Sind Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet, dann erfolgt bei Beendigung der Ehe durch Tod oder Scheidung ein Zugewinnausgleich. Dies bedeutet im Fall einer Scheidung, dass derjenige Ehegatte, der während der Ehezeit einen größeren Zugewinn erzielt hat, die Hälfte davon dem anderen Ehegatten abgeben muss.
In der Praxis führt dies oft zu erheblichen langjährigen Streitigkeiten. Wir haben erst vor kurzem einen spektakulären Rechtsstreit erfolgreich abgeschlossen, der seit dem Jahr 2005 geführt worden ist und zwischendurch aufgrund einer Gesetzesänderung bis zum BGH und wieder zurück gegangen war.
Heute berichten wir von einer Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss vom 17.06.2016 -3 UF 47/15) in dem das Gericht einer Ehefrau das Recht zur Anfechtung eines Vergleichs über den Zugewinnausgleich zugebilligt hat, weil der Ehemann bewusst die Eigentumsverhältnisse am gemeinsamen Familienheim verschwiegen hatte.
Gerade dann, wenn so wie im entschiedenen Rechtsstreit, während der Ehezeit gemeinsam ein Haus gebaut wird, dann sehen die Eheleute oft dieses Haus – ungeachtet der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse – als gemeinsames Eigentum an, obwohl formell oft nur einer der Ehegatten Eigentümer ist, nämlich derjenige, der im Grundbuch eingetragen ist.
Hier hatte der Ehemann ein Erbbaurecht an einem Grundstück, auf dem dann während der Ehezeit gemeinsam ein Familienheim gebaut worden ist. Auch nach der Trennung und dem Auszug der Ehefrau samt der drei gemeinsamen Kinder, gingen die Eheleute davon aus, dass das Haus in ihrem gemeinschaftlichen Eigentum stehen würde. Diese Auffassung wurde von beiden Ehegatten auch in einem in der Folgezeit durchgeführten Scheidungsverbundverfahren, in dem die Ehefrau unter anderem den Zugewinnausgleich begehrte, von beiden Ehegatten vertreten. Das Haus hatte dabei einen Wert von rund 236.000 €. Die Parteien schlossen dann über den Zugewinnausgleich einen Teilvergleich, wonach der Ehemann gegen Zahlung von 15.000 € sämtliche vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehefrau ausgleicht. Obwohl er wenige Wochen vor dem Gerichtstermin bei einer Überprüfung des Erbbaurechts davon Kenntnis erlangt hatte, dass er als alleiniger Inhaber des Erbbaurechts auch alleiniger Eigentümer des Hauses ist, hat er die Ehefrau darüber nicht aufgeklärt, sondern beim Vergleichsschluss in dem Glauben gelassen, dass diese hälftige Miteigentümerin des Hauses sei.
Nachdem dann später der Ehefrau die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse bekannt geworden waren, hat sie den Teilvergleich zunächst erfolglos beim Familiengericht angefochten und Fortsetzung des Zugewinnausgleichsverfahrens verlangt. Erfolglos deshalb, weil das Familiengericht den Teilvergleich als wirksam angesehen hat und das Verfahren nicht fortsetzen wollte.
Mit ihrer Beschwerde war die Frau allerdings dann im Ergebnis doch erfolgreich.
Beim Vergleichsschluss sei sie – so die Richter -von ihrem Ehemann über ihr vermeintliches hälftiges Miteigentum an dem Haus – von dem die Eheleute zunächst über lange Zeit hinweg übereinstimmend ausgegangen waren – durch bewusst unterlassene Aufklärung arglistig getäuscht worden und deswegen zur Anfechtung berechtigt.
Die ihm noch vor dem Vergleichsschluss bekannt gewordene Rechtstatsache, dass aufgrund seines alleinigen Erbbaurechts an dem Grundstück auch das Eigentum an dem hierauf gemeinsam errichteten Haus allein ihm zustehe, habe der Ehemann im vorliegenden Fall ungefragt offenbaren müssen. In der Annahme ihres hälftigen Miteigentums am Haus habe die Ehefrau einen erheblich geringeren Zugewinnausgleichsanspruch errechnet.
Die Fehlvorstellung über die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse an dem Haus – bei der es sich nicht etwa um eine den anderen Ehegatten nicht zur Aufklärung verpflichtende rein rechtlich falsche Beurteilung handele – sei für ihre Zustimmung zum Vergleich ausschlaggebend gewesen. Nachdem beide Eheleute im Verfahren über einen längeren Zeitraum und auch übereinstimmend von ihrem Miteigentum ausgegangen seien, sei die Ehefrau nicht mehr gehalten gewesen, diese Tatsache vor dem Vergleichsabschluss zu überprüfen.
Demgegenüber sei der Ehemann, der die Fehlvorstellung durch seinen Vortrag zunächst noch bekräftigt habe, nach Bekanntwerden der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse gehalten gewesen, diese im Verfahren ungefragt zu offenbaren. Ihm sei bekannt gewesen, dass der vom hälftigen Miteigentum ausgehende Vergleichsbetrag seine Ehefrau wirtschaftlich erheblich benachteilige und sie beim Aufdecken der Fehlvorstellung einen deutlich höheren Zugewinnausgleich fordern würde.
Anmerkung:
Hier hatte letzten Endes nicht nur die Frau Glück, dass das Zugewinnausgleichsverfahrens fortgesetzt wird, sondern auch der die Ehefrau im Scheidungsverfahren vertretende Rechtsanwalt. Wäre es nämlich dabei geblieben, dann wäre dies ein Haftungsfall des Anwalts gewesen, weil bei einer Vertretung im Rahmen eines solchen Zugewinnausgleichsverfahrens vom Rechtsanwalt erwartet werden kann, dass ihm auch bei dem Erbbaurecht geläufig ist, dass dabei – ähnlich wie bei Grundeigentum – der Inhaber des Erbbaurechts das Eigentum an einer errichteten Immobilie erwirbt und es nicht maßgeblich darauf ankommt, dass diese gemeinsam errichtet und während der Ehezeit gemeinsam genutzt wurde.