An dieser Stelle haben wir zuletzt des Öfteren davon berichtet, dass immer öfter wegen Filesharings abgemahnte Anschlussinhaber vor Gericht erfolgreich sind, wenn sie richtig vortragen, also ihrer sog. sekundären Darlegungs- und Beweislast nachkommen. Nunmehr hat auch das Landgericht Bielefeld in seinem Hinweisbeschluss vom 08.09.2014 (20 S 76/14) ein klageabweichendes Urteil des zuvor befassten Amtsgerichts bestätigt und exemplarisch zu den Anforderungen an den Beklagtenvortrag in einem solchen Verfahren ausgeführt:
„Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, da der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch aus §§ 97, 97a UrhG zusteht. Die Beklagte ist sowohl hinsichtlich einer Täterhaftung als auch einer Störerhaftung ihrer sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen, so dass die Klägerin die für eine Haftung der Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände bzw. unter Störergesichtspunkten darzulegen und nachzuweisen hatte.
Im Rahmen der Täterhaftung genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggfls. welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12, – juris). (Nur) In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. BGH aaO).
Die Beklagte hat insoweit jedoch hinreichend substantiiert dargelegt, dass seinerzeit ihr Ehemann und ihr damals 26-jähriger Sohn den Internetanschluss vorwiegend genutzt hätten, sie selbst sich aber mit dem Computer kaum auskenne und mit dem streitgegenständlichen Verstoß nichts zu tun habe. Dieser Vortrag reicht – im Hinblick auf die genannten Vorgaben des Bundesgerichtshofes – aus; eine weitergehende Nachforschungspflicht darüber hinaus bestand für die Beklagte nach Auffassung der Kammer nicht. Auch das Oberlandesgericht Köln geht in dem von der Klägerin erstinstanzlich angeführten Urteil vom 02.08.2013 (Az. 6 U 10/13) etwa davon aus, dass den Anschlussinhaber in Bezug auf Ehepartner grundsätzlich keine Nachforschungspflicht trifft. Der Beklagten ist es in der vorliegenden Konstellation daher weder zumutbar noch durchsetzbar, den Täter zu ermitteln. Auf diesen „Rahmen des Zumutbaren“ stellt der Bundesgerichtshof auch in der genannten „BearShare“-Entscheidung ab.
Die erstinstanzliche Beurteilung, wonach nicht mit hinreichender Gewissheit davon ausgegangen werden könne, dass die Beklagte selbst das Filmwerk zum Download angeboten hat, sondern die Möglichkeit der Alleintäterschaft einer anderen Person ernsthaft in Betracht komme, lässt daher keinen Rechtsfehler erkennen.
Auch eine Störerhaftung kommt vorliegend nicht in Betracht. Voraussetzung für eine Anwendung der Rechtsprechung zur Störerhaftung eines ungesicherten WLAN-Anschlusses überhaupt ist, dass außenstehende Dritte den Anschluss missbräuchlich nutzen. Diese Entscheidung ist aber nicht anwendbar auf Fallgestaltungen, bei denen der Anschlussinhaber seinen Internetanschluss – volljährigen – Familienangehörigen zur Verfügung stellt (vgl. BGH aaO). So liegt der Fall hier mit der Darlegung, dass der Anschluss dem Ehemann und dem damals 26-jährigen Sohn der Beklagten zur freien Verfügung gestanden habe.
Überdies würde eine Haftung als Störer aber auch die Verletzung von Prüfungspflichten voraussetzen. Ein Anschlussinhaber ist grundsätzlich aber schon nicht verpflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an derartigen Börsen zu verbieten, wenn – wofür hier nichts ersichtlich ist – keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen (BGH aaO).
…
Im Ergebnis kann die Klägerin daher weder die geltend gemachten Abmahngebühren noch Zinsen hierauf verlangen.“
Fazit:
Wer also nicht selbst die Urheberrechtsverletzung begangen hat und vortragen kann, dass neben ihm noch andere erwachsene Familienmitglieder (oder Dritte) den Internetanschluss im fraglichen Zeitraum genutzt haben, der hat gute Chancen zu gewinnen. Wird der Internetanschluss von Minderjährigen mitbenutzt, ist zusätzlich erforderlich, dass diese darüber aufgeklärt worden sind, dass es illegal ist, Filme über Tauschbörsen zum Download anzubieten und diese, wenn Anhaltspunkte dazu bestehen, auch stichprobenweise kontrolliert worden sind.