Kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche können grundsätzlich nicht nur geltend gemacht werden, wenn ein Sachmangel vorliegt, sondern auch eine fehlerhafte Montageanleitung kann nach § 434 Abs. 2 S. 2 BGB zu Gewährleistungsansprüchen führen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth (10 O 1453/22) hat in seinem Urteil vom 08.12.2022 entschieden, dass eine solche Fehlerhaftigkeit auch dann verneint werden kann, wenn einem der Kaufsache beigefügten Teilegutachten mit Montageanleitung zusätzlich ein Beipackzettel beigefügt wird, aus dem sich ergibt, dass zur Montage in bestimmten Fällen nicht die mitgelieferten Muttern, sondern die Originalmuttern verwendet werden müssen und eine Schadensersatzklage abgewiesen.
Unfall nach Einbau eines Traggelenks führt zu Rechtsstreit
Der Kläger kaufte am 10.05.2021 bei dem Beklagten das Produkt Traggelenk TRC0003 für sein Kraftfahrzeug VW Golf 7 zum Preis von insgesamt 168,18 € brutto. Der Beklagte bezieht dieses Produkt von einem Händler und vertreibt es. Das Produkt wird stets, so auch im streitgegenständlichen Fall, mit einer Mutter und entsprechender Beilagscheibe geliefert. Die gelieferte Beilagscheibe darf ausschließlich bei Radträgern aus Stahl, beispielsweise beim VW Golf V und VI, verwendet werden und nicht bei solchen aus Aluminium wie beim VW Golf VII. Bei Aluminium-Radträgern darf nur die Original-Mutter mit breiterer Auflagefläche verwendet werden. Im Karton, den der Kläger bei Erwerb des Produkts erhalten hat, befanden sich zwei Mal Traggelenk für links und rechts mit zugehörigen Muttern und Beilagscheiben, eine Einbauanleitung (“Fitting Instructions“, Anlage K3) sowie das TÜV-Teilegutachten (Anlage K 4). Zwischen den Parteien ist streitig, ob sich im Karton zudem auch ein gesonderter Einbauhinweis, wonach bei Aluminium-Radträgern nur die Original-Mutter zur Befestigung des Gelenks verwenden verwendet werden darf. Der Kläger, bestreitet dies. Er hatte die mitgelieferten Muttern verwendet und war dann nach dem Einbau mit dem Fahrzeug verunfallt, wobei am Fahrzeug ein Schaden von rund 12.000 € entstanden ist.
Beipackzettel neben eigentliche Montageanleitung und Teilegutachten reicht aus
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat die Klage abgewiesen. Nach einer Beweisaufnahme, zu der die Richterin mehrere Zeugen vernommen hat, war sie zu der Überzeugung gelangt, dass der beweisbelastete Kläger nicht den Nachweis erbringen konnte, dass in seiner Lieferung ein solcher Beipackzettel gefehlt habe. Dies deshalb, weil die vernommenen Zeugen, alles Zwischenhändler aus der Tuningbranche, ausgesagt hatten, dass bei den Lieferungen, die sie kontrolliert hatten, stets in dem Karton auch ein Zettel des Beklagten neben dem Teilegutachten vorhanden gewesen sei, in dem explizit darauf verwiesen wird, dass bei Aluminiumradträgern die mitgelieferten Muttern nicht verwendet werden dürfen.
Die Argumentation des Klägers, dass der Beklagte dann sein Produkt zum einen nicht hätte für den Golf 7 anbieten dürfen und zum anderen auch in die mitgelieferten Teilegutachten der Golf 7 ausdrücklich genannt wird, hat das Gericht mit der Begründung eine Absage erteilt, dass es dem Beklagten frei stünde, von der Montageanleitung und dem Teilegutachten abweichende Einbauhinweise auf einem gesonderten Zettel händisch an die Plastikverpackung des Produkts zu tackern.
Anmerkung:
Wo gearbeitet wird, passieren Fehler. Letztlich ist offengeblieben, ob der Lieferung des Klägers tatsächlich ein solcher Handzettel, denn der Beklagte nach eigenen Angaben selbst einlegt, beigefügt war oder nicht. Dass das Gericht hier insoweit nach Beweislastgrundsätzen geurteilt hat, in dem es alle Aussagen gleich glaubwürdig eingestuft hat, ist nicht ungewöhnlich, sondern grundsätzlich üblich. Bei widersprechenden Aussagen verliert regelmäßig derjenige, der die Beweislast trägt (es gibt aber durchaus auch andere Fälle, weil wir erst unlängst einen Rechtsstreit vor dem Amtsgericht München geführt haben, in dem der Richter eine Verurteilung ausschließlich auf Grundlage die informatorische Anhörung des Klägers vorgenommen hat…).
Die Begründung des Gerichts, dass ein Beipackzettel, aus dem hervorgeht, dass das Produkt, jedenfalls so wie es geliefert wird, für eine Verwendung an einem Fahrzeug des Typs Golf 7 nicht geeignet ist und dies, obwohl der Beklagte dieses zum einen ohne Einschränkung so auf seiner Internetseite zum Kauf angeboten hatte und auch ein Gutachten beigefügt hat, in dem ohne Einschränkung eine Verwendung für den Golf 7 bescheinigt worden ist, überzeugt nicht. Dies erst recht, da der Verkäufer, nachdem ihm der Vorfall bekannt geworden ist, nicht nur die Eignung für den Golf 7 auf seiner Internetseite entfernt, sondern nunmehr seiner Lieferung auch ein anderes Teilegutachten beigefügt hat, in dem der Golf 7 nicht mehr genannt wird. Letztlich wird durch die Betrachtung, die das Gericht vorgenommen hat, der Wert von mitgelieferten Teilegutachten, aber auch Montageanleitungen entwertet, weil im Nachhinein der Verkäufer stets behaupten kann, er hätte noch einen gesonderten Zettel mit einem entsprechend Hinweis beigefügt, zumal nur ihm die Namen anderer Käufer bekannt sind, die er als Zeuge im Rechtsstreit benennen kann.