Werden Unterlassungsansprüche geltend gemacht wegen Verletzung von Wettbewerbsrecht, Urheberrecht, Patentrecht und ähnlichem, dann ist regelmäßig der erste Schritt eine Auseinandersetzung zwischen Rechteinhaber und Verletzer ein Abmahnschreiben, mit der Aufforderung innerhalb einer gesetzten Frist Unterlassung zu erklären. Dem Schreiben ist regelmäßig eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt, die der Abgemahnte verwenden kann, aber nicht verwenden muss. Die Formulierung der Unterlassungserklärung ist grundsätzlich Sache des Unterlassungsschuldners. Wenn allerdings eine solche vorformulierte Unterlassungserklärung verwendet worden ist, dann kann sich dies im Nachhinein als Eigentor für den Unterlassungsgläubiger darstellen. Dies immer dann, wenn im Falle eines Zweitverstoßes eine Vertragsstrafe verwirkt ist, die nun gerichtlich geltend gemacht wird und das Gericht nun die Unterlassungserklärung „kippt“, weil aufgrund der strengen Formulierung eine unangemessene Benachteiligung des Unterlassungsschuldners besteht, so dass sie einer Inhaltskontrolle nach AGB-Recht nicht standhält. Dies deshalb, weil Teile der Rechtsprechung zwischenzeitlich die Auffassung vertreten, bei solchen Unterlassungserklärungen, die eine Anwaltskanzlei formuliert hat, würde es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen des Verwenders handeln (so OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2023, 2 U 99/22).
Definition und Bedeutung von AGB
AGB sind gemäß § 305 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Ihre rechtliche Bedeutung liegt in der Vereinfachung und Standardisierung von Vertragsbeziehungen. Jedoch bergen sie auch das Risiko, dass der Verwender in unangemessener Weise eigene Interessen durchzusetzen versucht, weshalb sie eine Inhaltskontrolle unterliegen. Und hier genau liegt das Problem, denn mit Abgabe einer Unterlassungserklärung wird dann, wenn der Unterlassungsgläubiger diese annimmt, ein Unterlassungsvertrag mit dem Inhalt der Unterlassungserklärung abgeschlossen.
Der Fall des OLG Düsseldorf
Im Fokus steht hier die Entscheidung des OLG Düsseldorf, bei der es um eine anwaltlich vorformulierte Unterlassungserklärung mit einer Vertragsstrafeklausel ging. In einem Patentstreit verwendete eine Partei eine solche Erklärung, die eine Vertragsstrafe von 10.000 Euro pro Verstoß vorsah. Die Besonderheit: Während Teile des Schriftstücks von der Gegenseite gestrichen wurden, blieb die Vertragsstrafeklausel unangetastet.
Juristische Bewertung
Das OLG Düsseldorf urteilte, dass die Vertragsstrafeklausel als AGB anzusehen sei. Die Richter argumentierten, dass die Klausel allgemein formuliert war und von einer Rechtsanwaltskanzlei stammte, was typisch für AGB sei. Entscheidend war, dass die Klausel für eine Vielzahl von Fällen konzipiert war und nicht individuell ausgehandelt wurde.
Auswirkungen der Entscheidung
Diese Einstufung als AGB hat weitreichende Konsequenzen. Eine solche Klausel unterliegt der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB, was bedeutet, dass sie auf ihre Vereinbarkeit mit gesetzlichen Vorgaben geprüft werden muss. Insbesondere darf sie den Vertragspartner des Verwenders nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Im vorliegenden Fall befand das OLG, dass der uneingeschränkte Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs den Schuldner unangemessen benachteiligt und somit unwirksam ist. Während es vormals üblich war in Unterlassungserklärungen für den Fall eines wiederholten Verstoßes die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs auszuschließen, ist dies, weil es weitreichende Konsequenzen für die Höhe der Zahlenverpflichtung des Unterlassungsschuldners haben kann, in der Rechtsprechung auf Bedenken gestoßen. Wer also irgendwann eine Unterlassungserklärung mit eben diesen Zusatz abgegeben hat, der hat gute Chancen, dass für den Fall, dass er wegen einem erneuten Verstoß deswegen auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch nehmen wird, am Ende fein raus ist und nun nicht zu bezahlen braucht, weil er den Rechtsstreit, jedenfalls so weit die Zahlung einer Vertragsstrafe eingeklagt wird, deswegen gewinnen kann.
Fazit
Dieses Urteil zeigt eindrücklich, dass auch anwaltlich vorformulierte Unterlassungserklärungen mit Vertragsstrafeklauseln als AGB eingestuft und entsprechend strengen rechtlichen Prüfungen unterzogen werden können. Für die Praxis bedeutet dies, dass beim Entwurf solcher Klauseln besondere Sorgfalt geboten ist, um ihre Wirksamkeit nicht zu gefährden. Dies unterstreicht die Bedeutung einer individuellen und präzisen Vertragsgestaltung im Rechtsverkehr. Nachdem das, was heute noch gilt, morgen bereits überholt und damit Makulatur sein kann, können nachteilige Folgen für den Gläubiger nur dadurch vermieden werden, dass entgegen der bisherigen Praxis keine vorformulierten Unterlassungserklärungen den Abmahnschreiben mehr beigefügt werden. Dann bleibt es beim Unterlassungsschuldner eine Erklärung zu formulieren, die so verfasst ist, dass damit das Rechtschutzbedürfnis für einen Unterlassungsanspruch entfällt. Die „Serviceleistung“ dem Schuldner die Arbeit zu erleichtern, indem die Unterlassungserklärung beigefügt wird, entfällt damit.
Nachdem im entschiedenen Rechtsstreit der Unterlassungsschuldner die vorgelegte Unterlassungserklärung nicht unverändert übernommen hat, sondern zahlreiche Streichungen vorgenommen worden sind, hätte man nach Ansicht des Verfassers aber durchaus auch eine andere Auffassung vertreten können, weil dann, wenn an einem Formularvertrag die Möglichkeit besteht diesen anzupassen, der AGB-Charakter aufgeweicht wird. Dokumentieren doch die Streichungen gerade, dass über den Inhalt individuell verhandelt wurde und dieser nicht einseitig und starr vorgegeben wurde.