsgerichtliche Ablehnung
- Ablehnung
Während dem erstgenannten Fall das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortgeführt wird, wird im zweitgenannten Fall das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist zu geänderten Bedingungen so lange fortgesetzt, bis das Arbeitsgericht im Rahmen einer vom Arbeitnehmer erhobenen Änderungskündigungsklage rechtskräftig festgestellt hat, dass die Änderungskündigung nicht gerechtfertigt war.
Lehnt der Arbeitnehmer dagegen die angebotene Änderung von Hauses ab und klagt dagegen, dann wird vor dem Arbeitsgericht nicht um die Frage der Wirksamkeit der Änderung gestritten, sondern um die Frage, ob die Kündigung gerechtfertigt war und das Arbeitsverhältnis endgültig beendet hat.
Befindet sich Ihr Unternehmen in wirtschaftliche Schieflage? Dann beraten und unterstützen wir Sie gerne einen auf Ihr Unternehmen zugeschnittenen Weg zu finden, um die Krise (nicht nur beim Coronavirus) bestmöglich zu überstehen. Gerade aufgrund unserer Expertise nicht nur im Arbeitsrecht, sondern auch im Insolvenzrecht, haben Sie insoweit in jeder Hinsicht stets kompetente Berater zur Seite.