Wer nach Zustellung einer Klageschrift nicht in der gesetzten Frist anzeigt, dass er sich gegen die Klage verteidigen möchte oder zu einem angesetzten Verhandlungstermin nicht erscheint, gegen den er geht regelmäßig ein Versäumnisurteil. Die Besonderheit beim Versäumnisurteil besteht darin, dass dieses grundsätzlich sofort vollstreckbar ist und zwar ohne Sicherheitsleistung. Dies bedeutet, dass im Gegensatz zu normalen Urteilen, die Klagepartei, die nun die Zwangsvollstreckung betreiben möchte, grundsätzlich keine Sicherheit leisten muss.
Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung mit und ohne Sicherheitsleistung
Ist ein Versäumnisurteil in der Welt, und wird dieses mit dem Einspruch angegriffen, wird meistens von der Beklagten Partei zugleich ein Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt. Misslich ist dabei aus Sicht der Beklagten Parteien nur, dass grundsätzlich eine solche Einstellung nur gegen Sicherheitsleistung erfolgt. Dies bedeutet, dass neben mir nicht die Vollstreckung der Partei, um überhaupt vollstrecken zu können, eine Sicherheit leisten muss, sondern der vermeintliche Schuldner, also die Beklagte Partei muss eine Sicherheitsleistung erbringen, um die Zwangsvollstreckung abwenden zu können. Eine Ausnahme gilt nur dann wenn nach § 719 Abs. 1 ZPO das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die Säumnis unverschuldet war. Derjenige, der sich hierauf beruft, muss insoweit beispielsweise glaubhaft machen, dass Ihnen eine Säumnis kein Verschulden trifft. Die bloße Behauptung, ihm sei die Klageschrift nicht zugegangen genügt regelmäßig nicht, zumal dann wenn die Klageschrift durch Postzustellungsurkunde in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist. Der Beklagte hat in einem Verfahren, in dem wir die Klagepartei vertreten, behauptet, er habe die Klageschrift nicht erhalten und zur Glaubaufmachung ausgeführt, dass er Gerichtspost, die ihm zugeht, regelmäßig an eine Bekannte, die als Rechtsanwaltsfachangestellte arbeitet, weitergibt und ihn in diesen Angelegenheiten unterstützt.
Das Landgericht Aschaffenburg hat in seinem Beschluss vom 06.07.2021 (12 O 147/21) klargestellt und dazu ausgeführt:
„Der Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung wird zurückgewiesen, weil nicht hinreichend glaubhaft gemacht ist, dass das Versäumnisurteil in nicht gesetzlicher Weise ergangen ist oder die Säumnis, wegen der das Versäumnisurteil ergangen ist, unverschuldet war, § 719 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
Die Klageschrift vom 07.04.2021 wurde dem Beklagten ausweislich der Zustellungsurkunde am 06.05.2021 durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Der Beklagte trägt vor, die Klageschrift nicht erhalten zu haben und legt eine Eidesstattliche Versicherung von Frau …, einer Bekannten des Beklagten, vor. Frau … erläutert hierin, dass der Beklagte sich an sie gewendet hätte, hätte er eine Klageschrift erhalten. Auch nach Erhalt des Versäumnisurteils hätte er auf ihre Nachfrage erklärt, eine Klageschrift nicht erhalten zu haben.
Diese Angaben sind nicht geeignet die unverschuldete Säumnis des Beklagten glaubhaft zu machen. Denn Frau … kann keine Angaben zur Zustellung der Klageschrift am 06.05.2021 machen. Ihre Angaben beschränken sich auf die unterlassenen Mitteilungen des Beklagten von der Klageschrift bzw. deren fehlenden Zustellung nach Zugang des Versäumnisurteils. Diese Angaben sind damit nicht geeignet die fehlende Zustellung der Klageschrift mit den Belehrungen nach § 276 ZPO und Angaben der Fristen – welche durch die Zustellungsurkunde vom 06.05.2021 nachgewiesen wurde – glaubhaft zu machen. Hierzu wäre vielmehr die substantiierte Darlegung eines anderen als des beurkundeten Geschehens erforderlich. Notwendig wäre die Glaubhaftmachung in der Weise, dass die Beweiswirkung der Zustellungsurkunde vollständig entkräftet und jede Möglichkeit der Richtigkeit der in ihr niedergelegten Tatsachen ausgeschlossen ist. Dies ist nicht erfolgt.“