Die Frage, unter welchen Bedingungen Vermieter bei Schäden an einer Mietwohnung mit der Kaution aufrechnen dürfen, ist ein häufiger Streitpunkt in Mietverhältnissen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 10.07.2024 – VIII ZR 184/23) klargestellt, dass die Aufrechnung mit einem verjährten Schadensersatzanspruch im Rahmen der Kautionsabrechnung möglich ist, auch wenn der Vermieter die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis nicht innerhalb der Verjährungsfrist ausgeübt hat. Dieser Artikel erläutert die wesentlichen Aspekte dieser Entscheidung und deren Auswirkungen auf Mietverhältnisse.
Sachverhalt der Entscheidung
Im zugrunde liegenden Fall verlangte die Klägerin nach Beendigung ihres Wohnungsmietvertrages und Rückgabe der Wohnung am 8. November 2019 die Rückzahlung der von ihr geleisteten Barkaution in Höhe von etwa 780 Euro. Der Vermieter rechnete jedoch mit Schreiben vom 20. Mai 2020 über die Kaution ab und erklärte die Aufrechnung mit streitigen Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache in einer das Kautionsguthaben übersteigenden Höhe. Die Klägerin berief sich auf Verjährung, was in den Vorinstanzen (Amtsgericht Erlangen, Urt. v. 7. Juli 2022 – 1 C 302/21 und Landgericht Nürnberg-Fürth, Urt. v. 25. Juli 2023 – 7 S 3897/22) zur erfolgreichen Klage führte.
Entscheidung des BGH
Der BGH hob die Urteile der Vorinstanzen auf und stellte klar, dass eine im Wohnraummietverhältnis getroffene Barkautionsabrede dahingehend auszulegen ist, dass die Möglichkeit des Vermieters, sich im Rahmen der Kautionsabrechnung durch Aufrechnung zu befriedigen, nicht an der fehlenden Ausübung der Ersetzungsbefugnis innerhalb der Verjährungsfrist scheitern soll.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht hatte die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB herangezogen und argumentiert, dass keine Gleichartigkeit der Forderungen innerhalb dieser Frist bestand, da der Vermieter die Ersetzungsbefugnis nicht ausgeübt hatte. Deshalb sei die Ausnahmeregelung des § 215 BGB mangels Gleichartigkeit der Forderungen nicht anwendbar. Der BGH stellte jedoch klar, dass die Sicherungsfunktion der Barkaution und die beiderseitigen Interessen der Parteien eine solche formale Betrachtung nicht rechtfertigen.
Der Vermieter soll nach Beendigung des Mietverhältnisses auf einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch befriedigt werden können. Die Ersetzungsbefugnis ist ein formaler Schritt, der nicht zwingend innerhalb der Verjährungsfrist erfolgen muss, da die eigentliche Abrechnung der Kaution auch danach möglich ist.
Fazit
Die Entscheidung des BGH bringt Klarheit in die Frage der Aufrechnung mit verjährten Schadensersatzansprüchen im Rahmen der Kautionsabrechnung. Vermieter können nun auch nach Ablauf der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche diese im Rahmen der Kautionsabrechnung geltend machen, sofern die Ersetzungsbefugnis nicht ausgeübt wurde. Diese Entscheidung stärkt die Position der Vermieter und betont die Sicherungsfunktion der Mietkaution. Mieter sollten sich bewusst sein, dass die Rückforderung der Kaution auch nach Verjährung von Schadensersatzansprüchen gefährdet sein kann, wenn der Vermieter Ansprüche geltend macht.
Die rechtliche Klärung durch den BGH verdeutlicht die Notwendigkeit, Mietverträge sorgfältig zu prüfen und bei Schäden unverzüglich zu handeln. Diese Entscheidung wird sicherlich zu einer veränderten Praxis bei der Abrechnung von Mietkautionen führen und sowohl Vermieter als auch Mieter sensibilisieren.