Nun ist es also amtlich. Mit Beschluss vom 25.03.2021 (2 BvF 1/20, 4/20 und 5/20) hat das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel (Gesetz zur Mietbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin) für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt. Auslöser dafür, dass das Bundesverfassungsgericht entscheiden konnte, war eine abstrakte Normenkontrolle, eine konkrete Normenkontrolle (Richtervorlage) sowie eine Verfassungsbeschwerde, die die Verfassungsrichter sozusagen in einem Aufwasch erledigt haben.
Nichtigkeit des Berliner Mietendeckels war vorhersehbar
Die Entscheidung kam nicht etwa überraschend, sondern war vorhersehbar, weil die Regelungen zur Miethöhe für frei finanzierten Wohnraum, der auf dem freien Wohnungsmarkt angeboten werden kann (ungebundener Wohnraum), in die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit fällt. Die Länder sind insoweit nur zur Gesetzgebung befugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat (Art. 70, Art. 72 Abs. 1 GG). Da der Bundesgesetzgeber das Mietpreisrecht in den §§ 556 bis 561 BGB abschließend geregelt hat, ist aufgrund der Sperrwirkung des Bundesrechts für die Gesetzgebungsbefugnis der Länder kein Raum. Da das MietenWoG Bln im Kern ebenfalls die Miethöhe für ungebundenen Wohnraum regelt, ist es insgesamt nichtig. So einfach ist das.
Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit?
Da die Thematik „konkurrierende Gesetzgebungskompetenz“ Jurastudenten vom 1. Semester an begleitet (so jedenfalls in Bayern), ist die Entscheidung nicht etwa überraschend, sondern war vorhersehbar. Umso überraschender war dann doch die Reaktion des Berliner Senats, nämlich sich von der Entscheidung der Verfassungsrichter „überrascht“ zu zeigen… Will man der Linksregierung nicht unterstellen diese „Überraschung“ nur taktisch geschauspielert zu haben, um nicht einräumen zu müssen vorsätzlich Verfassungsrecht gebrochen zu haben, dann überrascht wiederum das mangelnde Rechtsverständnis der Entscheidungsträger. Jetzt ist es natürlich nicht so, dass Politiker per se ein Rechts- oder gar Fachverständnis haben müssten, was in Deutschland ja durch Gesundheitsminister Spahn, Wirtschaftsminister Altmaier und unsere Verteidigungsministerin eindrucksvoll belegt wird, die als gelernter Bankkaufmann bzw. Beamter nicht gerade mit beruflich erworbener Fachkompetenz glänzen. Allerdings verfügt auch der Berliner Senat nicht nur über juristisch ausgebildete Staatsbeamte, sondern auch über externe Rechtsberater, die sich (hoffentlich) auch zu verfassungsrechtlichen Fragen Gedanken machen, bevor eine solche weitreichende Maßnahme, die Mieter wie Vermieter gleichermaßen betrifft, auf den Weg gebracht wird. Leidtragende ist wieder einmal mehr, der Souverän, also Sie und ich als Steuerzahler, mit deren Geldern derartige unnützen Verfahren finanziert werden.
Wenig überraschend ist am Ende allerdings, dass sich die Berliner Politik von der Entscheidung der Verfassungsrichter wenig beeindruckt zeigt und nun sofort ein Handeln des Bundes fordert, also einen bundesweiten Mietendeckel, und dieser Forderung damit Nachdruck verleiht, in dem trotz ansteigender Inzidenzwerte Versammlungen zugelassen, jedenfalls aber toleriert werden. Bei den starken Einschränkungen, den ansonsten das Grundrecht der Versammlungsfreiheit in diesen Tagen unterworfen ist, ist auch dies verwunderlich.
Wohnungsmangel als Staatsversagen
Was bei der ganzen Diskussion um Recht und Unrecht dabei völlig untergeht ist der Umstand, dass nicht etwa Vermieter die Schuld dafür tragen, dass in Ballungsräumen nur ungenügend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht, sondern dass dies Folge eines langfristigen politischen Versagens ist, dass sich unter der 16-jährigen Regentschaft der Kanzlerin Merkel nicht gebessert, sondern durch massiven Zuzug von außen verschärft hat, weil zugezogene naturgemäß regelmäßig nicht mit Spitzenverdienern um Luxuswohnungen konkurrieren, sondern mit Geringverdienern um günstigen Wohnraum.
Ein Gesetz, dass nichtig ist, ist von Anfang an unwirksam. Dies bedeutet, dass die Mieter zu Unrecht zu wenig Miete gezahlt haben und nun nachzahlen müssen, um nicht Gefahr zu laufen wegen Zahlungsverzug das Mietverhältnis zu verlieren. Mieter, die derartige Zahlungen nicht aus dem Cashflow leisten können, fallen daher gut beraten, die ersparte Miete beiseitegelegt zu haben, um jetzt über die nötige Liquidität zur Verfügung. Wer dies nicht gemacht hat und nicht zahlen kann, der sollte versuchen mit seinem Vermieter eine Einigung darüber zu erzählen, ob und wenn ja in welchem Umfang wie nachgezahlt werden muss. Offen über die Probleme zu sprechen ist nämlich meistens besser, als einfach zu schweigen und das ganze auszusitzen.