Das Thema Lohngleichheit ist in Deutschland und der gesamten Europäischen Union von großer Bedeutung. Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) spielt hierbei eine zentrale Rolle, indem es Diskriminierungen bei der Vergütung aufgrund des Geschlechts verhindern soll. Ein aktueller Fall des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg bietet wichtige Einblicke in die praktische Anwendung dieses Gesetzes.
Hintergrund des Entgelttransparenzgesetzes
Das EntgTranspG wurde eingeführt, um die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen zu schließen. Laut § 3 Abs. 1 EntgTranspG ist eine Benachteiligung wegen des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit verboten. Dieses Verbot wird in § 7 EntgTranspG weiter konkretisiert, der sicherstellt, dass kein geringeres Entgelt aufgrund des Geschlechts vereinbart oder gezahlt werden darf.
Diese nationalen Bestimmungen sind durch europäisches Recht beeinflusst, insbesondere durch Art. 157 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und die Richtlinie 2006/54/EG. Diese Regelungen verpflichten die Mitgliedstaaten, gleiche Entlohnung für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit zu gewährleisten.
Der Fall vor dem LAG Baden-Württemberg
Im entschiedenen Fall (Urt. v. 19.06.2024 – 4 Sa 26/23) hatte eine Angestellte eines Unternehmens im Großraum Stuttgart unter Berufung auf das EntgTranspG auf eine höhere Vergütung geklagt. Die Klägerin machte geltend, dass ihre Vergütung im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen niedriger sei, obwohl sie die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichte.
Das LAG Baden-Württemberg entschied zugunsten der Klägerin und sprach ihr eine höhere Vergütung für das Jahr 2021 zu. Im Fokus standen dabei zwei Gehaltsbestandteile: das Grundgehalt und das Dividendenäquivalent. Die Differenz in diesen Gehaltsbestandteilen wurde als Indiz für eine geschlechtsspezifische Benachteiligung gewertet. Entscheidend war dabei, dass das Gericht eine Beweislastumkehr zugunsten der Arbeitnehmerin annahm. Die vorliegende Vergütungsdifferenz wurde als Indiz für eine Verletzung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit gewertet.
Die Darlegungslast des Arbeitgebers
Ein zentrales Element in diesem Fall war die Darlegungslast des Arbeitgebers. Laut der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 21. Januar 2021 (8 AZR 488/19) obliegt es dem Arbeitgeber, zu beweisen, dass keine geschlechtsspezifische Diskriminierung vorliegt. Der Arbeitgeber muss darlegen, dass ausschließlich andere Gründe, wie Berufserfahrung, Betriebszugehörigkeit oder Arbeitsqualität, die Vergütungsunterschiede rechtfertigen.
Im vorliegenden Fall konnte der Arbeitgeber dies jedoch nicht ausreichend darlegen. Zwar argumentierte die Arbeitgeberin, dass die männlichen Kollegen der Klägerin durchschnittlich länger im Unternehmen tätig seien und eine bessere Leistung erbracht hätten. Allerdings konnte sie nicht konkret nachweisen, wie die Kriterien „Berufserfahrung“, „Betriebszugehörigkeit“ und „Arbeitsqualität“ bewertet und gewichtet wurden. Diese unzureichende Darlegung führte dazu, dass die Klägerin im Sinne des EntgTranspG erfolgreich war.
Das Gericht stellte klar, dass es Aufgabe des Arbeitgebers ist, darzulegen und zu beweisen, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt. Dabei reicht es nicht aus, sich pauschal auf Kriterien wie Berufserfahrung, Betriebszugehörigkeit oder Arbeitsqualität zu berufen. Vielmehr muss der Arbeitgeber konkret darlegen, wie diese Kriterien im Einzelnen bewertet und gewichtet wurden. Im vorliegenden Fall scheiterte der Arbeitgeber an dieser Darlegungslast. Er konnte nicht nachvollziehbar erklären, wie die angeführten Differenzierungskriterien zu dem Gehaltsunterschied geführt hatten. Dies wirkte sich zu seinen Lasten aus.
Fazit
Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg hat weitreichende Konsequenzen für Arbeitgeber. Sie müssen künftig sehr genau dokumentieren, wie sie zu ihren Gehaltsentscheidungen kommen. Transparente und nachvollziehbare Bewertungssysteme sind unerlässlich, um im Streitfall die Rechtmäßigkeit der Vergütungsstruktur nachweisen zu können. Arbeitgeber sollten ihre Gehaltsstrukturen regelmäßig überprüfen und etwaige geschlechtsspezifische Unterschiede kritisch hinterfragen. Dabei ist es ratsam, objektive Kriterien für die Gehaltsfestsetzung zu entwickeln und diese konsequent anzuwenden.