Wird ein Arbeitnehmer versetzt, dann tut sich für ihn regelmäßig, auch wenn er gegen diese vor dem Arbeitsgericht klagt, eine Zwickmühle auf: Leistet er der Versetzung keine Folge, dann riskiert er eine verhaltensbedingte Kündigung. Erweist sich dann die Versetzung als rechtmäßig, dann wird er die Kündigung auch nicht mit Erfolg angreifen können. Will er also den Arbeitsplatz nicht riskieren, dann muss er in den sauren Apfel beißen und trotz seiner Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit und seiner Klage vor dem Arbeitsgericht der Versetzung Folge leisten. Gewinnt er dann den Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht, und stellt dieses die Rechtswidrigkeit der Versetzung fest, dann hat er zwar seinen alten Arbeitsort wieder, aber gleichwohl den Aufwand und Stress gehabt, für den Arbeitgeber an einem anderen Arbeitsort gearbeitet zu haben und dies zu, oftmals mehrere Jahre, weil die Mühlen der Justiz bekanntlich langsam mahlen …
Streit über Höhe der Kosten für wöchentliche Heimfahrten
Aber auch im Anschluss, wenn der Arbeitnehmer wegen der Rechtswidrigkeit der Versetzung Schadensersatzansprüche geltend macht, kann schnell der nächste Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber ins Haus stehen, wenn es nämlich um die Höhe des Schadenersatzes wegen der Fahrtkosten, die dem Arbeitnehmer infolge der rechtswidrigen Versetzung entstanden sind, geht. Das BAG hat nun mit Urteil vom 28.11.2019 (8 AZR 125/18) zugunsten eines Arbeitnehmers, der infolge einer unwirksamen Versetzung von Hessen nach Sachsen Kosten für die wöchentliche Heimfahrt in Höhe von 0,30 € pro gefahrenen Kilometer erstattet haben wollte, was vom Arbeitgeber verweigert worden war. Dieser wollte vielmehr lediglich entsprechend den Vorgaben der Trennungsgeldverordnung die Kosten für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln und dies auch nur für Heimfahrten alle 2 Wochen, erstatten.
Höhe der Entschädigung für Fahrtkosten bemisst sich nach dem JVEG
Während das Arbeitsgericht noch der Klage stattgegeben hatte, war das Landesarbeitsgericht der Berufung des Arbeitgebers gefolgt und hat den Kostenerstattungsanspruch entsprechend gekürzt. Die hiergegen vom Arbeitnehmer eingelegte Revision zum BAG war aber erfolgreich. Die Richter haben klargestellt, dass der Kläger infolge der rechtswidrigen Versetzung vom Arbeitgeber als Schadenersatz die Kosten verlangen kann, die ihm durch die Benutzung seines privaten Pkw für die wöchentlichen Fahrten zwischen seinem Hauptwohnsitz in Hessen und seiner Wohnung in Sachsen entstanden sind. Zur Schadensschätzung im Rahmen von § 287 Abs. 1 ZPO sind dabei, so die Richter, nicht die Vorschriften über die Trennungsgeldverordnung, sondern die Regelungen des JVEG (Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz) heranzuziehen, wonach für jeden gefahrenen Kilometer ein Kilometergeld in Höhe von 0,30 € geschuldet ist.
Anmerkung:
Nach dem JVEG werden für gewöhnlich die Fahrtkosten erstattet, die Zeugen und Sachverständige im Rahmen eines Rechtsstreits beanspruchen können. Von daher ist bemerkenswert, dass die obersten Arbeitsrichter die Regelungen zur Schadensschätzung im Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitnehmer herangezogen haben. So ungewöhnlich ist es dann aber auch wieder nicht, weil er beispielsweise im Arbeitsrecht auch anerkannt ist, dass dann, wenn Arbeitnehmer für den Arbeitgeber ihr Privatfahrzeug nutzen ohne Kostennachweis eine Entschädigung von 0,30 € pro Kilometer an Ersatz beanspruchen können.
Expertentipp für Arbeitnehmer: Anstelle einer bloßen Klage gegen die Versetzung, hätte der Arbeitnehmer parallel im sogenannten vorläufigen Rechtschutzverfahren einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht einreichen müssen. Das Gericht hätte dann summarisch im Rahmen eines Eilverfahrens die Rechtmäßigkeit der Versetzung geprüft und diese vielleicht vorzeitig gestoppt. Nach den meisten Arbeitsverträgen ist nämlich eine Versetzung von einem Bundesland in ein anderes Bundesland nicht so ohne weiteres möglich, so dass eine solche Versetzung bereits evident rechtswidrig ist. Dem Arbeitnehmer wäre dann das jahrelange Pendeln und die Trennung von seiner Familie erspart geblieben.
Expertentipp für Arbeitgeber: Anstelle einer Versetzung hätte hier der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen müssen. Bei einer Änderungskündigung kündigt der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis, im vorliegenden Fall also das Arbeitsverhältnis in Hessen, bietet aber gleichzeitig eine Weiterbeschäftigung am neuen Arbeitsort in Sachsen an. Die Änderungskündigung ist immer dann das richtige Mittel um Änderungen im Arbeitsvertrag durchzuführen, wenn die Grenzen des Direktionsrechts des Arbeitgebers überschritten werden.