„Parshippen“ Sie auch schon oder haben Sie bereits einen Partner? Das Geschäft mit der Einsamkeit war seit jeher ein sehr gutes Geschäft, zumindest für die Vermittler, denn Partnerschaftsagenturen lassen sich ihre Tätigkeit meist sehr gut honorieren. Hatte vor dem Internetzeitalter die Inanspruchnahme einer Partnerschaftsagentur eher einen negativen Touch, weil derjenige, der die Leistungen einer solchen Agentur in Anspruch nahm, damit doch einräumen musste, im richtigen Leben keinen Partner zu finden, so ist es heute trendig seinen Lebensabschnittspartner über Parship, Elitepartner und Co. zu finden.
Werden die Vorstellungen desjenigen, der den Traumpartner fürs Leben sucht, auch von der Agentur nicht erfüllt, dann kommt oft die Reue über das bezahlte Geld, so dass so mancher Partnerschaftsvermittlungsvertrag auf dem Richtertisch landet. Sittenwidrigkeit ist dabei das Zauberwort, dass das vergeblich ausgegebene Geld zurückbringen soll.
Dass die Behauptung der Sittenwidrigkeit eines Vertrages allerdings nicht ausreicht, sondern dazu auch dezidierter Vortrag und entsprechende zivilprozessrechtlichen Kenntnisse erforderlich sind, um auch erfolgreich vor Gericht zu sein, zeigt ein Urteil des AG Kassel vom 11.06.2015 (435 C 985/14). Ein enttäuschter Kunde (der keinen Partner gefunden hatte) fand es im Nachhinein sittenwidrig, dass von ihm pro Vermittlungsvorschlag ein Honorar von 833,33 € verlangt worden war. Das Gericht sah dies allerdings anders und wies die Klage ab.
Der Kläger hatte 2013 einen Partnerschaftsvermittlungsvertrag abgeschlossen und als Gegenleistung für die Vermittlung von drei Partnerschaftsvorschlägen 2.500 € bezahlt. Nachdem bereits der 1. Vorschlag nicht seine Zustimmung fand, kündigte der Kläger und verlangte das gezahlte Geld zurück. Er berief sich dabei u.a. darauf, dass der gesamte Vertrag sittenwidrig und wucherisch sei und ihm deshalb der volle Vertragspreis zurück zu gewähren sei. Die Beklagte erklärte sich zwar bereit den anteiligen Preis für die nicht erbrachten Partnervorschläge zurückzubezahlen. Soweit dem Kläger aber ein Vorschlag unterbreitet worden war, bestand sie darauf das Geld zu behalten, so dass der Rechtsstreit schließlich vor dem Kadi landete.
Das Gericht wies dann die Klage ab, denn nach seiner Ansicht war der Vertrag nicht sittenwidrig oder wucherisch im Sinne von § 138 BGB.
Aus den Entscheidungsgründen:
„Sittenwidrigkeit liegt dann vor, wenn ein Vertrag gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Das Gesetz nennt bereits einige Fallgruppen, in denen Sittenwidrigkeit angenommen werden kann. Beispielsweise ist daran zu denken, dass ein Rechtsgeschäft dann sittenwidrig ist, wenn eine Zwangslage oder die Unerfahrenheit eines Vertragspartners ausgenutzt wird.
Hinreichende Anhaltspunkte hierfür hat der Kläger bereits nicht dargetan. Allein der Umstand, dass der Vertragsschluss in seinen Wohnräumen stattfand, spricht nicht – für sich besehen – für die Ausnutzung einer Situation. Dagegen spricht insbesondere, dass bereits ein erstes Vertragsanbahnungsgespräch zwischen den Parteien wenige Tage zuvor am 18.03.2013 stattgefunden hatte, der Kläger mithin auch Bedenkzeit rein faktisch hatte. Die spricht insbesondere gegen ein so genanntes Überrumpelungsmoment. Auch ist nicht erkennbar, dass der Kläger etwa aufgrund seines Alters nicht mehr in der Lage gewesen wäre, die Rechtsfolgen des Vertragsschlusses hinreichend sicher einzuschätzen. Jedenfalls lässt sich bereits aus dem Klägervorbringen solches nicht entnehmen.
Auch für ein etwaiges grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung hat der Kläger keinen hinreichenden Vortrag gehalten. Ein solches Missverhältnis kann dann angenommen werden, wenn unter Berücksichtigung objektiver Gesichtspunkte typisch vernünftigerweise ein deutlich geringeres Entgelt für die versprochene bzw. erbrachte Leistung entrichtet wird. Dabei kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass der ihm unterbreitete Vorschlag lediglich stereotype Formulierungen aufweise. Formulierungen der Art, wie sie sich hier finden (auf Bl. 9 d.A. wird Bezug genommen), sind dem erkennenden Gericht aus einer Vielzahl an Verfahren über Partnerschaftsvermittlungsverträge bekannt. Der Kläger hat darüber hinaus nicht dargetan, dass darüber hinausgehende Informationen erforderlich sind. Der vom Kläger vorgelegte Vorschlag enthält Kontaktdaten, Informationen über Äußerlichkeiten, Charaktereigenschaften und Freizeitbeschäftigungen des vorgeschlagenen potentiellen Partners, die eine Auswahlentscheidung ebenso zulassen wie einen Abgleich mit den im Vermittler gegebenen Anforderungen an ein Partnerprofil.
Darüber hinaus sind Partnerschaftsvermittlungsverträge jedoch dadurch gekennzeichnet, dass ein der äußeren Form nach vergleichsweise einfaches Erscheinungsbild der Partnervorschläge (wie es bei dem hier präsentierten Vorschlag möglicherweise der Fall sein mag) regelmäßig mit vergleichsweise hohen Entgelten vergütet wird. Dies liegt unter anderem auch darin begründet, dass mit sensiblen Daten umgegangen wird und der Partnerschaftsvermittler auch Diskretion gegenüber den zu vermittelnden beteiligten Personen schuldet.
Um ein Missverhältnis im Sinne der Norm feststellen zu können, bedarf es vor diesem Hintergrund der Kenntnis und damit des Vortrages der üblichen Verhältnisse. Daran fehlt es. Auch nach dem Hinweis im Termin vom 23.04.2015 hat der Kläger seinen Vortrag nicht entsprechend ergänzt. Er begnügt sich mit dem Hinweis auf zwei Entscheidungen anderer Gerichte. Dies vermag nicht zu genügen, weil das konkrete Marktgeschehen auch im Hinblick auf regionale Besonderheiten maßgeblich ist, um ein solches Missverhältnis feststellen zu können. Hinzu kommt, dass der Zeitablauf von vier bzw. sechs Jahren zwischen den klägerseits erwähnten Gerichtsentscheidungen und dem Vertragsschluss zu berücksichtigen ist, in dem eine Änderung der Wertigkeit der Leistung eines Partnerschaftsvermittlers eintreten kann. Schließlich liegen die genannten Beträge jener Entscheidungen (942,50 € bzw. 1.250,00 €) nicht unerheblich über dem hier für einen Vermittlungsvorschlag geschuldeten anteiligen Betrag von 833,33 €. Insbesondere aber lässt sich lediglich aus der Kenntnis zweier möglicherweise ähnlich gelagerter Vorgänge nicht hinreichend sicher darauf schließen, dass diese das Marktgeschehen repräsentieren. Jedenfalls hat der Kläger solches nicht vorgetragen, geschweige denn an Beispielen belegt.
Aus denselben Erwägungen kann auch ein wucherisches Rechtsgeschäft nicht angenommen werden, weil eine Feststellung, dass das hier geforderte Entgelt das Marktniveau um 100 % (wie es gemeinhin gefordert wird, s. Palandt/Ellenberger, § 138 BGB Rdnr. 67) überstiegen wird, mit dem Klagevorbringen nicht getroffen werden kann.“