Im Deutschen Erbrecht gilt nach § 1922 BGB das Prinzip der sog. Universalsukzession (= Gesamtrechtsnachfolge). Dies bedeutet der Nachlass geht damit als Ganzes und ungeteilt auf den oder die Erben über. Erben mehrere Personen, dann entsteht eine sog. Erbengemeinschaft. Gerade wenn auch eine Immobilie zum Nachlass zählt, beginnen dann oft die Probleme. Da sich insoweit in unserer täglichen Beratungspraxis immer wieder ähnliche Konstellationen ergeben, insbesondere, es darum geht, dass über einen Erbteil oder über Nachlassgegenstände verfügt werden soll bzw. die Immobilie zur Beschaffung von Liquidität bzw. als Sicherheit belastet werden soll, möchten wir Ihnen nachfolgend einige Denkanstöße liefern.
Darf ein Miterbe über einzelne Nachlassgegenstände verfügen?
Nein. Eine Verfügung über einzelne Nachlassgegenstände ist tabu. Hierüber müssen die Miterben grundsätzlich stets gemeinschaftlich entscheiden.
Im Rahmen einer ungeteilten Erbengemeinschaft kann ein Miterbe lediglich über seinen Erbteil verfügen, also diesen beispielsweise an einen Dritten veräußern. Gerade dann, wenn eine Erbengemeinschaft emotional streitbefangenen ist und ein Miterbe keine Lust hat sich über Jahre oder noch länger mit den Geschwistern oder sonstigen Miterben gerichtlich auseinandersetzen, kann der Verkauf des Erbteils eine Möglichkeit sein elegant die Probleme loszuwerden und den anderen zu überlassen. Es gibt professionelle Aufkäufer, die bereit sind durch den Erwerb eines solchen Anteils in die Erbengemeinschaft einzusteigen und damit die Probleme emotionslos zu übernehmen.
Kann in ungeteilter Erbengemeinschaft ein Immobilienanteil belastet werden?
Oftmals stellt sich das Problem, dass in einer zum Nachlass gehörenden Immobilie einer der Erben wohnt, während der andere Miterbe mit Immobilie nichts am Hut hat. Die Interessen sind hier schnell sehr gegenläufig, denn während der eine ein Interesse daran hat, sein Zuhause in Schuss zu halten, möchte der andere unter Umständen dafür gerade kein Geld ausgeben.
Kommt in einem solchen Fall keine Einigung darüber zustande, dass einer der Miterben den Anteil erwirbt, wird eine solche Konstellation oft über eine Teilungsversteigerung gelöst. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Kapitalmarktentwicklung, wonach immer mehr Banken dazu übergehen, für geparkte Gelder Strafzinsen zu erheben, aber auch deshalb, weil Immobilien als gute Kapitalanlage gesehen werden, kann es auch vorkommen, dass eine solche Immobilie im Nachlass über längere Zeit nicht auseinandergesetzt wird. Dann taucht oft die Frage auf, ob der in der Immobilie lebende Miterbe, wenn Renovierungsmaßnahmen erforderlich sind, beispielsweise weil die Fenster erneuert oder das Dach neu gedeckt soll, kurzerhand die Immobilie hierfür belasten darf.
Dies ist grundsätzlich nicht der Fall. Hier gilt das Vorgesagte. Nach § 2038 BGB wird der Nachlass gemeinschaftlich verwaltet. Dies besagt, dass grundsätzlich gemeinschaftlich gehandelt werden muss, also nur ein klagbarer Mitwirkungsanspruch besteht und nur die zur Erhaltung notwendigen Maßregeln jeder Miterbe ohne Mitwirkung des anderen treffen kann.
Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass grundsätzlich nur dringliche Maßnahmen allein veranlasst werden dürfen. Dies ist also die Ausnahme. Die Regel ist, dass dann, wenn der andere Miterbe nicht mitwirkt, dessen Mitwirkung zunächst gerichtlich erzwungen werden muss. Deshalb ist auch davon abzuraten die Renovierung daneben auf eigene Kosten durchzuführen, weil aus diesem Grund auch die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen erschwert ist. Ist beispielsweise nach einem Sturm ein Loch im Dach, dass schnell geschlossen werden muss, dann könnte für eine solche Notreparaturen noch ein Miterbe allein entscheiden; Muster gegen das gesamte Dach neu gedeckt werden, dann ist hierfür die Zustimmung aller Miterben erforderlich.
Wird aber dringend anderweitig Liquidität benötigt, um beispielsweise den Lebensunterhalt, eine Heimunterbringung o. ä. zu finanzieren, dann könnte eine solche Liquidität über eine Verpfändung des Erbteils erreicht werden. Ein Miterbe darf zwar ohne Zustimmung der anderen Miterben nicht über einzelne Nachlassgegenstände verfügen. Er kann aber seinen gesamten Erbteil veräußern. Daher ist es konsequent, dass der Erbteil als solches auch verpfändet werden kann, beispielsweise als Sicherungsmittel für einen Kredit. Der Verpfändungsvertrag bedarf nach §§ 1273, 1274, 2033 Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung.
Aufteilung der Immobilie schafft Handlungsspielraum
Besteht also unter den Miterben Uneinigkeit dann kann bei unterschiedlichen Interessenlage beispielsweise aber auch ein finanzieller Handlungsspielraum für den klammen Erben dadurch geschaffen werden, dass eine Auseinandersetzung über die Immobilie erfolgt, also beispielsweise dann bei zwei Miterben nicht mehr die Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen ist, sondern jeder Miterbe zu 1/2. Im Gegensatz zum Immobilienanteil in der Erbengemeinschaft kann ein Miteigentumsanteil mit einer Grundschuld belastet werden und kommt damit als Sicherungsmittel in Betracht. Dies ergibt sich aus den §§ 1114, 1192 Abs. 1 BGB.
Haben auch sie Probleme in ihre Erbengemeinschaft? Wir unterstützen Sie gerne bundesweit.
Ansprechpartner zum Erbrecht:
Rechtsanwalt Graf ist auch Testamentsvollstrecker sowie Kooperationsmitglied im DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V.). und DIGEV (Deutsche Interessengemeinschaft für Erbrecht und Vorsorge e. V.)
Rechtsanwalt Detzer wird regelmäßig von den Amtsgerichten Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen als Nachlasspfleger bestellt.